Jobcenter-Mitarbeiterin packt aus: Budget bestimmt (Nicht-) Förderung von Bürgergeld-Beziehern

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Das Bürgergeld sollte das alte Hartz IV-System ablösen. Nicht nur Sozial- und Betroffenenverbände kritisieren die Reformen als unzureichend. Immer öfter kritisieren auch Sachbearbeiter/innen aus den Jobcentern die Umsetzung.

Eine von ihnen ist Anna Meier aus einem Jobcenter in Oberfranken. Ihre Kritik fiel in einem Interview mit der “Neuen Presse” deutlich aus.

Die Bundesregierung verspricht die Reform neue Erleichterungen und Fördermöglichkeiten für Bürgergeldempfänger. Auf Augenhöhe sollte eine bessere Integration in den Arbeitsmarkt erreicht werden.

Doch die Meinung der Mitarbeiterin eines oberfränkischen Jobcenters, Anna Meier, wirft ein düsteres Licht auf die Realität der Reform und bestätigt ihre Befürchtungen.

Budgetkürzungen und eingeschränkte Fördermöglichkeiten

Frau Meier sieht in der Reform einen “Abklatsch” dessen, was tatsächlich notwendig wäre, um den Betroffenen wirksam zu helfen. Zwar sei der Handlungsspielraum der Jobcenter auf dem Papier erweitert worden, gleichzeitig seien aber die finanziellen Mittel gekürzt worden.

Das hat gravierende Folgen, denn die Jobcenter erhalten jedes Jahr ein Budget, mit dem sie wirtschaften müssen.

Aus diesem Budget werden Gehälter, Miete, Strom, Wasser und andere laufende Kosten der Behörde bezahlt. Was übrig bleibt, kann in die Unterstützung der Leistungsberechtigten investiert werden. Doch die Budgets sind oft knapp.

Anna Meier macht das an einem Beispiel deutlich: Ein Führerschein, der in ländlichen Regionen oft für die Arbeitsaufnahme notwendig ist, kann 2.500 Euro kosten.

Ein LKW-Führerschein, der mit einer Einstellungszusage verbunden ist, kann sogar 10.000 Euro verschlingen. Solche Zuschüsse sind zwar sinnvoll, können aber das Budget schnell erschöpfen. Das führt dazu, dass die Jobcenter nicht bedarfsgerecht beraten können, sondern nach Kassenlage entscheiden müssen.

So wäre die Förderung eines Führerscheins durchaus sinnvoll, um die Beschäftigungschancen zu verbessern, aber das Geld fehlt, weil die Budgets nicht ausreichen. Es wird also nach Haushaltslage entschieden.

Junge Menschen auf dem Verschiebebahnhof

Erschwerend käme hinzu, “dass Jugendliche und junge Erwachsene durch die Reform den Berufsberatern der Arbeitsagenturen zugeschlagen wurden.” Das sei ein Fehler, so Meier.

“Wird ein Jobcenterkunde in der Agentur beraten, muss anschließend immer nach dem dortigen Etat gefragt werden, sprich: Kann sich das Jobcenter eine geförderte Ausbildung leisten? Wir müssen dann entscheiden, wer die Förderung am nötigsten hat. Die anderen bekommen diese Chance nicht. In diesem Fall werden Bürgergeldempfänger im Vergleich zu anderen Arbeitslosen benachteiligt.”

Aber warum wurde das so entschieden? Meier sagt, viele Politiker könnten sich nicht vorstellen, wie es jungen Menschen in Deutschland geht. Viele seien desillusioniert und bräuchten Unterstützung im Alltag, mahnt die Jobcenter-Mitarbeiterin. Die Hilfe für junge Arbeitslose gehe meist über die normale Beratungstätigkeit hinaus. Das werde aber oft übersehen.

Immer noch viel Bürokratie

Eines der zentralen Versprechen der Bürgergeldreform war die Einführung bürokratischer Erleichterungen.

Das Antrags- und Bewilligungsverfahren sollte vereinfacht werden, um den Bürgergeldberechtigten zu helfen und die Verwaltung effizienter zu machen. Die Mitarbeiterin des Jobcenters berichtet jedoch, dass genau das Gegenteil der Fall sei. Statt das System zu vereinfachen, sei die Bürokratie noch komplizierter geworden.

Verständliche Bürgergeld-Bescheide: ein unerfülltes Versprechen der Bundesregierung

Ein weiterer Punkt, der im Rahmen der Reform versprochen wurde, war die Verwendung einer einfacheren und verständlicheren Sprache in den Leistungsbescheiden.

Damit sollte sichergestellt werden, dass auch Menschen mit geringer Bildung oder Migrationshintergrund die Bescheide problemlos verstehen können. Doch auch hier ist die Realität ernüchternd. Anna Meier erklärt, dass die Bescheide oft so kompliziert formuliert sind, dass selbst die Mitarbeiter der Jobcenter Schwierigkeiten haben, sie zu verstehen.

Positive Veränderungen, aber auch ungelöste Probleme

Trotz aller Kritik gibt es auch einige positive Aspekte der Bürgergeldreform. Einer davon ist die staatliche Förderung der Aus- und Weiterbildung, auch der schulischen. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, den Frau Meier und andere begrüßen würden.

Dennoch bleibt die Reform mit vielen ungelösten Problemen behaftet. Die Jobcenter stünden vor großen Herausforderungen, darunter die Sicherstellung ausreichender finanzieller Ressourcen und die Vereinfachung bürokratischer Prozesse. Anna Meier fordert mehr Geld und eine Vereinfachung der Kommunikation, um die Betroffenen besser unterstützen zu können.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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