Jobcenter bestraft Bürgergeld-Bezieherin wegen Sparsamkeit

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Bürgergeld-Bezieher sehen sich einem Druck durch die Behörde ausgesetzt, dem sie kaum standhalten können. Denn es ist egal, was sie tun – manche Jobcenter bestrafen die Leistungsberechtigten für das eine ebenso wie für dessen Gegenteil.

So verlangen Jobcenter, dass Bürgergeld-Bezieher sparsam mit den gezahlten Leistungen umgehen. Wer (in den Augen des Jobcenters), zu viel Strom-, Wasser- oder Heizkosten hat, dem zahlt die Behörde nur den Anteil, der als “angemessen” gilt.

Wer spart, ist verdächtig

Jobcenter verweigern es aber nicht nur, Strom, Wasser und Heizkosten zu tragen, weil diese zu hoch – sondern auch, weil diese zu niedrig sind.

Das klingt irrsinnig, ist aber Realität. Manche Leistungsberechtigte werden faktisch dafür bestraft, dass sie wenig Energie vebrauchen. Jobcenter unterstellen ihnen dann, sie würden den Wohnraum nicht nutzen.

Bürgergeld-Bezieher, die einen niedrigen Verbrauch an Strom, Wasser und Heizung haben, riskieren, dass das Jobcenter sich weigert, die Kosten für Unterkunft und Heizung zu tragen. Gerne unterstellt die Behörde nämlich, die Sparsamen würden die Unterkunft nicht nutzen.

Vor Gericht wegen geringem Verbrauch

Leistungsberechtigte, die ihren Energieverbrauch gering halten, müssen in solchen Fällen vor das Sozialgericht ziehen, obwohl sie tatsächlich alles richtig machten. Das Sozialgericht Frankfurt / Oder musste sich mit einer Leidtragenden beschäftigen, und das nicht zum ersten Mal. (S 14 AS 214/24 ER vom 26. Juni 2024).

“Die Wohnung wird nicht genutzt”

Die Betroffene lebt im Landkreis Oder-Spree und zahlt eine Gesamtmiete von 397,50 Euro. Das zuständige Jobcenter lehnt es seit Monaten ab, die Kosten der Unterkunft zu übernehmen – im aktuellen Verfahren für die Zeit von Mai bis Oktober 2024.

Die Behörde begründet die Verweigerung mit der Behauptung, die Leistungsbezieherin würde die Wohnung nicht zu Wohnzwecken nutzen.

Das Jobcenter stützt diese Unterstellung mit sehr niedrigen Verbrauchswerten bei Trinkwasser, Strom und Heizung.

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Wie ist die Rechtslage?

Tatsächlich muss das Jobcenter nur dann Kosten der Unterkunft übernehmen, wenn Wohnraum von den Leistungsberechtigten auch als solcher genutzt wird.

Eine Wohnung, die nicht genutzt wird, kann nur dann beim Jobcenter berücksichtigt werden, wenn ein spezieller Anspruch durchgesetzt wurde.

Bauchlandung für das Jobcenter

Das Sozialgericht Frankfurt / Oder hat bereits für die Leistungsberechtigte entschieden. Das Jobcenter weigerte sich nämlich schon, die Kosten der Unterkunft von Februar bis April 2024 zu tragen.

Im Eilverfahren verpflichte das Sozialgericht die Behörde dazu, diese Kosten vorläufig zu übernehmen. (S 14 AS 82/84).

Das Jobcenter legte daraufhin Beschwerde beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg ein, doch dieses stimmte dem Sozialgericht Frankfurt / Oder zu, und das Verfahren wurde für das Jobcenter zur Bauchlandung.(Aktenzeichen L 20 AS 364/24 B ER vom 17. Juni 2024).

Das Jobcenter ist in der Beweispflicht

Das Landessozialgericht stellte zwei Punkte klar: Erstens gehe es überhaupt nicht darum, ob die Betroffene sich dauerhaft in der Wohnung aufhalte. Zweitens habe das Jobcenter keinen Nachweis erbracht, dass die Wohnung nicht genutzt würde.

Das Sozialgericht prüft die Situation

Obwohl also das Landessozialgericht eine klare Entscheidung getroffen hat, versucht das Jobcenter erneut und mit derselben Unterstellung der Leistungsberechtigten die Kosten der Unterkunft zu verweigern.

Das Gericht konnte nur wiederholen, dass das Jobcenter die Kosten zu übernehmen hat, denn die Ausgangslage hat sich nicht geändert.

Es betonte, dass die Verbrauchswerte nicht dagegen sprächen, dass die Wohnung genutzt würde. Zudem komme es nicht auf die Häufigkeit der Neutzung an, und auch nicht auf die Wertung der Wohnung.

Tatsächliche Kosten sind vorhanden

Das Sozialgericht verwies auf einen Fakt, den das Jobcenter geflissentlich ignoriert, obwohl er für Übernahme von Unterkunftskosten entscheidend ist.

Die Bürgergeld-Bezieherin brachte nämlich den Nachweis der tatsächlichen Kosten, die in ihrem Mietvertrag geregelt sind.

Das Jobcenter hat also, laut dem Sozialgericht, keine rechtliche Grundlage, die Kosten der Unterkunft zu verweigern.

Unser Kollege Detlef Brock fasst zusammen: “Hält sich der Bürgergeld – Empfänger tatsächlich im Bereich des Jobcenters auf – verneint das das Jobcenter, trägt es die Beweislast dafür.”

Das Jobcenter bleibt trotzig

Diese sachlich einwandfreie Argumentation stößt beim Jobcenter jedoch auf taube Ohren. Es antwortete stur, es werde weiterhin die Bedarfe nicht berücksichtigen und auf eine abschließende Entscheidung des Gerichts warten.

Verschleuderung von Steuergeldern

Für die Bürgergeld-Bezieherin bedeutet dieses kindische Trotzkopf-Verhalten der Behörde enormen finanziellen Druck.

Sie ist bedürftig, sie hat diese Kosten zu stemmen und keine geheimen Reserven, mit denen sie die Miete ausgleichen könnte.

Die Gerichte werden hingegen vom Jobcenter mit Nonsens belästigt, und die Steuerzahler müssen für diese Albernheiten der Behörde zahlen.

Willkür der Jobcenter

In dem Fall in Frankfurt / Oder wird eine erschreckende Willkür der Jobcenter deutlich. Ganz wichtig ist hier: Wenn die Behörde vermutet, dass Leistungsberechtigte angegebenen Wohnraum nicht nutzen, dann muss das Jobcenter dafür den Nachweis erbringen.

Dieses Jobcenter verweigerte Leistungen hingegen ohne jeden Nachweis, und allein wegen der eigenen negativen Einschätzung. Das ist die Definition von Willkür.

Ignoranz tatsächlicher Nachweise

Während das Jobcenter selbst aufgrund von Verdächtigungen ohne jeden Nachweis Leistungen einbehielt, ignorierte es umgekehrt einen tatsächlichen Nachweis, der zum Auszahlen dieser Leistungen berechtigt.

Hier hat also ein Jobcenter die Regelungen, nach denen es zu arbeiten hat, doppelt missachtet, nach dem Motto: “Recht ist, was der Behörde gerade am besten in den Kram passt.”