Wenn eine Beschäftigte oder ein Beschäftigter längerfristig arbeitsunfähig ist, greifen zwei verschiedene Schutzsysteme ineinander. Zunächst springt der Arbeitgeber ein: Bis zu sechs Wochen muss er das volle Entgelt weiterbezahlen.
Erst danach übernimmt die gesetzliche Krankenkasse und zahlt Krankengeld – maximal für 78 Wochen binnen eines Drei-Jahres-Zeitraums. Diese 78 Wochen beinhalten die sechs Wochen Entgeltfortzahlung, so dass faktisch 72 Wochen reines Krankengeld möglich sind.
Die Bezugsdauer ist damit begrenzt – und dennoch unterschätzen viele Betroffene, wie schnell rund anderthalb Jahre vergehen, wenn der Alltag von Therapien, Untersuchungen und Reha-Maßnahmen bestimmt ist.
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Was passiert zwei Monate vor Ablauf des Krankengeldes?
Spätestens rund acht Wochen vor dem rechnerischen Ende des Krankengeldanspruchs sollten Versicherte aktiv werden.
Die Erfahrung von Sozialberatungen zeigt, dass genau dieser Vorlauf nötig ist, um Unterlagen zusammenzustellen, Termine zu bekommen oder Anträge zu stellen – und um damit zu verhindern, dass am Tag X plötzlich kein Geld mehr fließt.
Wer diesen Zeitraum verstreichen lässt, riskiert nicht nur finanzielle Engpässe, sondern gerät oft auch in vermeidbaren bürokratischen Streit mit Kassen, Rentenversicherung oder Arbeitsagentur.
Kann eine vorgezogene Altersrente den Übergang erleichtern?
Ist die oder der Erkrankte bereits Anfang 60 und liegen die versicherungstechnischen Voraussetzungen vor, kann eine vorgezogene Altersrente eine elegante Lösung sein.
Für schwerbehinderte Menschen gelten hier zum Teil günstigere Zugangsvoraussetzungen und geringere Abschläge.
Die Antragstellung ist vergleichsweise unkompliziert, weil die medizinische Leistungsfähigkeit – anders als bei einer Erwerbsminderungsrente – keine Rolle spielt. Für viele Ältere ist das der Weg mit den wenigsten Hürden.
Wann kommt eine Erwerbsminderungsrente infrage – und wo liegen ihre Tücken?
Wer deutlich unter dem Rentenalter liegt, sich aber dauerhaft nicht mehr in der Lage sieht, die bisherige oder irgendeine andere Tätigkeit mindestens drei Stunden täglich auszuüben, kann eine Erwerbsminderungsrente beantragen.
Sie wird jedoch erst gezahlt, wenn der Rentenversicherungsträger den Antrag bewilligt hat – ein Verfahren, das sich über Monate hinziehen kann.
Hinzu kommt, dass die statistische Durchschnittshöhe dieser Rente oft nicht zum Leben reicht und deshalb genau geprüft werden sollte, welche Summe im individuellen Versicherungsverlauf realistisch ist.
Wie hilft die Nahtlosigkeitsregelung der Arbeitsagentur?
Wird die Erwerbsminderungsrente zwar beantragt, aber noch nicht bewilligt, greift die sogenannte Nahtlosigkeitsregelung der Bundesagentur für Arbeit (§ 145 SGB III). Sie erlaubt ausnahmsweise den Bezug von Arbeitslosengeld I, obwohl der oder die Versicherte weiterhin arbeitsunfähig ist.
Voraussetzung ist, dass ein Rentenantrag läuft und die übrigen versicherungsrechtlichen Bedingungen für Arbeitslosengeld erfüllt sind. Die Regelung überbrückt damit die Zeitlücke zwischen dem Auslaufen des Krankengeldes und dem möglichen Beginn der Rente.
Warum führt der Weg trotz Krankschreibung zur Arbeitsagentur?
Ungeachtet anhaltender Arbeitsunfähigkeit müssen sich Betroffene persönlich arbeitslos melden, wenn sie Arbeitslosengeld I beziehen wollen. In der Praxis bedeutet das, der Vermittlungskraft zu erklären, welche Tätigkeiten trotz eingeschränkter Leistungsfähigkeit denkbar wären.
Das klingt widersprüchlich, ist aber Voraussetzung, weil das Arbeitslosengeld an die Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt geknüpft ist. Die Agentur dokumentiert die gesundheitlichen Einschränkungen und vermittelt – realistisch betrachtet – in den meisten Fällen nicht, zahlt aber das dringend benötigte Geld.
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Wann greift das Bürgergeld des Jobcenters?
Reichen die versicherungspflichtigen Zeiten nicht für Arbeitslosengeld I oder ist dessen Anspruch bereits erschöpft, bleibt als letztes Auffangnetz das Bürgergeld, das seit Januar 2023 das frühere Hartz IV (Arbeitslosengeld II) ersetzt.
Bürgergeld wird nur gezahlt, wenn Hilfebedürftigkeit vorliegt, also weder nennenswertes Einkommen noch erhebliches Vermögen zur Verfügung steht und auch Partnerinnen oder Partner keine hohen Einkünfte haben. Die Leistungshöhe orientiert sich an den Regelsätzen, hinzu kommen die anerkannten Kosten für Unterkunft und Heizung.
Welche Fallstricke lauern in Bedarfsgemeinschaften?
Gerade in Bedarfsgemeinschaften kommt es häufig zu Überraschungen: Verdient der Lebenspartner gut, kann das Jobcenter den Bürgergeldanspruch vollständig verneinen.
Die Folge ist eine finanzielle Abhängigkeit vom Partner oder der Partnerin, obwohl keine gemeinsame Heirat und damit keine gesetzliche Unterhaltspflicht besteht.
Wer diese Konstellation vermeiden möchte, sollte möglichst frühzeitig prüfen, ob eine andere Einkommensquelle – beispielsweise ein Zwischenverdienst in einem leichten Teilzeitjob – realisierbar ist.
Warum ist vorausschauendes Handeln so entscheidend?
Alle beschriebenen Wege – Altersrente, Erwerbsminderungsrente, Arbeitslosengeld I oder Bürgergeld – erfordern Anträge und Nachweise. Gesundheitsberichte, ärztliche Gutachten, Meldebescheinigungen oder Renteninformationen sind selten kurzfristig beschaffbar.
Ebenso dauern Entscheidungen der Behörden Wochen bis Monate. Wer sich erst nach Ende des Krankengeldes kümmert, erlebt nicht selten ein finanzielles Vakuum, in dem Mieten, Kredite und Lebenshaltungskosten unbezahlbar werden.
Frühzeitige Planung bewahrt daher vor existenziellen Krisen und reduziert den seelischen Druck in einer ohnehin belastenden Lebensphase.
Wo gibt es weiterführende Informationen und Beratung?
Ein erster Überblick findet sich auf der Website des Bundesgesundheitsministeriums zum Krankengeld, bei der Deutschen Rentenversicherung zu Alters- und Erwerbsminderungsrenten sowie bei der Bundesagentur für Arbeit zur Nahtlosigkeitsregelung.
Unabhängige Sozialverbände wie der SoVD oder der VdK bieten zudem persönliche Beratung an, prüfen Bescheide und begleiten Widerspruchs- und Klageverfahren. Seriöse Hilfe lohnt sich gerade in komplexen Fällen, weil sie Fehler vermeidet, Fristen sichert und Ansprüche vollständig ausschöpft.
Fazit: Das Ende des Krankengeldes muss kein Absturz sein – vorausgesetzt, Betroffene kennen ihre Optionen und handeln rechtzeitig. Ob vorgezogene Altersrente, Erwerbsminderungsrente mit Nahtlosigkeitsregelung, Arbeitslosengeld I oder im letzten Schritt Bürgergeld: Der Sozialstaat stellt mehrere Brücken bereit.
Welche davon trägt, hängt von Lebensalter, Versicherungsverlauf, Gesundheitszustand und Vermögenssituation ab. Wer diese Faktoren früh sortiert, behält nicht nur den Überblick, sondern sichert auch die eigene wirtschaftliche Existenz in einer ohnehin schwierigen gesundheitlichen Lage.