2025 plant die Bundesregierung massive Kürzungen bei den Sozialausgaben. Der Armutsforscher Christoph Butterwegge warnte angesichts der immer schärferen Agitation gegen Bürgergeld-Berechtigte: „Der Ruf nach Einschnitten beim Bürgergeld ist ein Frontalangriff auf den Sozialstaat“,
Was die Einschnitte für die Arbeit der jeweiligen Jobcenter bedeuten, zeigt die Lage in der Region Hannover.
Inhaltsverzeichnis
22 Prozent weniger für das Jobcenter Region Hannover
Für das Jobcenter Region Hannover würde das 22 Prozent weniger Budget bedeuten. In der Folge müssten dann erfolgreich arbeitende Einrichtungen geschlossen werden.
Dazu zählen vier Jugendwerkstätten und ein Familien-Coaching-Center.
Die Einschnitte treffen die Schwächsten
Ganz besonders hart treffen diese Kürzungen die Schwächsten unter den Schwachen. Denn es fehlen dann Mittel gerade für diejenigen Hilfs- und Beratungsstellen für Betroffene mit vielfältigen Problemen, die sich schwer in Arbeit vermitteln lassen.
Die zuständige Jobcenter-Geschäftsführerin Paula Büsse sagte, laut der HAZ: „Der Entwurf verheißt für uns nichts Gutes.”
Wer ist betroffen?
In der Region Hannover sind circa 110.000 Menschen von Bürgergeld abhängig. Laut Büsse stehen viele davon dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. Darunter seien Minderjährige, Menschen, die Familienangehörige betreuten, solche, die in Arbeit und Ausbildung wären, oder Weiterbildungen absolvieren.
Tatsächlich dem Arbeitsmnarkt zur Verfügung stünden um die 35.000 Menschen. Diese seien aber in der Praxis schwer zu vermitteln.
Die schwere Vermittlung liege daran, dass die Betroffenen zum Beispiel keine Ausbildung hätten oder an diversen gesundheitlichen Einschränkungen litten.
Das Lebensalter könne ein Hemmnis sein, eine Unterqualifikation ebenso wie eine Überqualifikation, die Herkunft, zu viele Stationen im Lebenslauf, Schulden oder der Wohnsitz.
Ohne Unterstützung keine Vermittlung
Diese Menschen seien ohne Unterstützung nicht zu vermitteln. Sie müssten oft erst stabilisiert werden oder Perspektiven in unterschiedlichen Berufen entwickeln.
Einsparungen gefährden Vermittlungen
Büsse betont, dass es sich über Jahre hinziehen können, Menschen in Jobs zu bringen. Oft brauche es langfristige Angebote und damit langfristige Finanzierungen. Deshalb seien vom derzeitigen Budget bereits 37 Millionen für diejenigen gebunden, die bereits in Maßnahmen seien.
2025 blieben damit nur 16 Millionen Euro übrig, um Menschen neu bei der Arbeitssuche zu unterstützen.
Angebote müssen gestrichen werden
Durch die Kürzungen müsse Büsse gute Angebote streichen, da sie nicht mehr gefördert werden könnten, zum Beispiel solche für Menschen unter 25 in den Jugendwerkstätten.
Was bedeuten die Kürzungen konkret?
Büsse erläutert an einem Beispiel, was die Kürzungen bedeuten. So hätten in besten Zeiten mit dem Angebot “Teilhabe am Arbeitsmarkt” 1600 Menschen gefördert werden können. 2024 seien es 800.
2025 könnten mit den Kürzungen nur noch 24 Menschen neu aufgenommen werden.
Büsse sagt im Interview mit der HAZ: “Wir werden nächstes Jahr eine sehr gute, weil erfolgreiche Maßnahme für Familien einstellen müssen. Das ist das Familien-Coaching-Center. Es geht um Hilfen für Familien bei Sucht, Schulden, Kinderbetreuung, Krankheit.”
Mehr Langzeitarbeitslose und höhere Kosten
Büsse denkt zwar, dass ein breites Angebot beibehalten werden könnte, allerdings nur in reduzierter Anzahl. Diese könnten zu mehr Langzeitarbeitslosen und höheren Sozialkosten führen.
Fazit
Das Bürgergeld sollte vollmundig mit dem Hartz IV Mantra des Hineinpressens in jede Arbeit für jeden Preis brechen. Stattdessen sollte eine “Kommunikation auf Augenhöhe” und verstärkte psychosoziale Betreuung gerade diejenigen nachhaltig in den Arbeitsmarkt bringen, die besondere Probleme zu überwinden haben.
Zur Erinnerung: Das Hartz IV System verschlechterte die Situation von Langzeitarbeitslosen dramatisch. Wer zuvor mit Arbeitslosenhilfe über die Runden gekommen war, wurde durch Hartz IV ein Fall für die Fürsorge. In der Folge stieg die Kinderarmut und die Familienarmut erheblich an.
Das Versprechen des Bürgergeldes, gerade diese Schwächsten der Schwachen zu fördern und so wieder in das Arbeitsleben zu integrieren, wird durch die Kürzungen verworfen. Das soziale System versagt exakt bei denen, die es am nötigsten brauchen.
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Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.