Jobcenter weist Alleinerziehende ab: “Sie sehen nicht hungrig aus”

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Wie der Verein “Sanktionsfrei” berichtet, wurde eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern, die auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen sind, mit den Worten “Sie sehen nicht hungrig aus” abgewiesen.

“Sie sehen nicht hungrig aus”

Die Hartz-IV-Leistungen wurden abgelehnt, weil der Kindesvater zu Unterhaltszahlungen verpflichtet wurde, diese aber nicht zahlt. Seit drei Monaten wartet die Betroffene auf den Unterhalt des Vaters. Seitdem steht die junge Mutter fast mittellos da.

Im Jobcenter bekam die Hilfesuchende keine Unterstützung. Im Gegenteil, ihr wurde durch den Sachbearbeiter gesagt: “Sie sehen nicht hungrig aus”. Dabei haben die Sozialleistungsbehörden gesetzlich verpflichtend eine gesteigerte Beratungspflicht. Offenbar ist die Behörde dieser Pflicht nicht nachgekommen. Mehr noch: Der Hilfegesuch wurde nicht ernst genommen und mit abfälligen Worten abgewiesen.

Helena Steinhaus, Gründerin des Vereins, zeigte sich auf der Social-Media Plattform “Twitter” fassungslos. “Unser Anwalt ist dran”, sagt sie. Vorübergehend konnte der Hilfeverein der betroffenen Mutter zunächst Geld als Unterstützung auszahlen.

Unterhalt wird bei Hartz IV angerechnet

Aber wie sieht die rechtliche Situation aus? Im Grundsatz wird der Unterhalt als Einkommen der Kinder auf Hartz IV angerechnet. Daher sollte bei einer nur teilweisen Zahlung durch den Unterhaltspflichtigen das Jobcenter darüber informiert werden, dass in diesem Monat weniger Unterhaltszahlungen geleistet wurden. Das Jobcenter muss dann eine richtige Einkommensrechnung gewährleisten.

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Unterhaltsvorschuss durch das Jobcenter?

Das Jobcenter muss, wenn es sich um kurzweilige Zahlungsausfälle handelt, einspringen. Wenn die Zahlungen seitens des Unterhaltspflichtigen ganz ausfallen, ist nicht das Jobcenter, sondern das Jugendamt der richtige Ansprechpartner.

Das gilt auch, wenn der Kindesvater immer wieder unregelmäßig zahlt und kontinuierlich zu wenig überweist. Das Jugendamt gewährt dann einen sogenannten Unterhaltsvorschuss.

Das Jugendamt wird nach dem Unterhaltsvorschussgesetz den ausbleibenden Unterhalt als Vorschussleistung oder Ausfallleistung zahlen.

Eine Voraussetzung für die Gewährung des Unterhaltsvorschusses besteht darin, dass der Unterhaltspflichtige seiner Unterhaltspflicht in Höhe des gesetzlichen Mindestunterhalts gemäß § 1612a Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht, nur teilweise oder nicht regelmäßig nachkommt.

Alleinerziehende sollten den Gang zum Jugendamt nicht scheuen

Betroffene sollten den Gang zum Jugendamt nicht scheuen, auch wenn sie Angst haben, einen Konflikt mit dem unterhaltspflichtigen Elternteil einzugehen.

Die Kinder- und Jugendpsychotherapeutin Gritli Bertram berichtet, dass der Konflikt mit dem Gang zum Jugendamt auf längere Sicht sogar zu Entspannung beiträgt. “Wenn der Unterhaltspflichtige nicht selbst zahlen kann, kann allerdings auch das Jugendamt kein Geld zurückholen. Und will der Unterhaltspflichtige aus anderen Gründen nicht zahlen, kann das Verhältnis sogar entlastet werden, weil der Konflikt nun auf das Jugendamt übertragen wurde.”

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