Koalitionsvertrag: 7 weitreichende Änderungen bei Rente, Bürgergeld, Mindestlohn und neue Kinderrente

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Der frisch ausgehandelte Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD umfasst zahlreiche Veränderungen, die unseren Alltag in den kommenden Jahren grundlegend beeinflussen könnten.

Auf insgesamt 144 Seiten haben sich die Parteien auf Maßnahmen geeinigt, die von Steuerfragen, Bürgergeld über Rentenreformen bis hin zu Arbeitszeitregelungen reichen.

Höhere Pendlerpauschale

Eines der Vorhaben ist die Erhöhung der Pendlerpauschale. Laut dem Koalitionsvertrag wird ab dem 1. Januar 2026 bereits ab dem ersten Kilometer eine Pauschale von 38 Cent steuerlich geltend gemacht.

Bislang war dieser höhere Satz erst ab dem 21. Kilometer vorgesehen. Die Neuregelung könnte für viele Berufstätige eine spürbare Entlastung bringen, da sich die erstattungsfähigen Fahrtkosten bei der jährlichen Steuererklärung erhöhen.

Neue Kinderrente

Ebenso bemerkenswert ist die Einführung einer sogenannten „Frühstartrente“. Kinder zwischen sechs und 18 Jahren, die eine Bildungseinrichtung besuchen, erhalten dem Koalitionsvertrag zufolge monatlich 10 Euro vom Staat in ein eigenes Altersvorsorgedepot eingezahlt.

Nach Erreichen des 18. Lebensjahres soll diese staatliche Förderung enden. Danach kann jeder entscheiden, ob und in welcher Höhe er freiwillig weiter in dieses Depot einzahlt.

Alle Erträge bleiben bis zum Beginn der gesetzlichen Rente steuerfrei, was den Vermögensaufbau attraktiver machen soll.

Wie wird Mehrarbeit künftig vergütet?

Zuschläge für Mehrarbeit, die über die tariflich vereinbarte Vollzeitarbeit hinausgehen, sollen künftig steuerfrei bleiben.

Auch Teilzeitkräfte könnten profitieren, wenn ihr Arbeitgeber bereit ist, für zusätzliche Arbeitsstunden eine steuerbegünstigte Prämie zu zahlen.

Ein weiterer Punkt besteht darin, die tägliche Höchstarbeitszeit durch eine wöchentliche Höchstgrenze zu ersetzen.

Wann wird der Strompreis sinken?

Viele beschäftigt vor allem die Frage, wie sich die Stromkosten entwickeln. CDU und SPD haben angekündigt, die Stromsteuer auf das europäische Mindestniveau zu senken.

Dadurch ließen sich die Strompreise um bis zu fünf Cent pro Kilowattstunde reduzieren. Auch die Übertragungsnetzentgelte, die einen beträchtlichen Teil unserer Stromrechnung ausmachen, sollen zur Hälfte gekürzt werden.

Was ändert sich bei der Einkommenssteuer und dem Solidaritätszuschlag?
Im Koalitionsvertrag ist die Entlastung der Mittelschicht ein wichtiges Ziel. Eine umfassende Reform der Einkommenssteuer ist geplant, die das verfügbare Einkommen breiter Bevölkerungsschichten erhöhen soll.

Konkrete Details fehlen allerdings noch, und eine zeitliche Umsetzung ist erst zur Mitte der neuen Legislaturperiode vorgesehen.

Fest steht jedoch, dass der Solidaritätszuschlag auch weiterhin bestehen bleibt. Als zusätzliches Element der Entlastung wird der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende überprüft und möglicherweise angehoben.

Wie genau die Regierung diese Anpassung ausgestalten will, wird sich in den kommenden Monaten zeigen.

Wird die Mehrwertsteuer für Gastronomie wirklich gesenkt?

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten wurde die Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie von 19 auf 7 Prozent gesenkt, um Betrieben das Überleben zu erleichtern.

Zwar sollte diese Maßnahme ursprünglich dauerhaft gelten, doch Anfang des Jahres wurde sie wieder auf 19 Prozent angehoben. Nun zeichnet sich eine Rolle rückwärts ab.

Der Koalitionsvertrag nennt eine Rückkehr zum ermäßigten Satz von 7 Prozent, die die Preise in Restaurants, Kantinen oder Imbissen erneut senken könnte.

Ob und wie stark diese Entlastung an die Gäste weitergegeben wird, dürfte stark von der jeweiligen betrieblichen Kalkulation abhängen.

Wie hoch wird der Mindestlohn steigen?

Ein weiteres ambitioniertes Ziel ist die Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro pro Stunde bis zum Jahr 2026.

Aktuell liegt er bei 12,82 Euro. Durch die Anhebung versprechen sich die Koalitionsparteien eine stärkere Kaufkraft und mehr soziale Gerechtigkeit. Unternehmen müssen sich gleichzeitig auf höhere Personalkosten einstellen, was potenziell die Preise für Güter und Dienstleistungen ansteigen lassen könnte.

Ob auch die Minijobgrenze erneut angehoben wird, ist derzeit unklar, da sich dazu im Koalitionsvertrag noch keine eindeutige Aussage findet.

Bürgergeld wird in „Grundsicherung für Arbeitssuchende“ umbenannt

Das Bürgergeld wird in „Grundsicherung für Arbeitssuchende“ umbenannt. Das Bürgergeld galt als eine der größten Neuerungen im Sozialgesetzbuch II, wurde jedoch im Koalitionsvertrag in seiner bisherigen Form faktisch beendet.

Laut den uns vorliegenden Informationen soll die Grundsicherung für Arbeitssuchende nicht grundsätzlich neu gestaltet, sondern lediglich in ihren alten Namen zurückgeführt werden.

Bereits unter Hartz IV und auch während der Zeit des Bürgergeldes sah das Gesetz in Artikel 1 SGB II die „Grundsicherung für Arbeitssuchende“ vor. Nun scheint dieser Begriff zum offiziellen Titel zurückzukehren.

Die Koalitionspartner haben im Wesentlichen kosmetische Neuerungen in Aussicht gestellt. Dazu gehört vor allem die Rücknahme einiger, zuvor mit dem Bürgergeld eingeführter Regelungen. Die Aussagen im Koalitionsvertrag enthalten zahlreiche Formulierungen wie „wir wollen sicherstellen“, anstatt verbindliche Zusagen zu geben.

Geändert wird beispielsweise, dass die sog. Karenzzeit beim Schonvermögen wieder abgeschaft wird. An ihre Stelle soll eine Regelung treten, die auf die Lebensleistung der Antragstellenden Bezug nimmt.

Auch die Fortschreibung der Regelsätze wird laut Koalitionsvertrag an ältere Rechtsstände angepasst. Dies erinnert an die Hartz-IV-Praxis, in der das Schonvermögen vom Lebensalter abhing und sich an bestimmten pauschalierten Beträgen orientierte.

„Passiv-Aktiv-Transfer“?

Besonders unklar ist der im Koalitionsvertrag genannte „Passiv-Aktiv-Transfer“, der rechtlich verankert und weiter ausgebaut werden soll. Darunter versteht man in der Regel finanzielle Anreize oder Zuschüsse für Arbeitgeber, um Menschen, die bisher passiv Leistungen bezogen haben, in Arbeit zu bringen.

Ob diese Idee in Richtung staatlich subventionierter Beschäftigung oder sogar in Richtung 1-Euro-Jobs gehen könnte, ist nicht eindeutig erkennbar. Kritiker fürchten, dass Betroffene in minder entlohnte Tätigkeiten gedrängt werden könnten, während Befürworter auf einen erleichterten (Wieder-)Einstieg ins Arbeitsleben hoffen.

So geht es weiter mit dem Koalitionsvertrag

Nach dem Ausarbeiten des Koalitionsvertrags steht nun die Abstimmung in den Parteien auf dem Programm. Die Mitglieder der SPD können in einem zehntägigen Verfahren per Post oder digital darüber entscheiden. Bei der CDU fällt der Bundesausschuss am 28. April sein Votum, während die CSU diese Entscheidung ihrem Parteivorstand überlässt.

Bereits Anfang Mai soll Friedrich Merz, der CDU-Vorsitzende, zum Bundeskanzler gewählt werden und in Folge dessen die neue Regierung bilden.