Bürgergeld: Widersprüche beim Wegfall des Vermittlungsvorrangs

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In zwei Schritten soll “Hartz IV” zum Bürgergeld umgewandelt werden. Viele Veränderungen gehen nicht weit genug oder sind schlichtweg keine Verbesserungen. Allerdings ist der Wegfall des sogenannten Vermittlungsvorrangs im besten Falle eine tatsächliche Verbesserung. Was aber ändert sich genau? Und wie soll diese Änderung umgesetzt werden? Diese Fragen scheinen noch unbeantwortet zu sein.

Vermittlungsvorrang soll abgeschafft werden

Der Vermittlungsvorrang von Leistungsbeziehenden im SGB II soll abgeschafft werden. Bislang wurden in Hartz IV – ungeachtet der Fähigkeiten und Qualifikation – die Betroffenen durch das Jobcenter in Jobs vermittelt. Das förderte vor allem den Niedriglohnsektor und die Zeitarbeit. Meistens konnte so nicht nachhaltig eine Beschäftigung erreicht werden.

Stattdessen sollen nun Weiterbildung und die Förderung eines Berufsabschlusses im Vordergrund stehen. Die Neuformulierung in § 3 SGB II soll nun mehr Wert auf die Eingliederung in Arbeit durch Qualifizierung setzen.

Und das steht in dem Gesetzestext § 3 Abs. 1 Satz 3 bis 5:

Vorrangig sollen Leistungen erbracht werden, die die unmittelbare Aufnahme einer Ausbildung oder Erwerbstätigkeit ermöglichen, es sei denn, eine andere Leistung ist für die dauerhafte Eingliederung erforderlich. Von der Erforderlichkeit für die dauerhafte Eingliederung ist insbesondere auszugehen, wenn leistungsberechtigte Personen ohne Berufsabschluss Leistungen zur Unterstützung der Aufnahme einer Ausbildung nach diesem Buch, dem Dritten Buch oder auf anderer rechtlicher Grundlage erhalten oder an einer nach § 16 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 in Verbindung mit § 81 des Dritten Buches zu fördernden beruflichen Weiterbildung teilnehmen oder voraussichtlich teilnehmen werden.

Die Verpflichtung zur vorrangigen Aufnahme einer Ausbildung oder Erwerbstätigkeit gilt nicht im Verhältnis zur Förderung von Existenzgründungen mit einem Einstiegsgeld für eine selbständige Erwerbstätigkeit nach § 16b.

Gesetzestext unklar und widersprüchlich

Unklar ist allerdings, wie die Umsetzung tatsächlich in den Jobcentern passieren wird. Zudem ist der Gesetzestext widersprüchlich, wie die Sozialrechtsexperten von “SOZIALRECHT -JUSTAMENT” bemängeln.

Einerseits wird von einer Abschaffung des Vermittlungsvorranges gesprochen und andererseits betont, dass sich die Neuregelungen an den § 4 SGB III anlehnt. Dieser Paragraf ist allerdings mit der Überschrift “Vorrang der Vermittlung” versehen. Allerdings bezieht sich dieser auf “Ausbildung und Arbeit”.

Weiterhin Sanktionen bei fehlender Mitwirkung

Zusätzlich wird an den Leistungsminderungen (ein neuer Begriff statt Sanktionen) festgehalten. In der Gesetzesbegründung ist dann auch zu lesen:

“Der vorliegende Gesetzentwurf bündelt in Hinblick auf Leistungsminderungen die vorliegenden Erkenntnisse und Erfahrungen: An Leistungsminderungen wird grundsätzlich festgehalten. Diese werden in der Höhe begrenzt und mit verfassungsrechtlich zwingenden Elementen der Verhältnismäßigkeit sowie einem kooperativeren Beratungsansatz und der Abschaffung des Vermittlungsvorrangs verbunden.” Quelle: (Bundesrat Drucksache 456/22; S. 55).

Das bedeutet, dass Sanktionen weiterhin bei fehlender Mitwirkung seitens des Jobcenters ausgesprochen werden können, wenn die Vermittlung seitens des Leistungsbeziehenden nicht umgesetzt wird.

Wie soll der Spagat funktionieren?

Hier wird sich zeigen, welchen Spagat die Jobcenter vollziehen werden, wenn vermittelte Stelle, Qualifizierung oder Ausbildung für den Betroffenen nicht akzeptabel ist und die Behörde den Zwang durch die Leistungsminderung ausübt. Daher ist in solchen Fällen immer zu überprüfen, ob der Wille des Gesetzgebers nach dem Leistungsgrundsatz nach § 3 SGB II Rechnung getragen wird.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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