Kindergeld bei Trennung: Wer Bekommt die Kindergeld-Zahlungen im Wechselmodell?

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Wenn Eltern sich trennen, zahlt die Familienkasse das Kindergeld trotzdem nur an eine Person. Unterhaltsrechtlich „gehört“ es aber beiden Eltern anteilig. Spätestens wenn beide Unterhalt zahlen oder ein echtes Wechselmodell leben, wird es unübersichtlich.

Kindergeld nur an eine Person – Unterhalt von beiden Eltern

Kindergeld ist eine staatliche Leistung, die offiziell an einen Berechtigten ausgezahlt wird. Haben beide Eltern Anspruch, muss eine Zuordnung erfolgen. Die Familienkasse interessiert dabei ausschließlich, wer das Geld erhalten soll, nicht aber, wie es unterhaltsrechtlich zwischen den Eltern verteilt wird.

Im Unterhaltsrecht geht es dagegen darum, wer das Kind betreut, wer Barunterhalt zahlt und wie sich der Bedarf des Kindes aus Einkommen, Kindergeld und sonstigen Leistungen zusammensetzt. Kindergeld ist deshalb immer auch eine Rechengröße beim Unterhalt und kein Taschengeld für den Elternteil, auf dessen Konto es zufällig eingeht.

Klassischer Fall: Ein Elternteil betreut, der andere zahlt Unterhalt

Im sogenannten Residenzmodell lebt das Kind überwiegend bei einem Elternteil. Dieser Elternteil versorgt das Kind im Alltag kümmert sich um Schule, Kleidung, Essen, Hobbys und Arzttermine. Der andere Elternteil zahlt Barunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle.

In dieser Konstellation ist die Lage vergleichsweise klar: Der betreuende Elternteil erhält das Kindergeld vollständig und trägt zugleich die meisten laufenden Kosten. Der barunterhaltspflichtige Elternteil zahlt den Tabellenunterhalt, darf sich aber die Hälfte des Kindergeldes auf seine Unterhaltspflicht anrechnen lassen.

Praktisch bedeutet das: Aus dem Tabellenbetrag wird das halbe Kindergeld abgezogen, der so geminderte Betrag ist der tatsächlich zu zahlende Unterhalt. Damit wird das Kindergeld bereits bei der Unterhaltsberechnung rechnerisch zwischen den Eltern geteilt, obwohl es formal nur an eine Person ausgezahlt wird.

Im klassischen Residenzmodell stellt sich deshalb nur selten die Frage, wem das Kindergeld „gehört“. Die hälftige Berücksichtigung ist in den Unterhaltsbeträgen eingepreist.

Beide Eltern zahlen Unterhalt: Volljähriges Kind oder Kind mit eigener Wohnung

Komplizierter wird es, wenn beide Eltern Barunterhalt leisten müssen, also nicht nur einer zahlt und der andere betreut. Das ist insbesondere bei volljährigen Kindern oder bei Kindern mit eigener Wohnung der Fall.

Volljähriges Kind mit eigener Wohnung

Zieht ein volljähriges Kind in eine eigene Wohnung, haben beide Eltern grundsätzlich eine Barunterhaltspflicht. Der monatliche Bedarf des Kindes setzt sich aus Miete, Nebenkosten, Essen, Lernmitteln, Krankenversicherung und weiteren Ausgaben zusammen und wird als Gesamtbetrag ermittelt.

Das Kindergeld wird weiterhin an einen Elternteil gezahlt. Unterhaltsrechtlich gilt es jedoch vollständig als Einkommen des Kindes. Zunächst wird also der Bedarf des Kindes berechnet, anschließend wird das Kindergeld vom Bedarf abgezogen.

Nur der verbleibende Restbetrag ist tatsächlich von den Eltern zu tragen. Dieser Rest wird nach den Einkommensanteilen der Eltern quotelt, sodass jeder nur so viel zahlt, wie es seiner finanziellen Leistungsfähigkeit entspricht. Dadurch profitieren beide Eltern von dem Kindergeld, selbst wenn die Familienkasse es nur an eine Person überweist.

Minderjähriges Kind lebt nicht bei den Eltern

Lebt ein minderjähriges Kind dauerhaft in einem Heim, Internat oder in einer Pflegefamilie, zahlen häufig beide Eltern Barunterhalt. Die Familienkasse ordnet das Kindergeld in solchen Konstellationen demjenigen Elternteil zu, der überwiegend für den Unterhalt aufkommt oder gesetzlich als Berechtigter bestimmt ist.

Auch hier mindert das Kindergeld zuerst den Unterhaltsbedarf des Kindes. Der verbleibende Betrag ist von den Eltern gemeinsam zu tragen. Entscheidend ist somit nicht, wer das Kindergeld technisch entgegennimmt, sondern, dass es in der Unterhaltsberechnung den Bedarf senkt und so beide Eltern entlastet.

Wechselmodell: Betreuung 50:50, Kindergeld nur auf einem Konto

Besonders konfliktträchtig ist das paritätische Wechselmodell. Das Kind lebt zu annähernd gleichen Teilen bei beiden Eltern und hält sich jeweils etwa die Hälfte der Zeit im Haushalt von Mutter und Vater auf. Beide organisieren Schule, Freizeit, medizinische Versorgung und den Alltag. Die Familienkasse zahlt das Kindergeld dennoch ausschließlich an eine Person.

Rechtlich können im Wechselmodell beide Eltern die Voraussetzungen für den Kindergeldanspruch erfüllen.

Weil die Familienkasse aus praktischen Gründen nur an eine Person zahlt, müssen sich die Eltern darauf einigen, wer als Berechtigter gegenüber der Familienkasse auftreten soll. Kommt keine Einigung zustande, kann die Berechtigung zugewiesen werden.

Unterhaltsrechtlich sind im Wechselmodell beide Elternteile barunterhaltspflichtig. Der Bedarf des Kindes wird anhand der zusammengerechneten Einkommen beider Eltern mithilfe der Düsseldorfer Tabelle oder anderer anerkannter Kriterien ermittelt.

Anschließend wird das Kindergeld auf diesen Bedarf angerechnet, und der verbleibende Betrag wird nach den Einkommensanteilen auf beide Eltern verteilt. Damit steht fest: Kindergeld gehört im Wechselmodell nicht allein dem Elternteil, auf dessen Konto es eingeht. Es handelt sich vielmehr um eine gemeinsame Familienleistung, die bei der Unterhaltsberechnung beiden zugutekommen muss.

Wenn ein Elternteil das ganze Kindergeld behält

In der Praxis bleibt das Kindergeld nach Umstellung auf ein Wechselmodell häufig bei dem Elternteil, das es schon während des bisherigen Residenzmodells erhalten hat. Der andere Elternteil betreut nun aber genauso viel, trägt laufende Kosten, zahlt eventuell sogar zusätzlichen Barunterhalt und geht beim Kindergeld trotzdem leer aus.

Hier kommt der sogenannte isolierte Kindergeldausgleich ins Spiel. Dieses Instrument ermöglicht es dem Elternteil, der kein Kindergeld erhält, einen eigenständigen Zahlungsanspruch gegen den anderen geltend zu machen.

Inhalt des Anspruchs ist, dass der Elternteil, an den die Familienkasse zahlt, den ihm zustehenden Anteil am Kindergeld an den anderen Elternteil weitergibt. Dieser Ausgleichsanspruch kann unabhängig von einer kompletten Neubemessung des Unterhalts eingefordert werden.

So wird verhindert, dass ein Elternteil im Wechselmodell sowohl zeitlich als auch finanziell genauso viel oder sogar mehr leistet, während der andere zusätzlich von der vollen Kindergeldzahlung profitiert.

Rechenbeispiel: Kindergeld 250 Euro im Wechselmodell

Ein Zahlenbeispiel macht verständlich, wie sich das Kindergeld im Wechselmodell auswirken kann.

Angenommen, ein Kind lebt in einem echten Wechselmodell. Das monatliche Kindergeld beträgt 250 Euro. Mutter und Vater betreuen das Kind jeweils zur Hälfte und tragen beide in etwa vergleichbare Alltagskosten. Unterhaltsrechtlich lässt sich das Kindergeld gedanklich in zwei Hälften à 125 Euro aufteilen. Eine Hälfte wird für den Barunterhalt berücksichtigt, die andere Hälfte steht für die Betreuungsleistungen der Eltern.

Die 125 Euro, die für den Barunterhalt angesetzt werden, mindern den rechnerischen Barbedarf des Kindes. Von den verbleibenden 125 Euro entfällt bei gleichwertiger Betreuung rechnerisch die Hälfte auf jeden Elternteil, also jeweils 62,50 Euro.

Erhält nun ein Elternteil das gesamte Kindergeld, während beide nahezu gleich betreuen und zahlen, ist es sachgerecht, dass der andere Elternteil seinen rechnerischen Anteil am Kindergeld entweder über eine reduzierte Unterhaltszahlung oder über eine monatliche Ausgleichszahlung in Geld erhält.

Andernfalls zahlt dieser Elternteil praktisch doppelt: einmal durch seine Beteiligung am Barunterhalt und ein weiteres Mal durch seinen Betreuungsanteil, ohne an der staatlichen Leistung angemessen beteiligt zu sein.

Zweispaltige Übersicht mit typischen Zahlen

Konstellation Zahlenbeispiel (Monat)
Residenzmodell, ein Elternteil betreut, einer zahlt Kindergeld 250 €; Tabellenunterhalt 500 €; anrechenbare Kindergeldhälfte 125 €; zu zahlender Unterhalt 375 €.
Volljähriges Kind mit eigener Wohnung Gesamtbedarf 1.000 €; Kindergeld 250 € wird als Einkommen des Kindes abgezogen; verbleibender Bedarf 750 €, den beide Eltern nach Einkommen quoteln.
Wechselmodell mit ähnlichem Einkommen Kindergeld 250 €; je 50 % Betreuung; rechnerisch je 62,50 € Kindergeldanteil pro Elternteil; Barbedarf wird zusätzlich um 125 € Kindergeld reduziert.
Wechselmodell, ein Elternteil erhält das Kindergeld Kindergeld 250 € nur auf einem Konto; der andere Elternteil kann einen Ausgleich von 62,50 € verlangen, wenn die Betreuung annähernd hälftig erfolgt.
Minderjähriges Kind im Heim oder Internat Heimkosten z. B. 2.000 €; Kindergeld 250 € mindert den Bedarf auf 1.750 €; diesen Betrag tragen die Eltern nach ihrer Leistungsfähigkeit gemeinsam.

Typischer Konflikt: Beide zahlen Unterhalt, einer kassiert das Kindergeld

Kritisch wird es immer dann, wenn beide Eltern Unterhalt zahlen und nur einer das Kindergeld erhält. Das gilt sowohl bei volljährigen Kindern mit eigener Wohnung als auch im paritätischen Wechselmodell. Ohne klare Regelung entsteht schnell der Eindruck, ein Elternteil trage die Last, während der andere zusätzlich von der staatlichen Leistung profitiert.

Gerade bei knappen Einkommen – etwa, wenn ein Elternteil zusätzlich Bürgergeld bezieht, in Teilzeit arbeitet oder nur einen Minijob hat – kann der gerechte Anteil am Kindergeld entscheidend für die monatliche Haushaltskasse sein.

Wer in einer solchen Situation leer ausgeht, sollte prüfen lassen, ob ein Anspruch auf Kindergeldausgleich oder eine Anpassung der Unterhaltsregelung in Betracht kommt.

So sichern Eltern ihren Anspruch auf den Kindergeldanteil

Damit das Kindergeld nicht zum dauerhaften Streitpunkt wird, sollten Eltern von Beginn an darauf achten, dass es konsequent in die Unterhaltsberechnung einfließt. Beim volljährigen Kind mit eigener Wohnung gehört dazu, dass der Bedarf des Kindes korrekt ermittelt und das Kindergeld vollständig als Einkommen des Kindes berücksichtigt wird.

Im Wechselmodell sollte der Bedarf des Kindes unter Berücksichtigung beider Einkommen und des Kindergeldes nachvollziehbar durchgerechnet werden.

Sinnvoll ist außerdem eine schriftliche Vereinbarung, in der festgehalten wird, wie das Kindergeld zwischen den Eltern aufgeteilt werden soll. Das kann etwa so aussehen, dass der Elternteil, der das Geld von der Familienkasse erhält, einen festen monatlichen Betrag an den anderen überweist oder sich der Ausgleich direkt in der Höhe der Unterhaltszahlungen widerspiegelt.

Existieren bereits ältere Unterhaltstitel, Jugendamtsurkunden oder gerichtliche Beschlüsse, lohnt es sich, diese im Licht eines gelebten Wechselmodells oder einer veränderten Wohnsituation des Kindes fachkundig überprüfen zu lassen.

Wo keine Einigung möglich ist, kann der betroffene Elternteil seinen Anspruch auf Kindergeldausgleich oder auf Neuberechnung des Unterhalts mit Unterstützung einer anwaltlichen Beratung durchsetzen.

Kurze FAQ zum Kindergeld bei Trennung und Wechselmodell

Wer bekommt das Kindergeld nach einer Trennung grundsätzlich ausgezahlt?
Das Kindergeld wird immer nur an eine Person überwiesen. Im Residenzmodell ist das in der Regel der Elternteil, bei dem das Kind überwiegend lebt. Im Wechselmodell können beide Eltern kindergeldberechtigt sein, müssen aber festlegen, wer gegenüber der Familienkasse als Berechtigter auftritt.

Gehört das Kindergeld dem Elternteil, auf dessen Konto es eingeht?
Unterhaltsrechtlich nein. Das Kindergeld ist eine Familienleistung, die bei der Unterhaltsberechnung beiden Eltern zugutekommen soll. Im Residenzmodell geschieht das über die Anrechnung der Kindergeldhälfte beim barunterhaltspflichtigen Elternteil, im Wechselmodell über die Bedarfsermittlung und einen möglichen Ausgleich zwischen den Eltern.

Was passiert mit dem Kindergeld, wenn beide Eltern Unterhalt zahlen?
Zahlen beide Eltern Unterhalt, etwa bei volljährigen Kindern mit eigener Wohnung, wird das Kindergeld zuerst auf den Bedarf des Kindes angerechnet. Nur der verbleibende Rest wird von den Eltern getragen, meist anteilig nach ihren Einkommen. So profitieren beide, auch wenn nur ein Elternteil das Kindergeld ausgezahlt bekommt.

Kann im Wechselmodell der Elternteil ohne Kindergeld einen Ausgleich verlangen?
Ja. Wenn ein Elternteil das gesamte Kindergeld erhält, obwohl beide in etwa gleich betreuen und Kosten tragen, kann der andere Elternteil einen isolierten Kindergeldausgleich verlangen. Der Anspruch richtet sich darauf, den eigenen Anteil am Kindergeld auszuzahlen oder über den Unterhalt zu verrechnen.

Was sollten getrennte Eltern tun, um Streit um das Kindergeld zu vermeiden?
Sinnvoll ist eine klare schriftliche Vereinbarung, in der festgelegt wird, wer das Kindergeld bekommt und wie es bei Unterhalt und Alltagskosten berücksichtigt wird. Wer unsicher ist, sollte bestehende Unterhaltsregelungen prüfen lassen und rechtzeitig fachkundigen Rat einholen, bevor sich unfaire Lösungen verfestigen.