Jobcenter geben Informationen an den Verfassungsschutz weiter
17.10.2017
Einige Jobcenter sollen mehrfach den Verfassungsschutz informiert haben, wenn sie Erwerbslose als “Extremisten” im Verdacht hatten. In den vergangenen zwei Jahren seien in elf Fällen solche Informationen an das zuständige Landesamt für Verfassungsschutz weitergegeben worden. Aus der Antwort des Bundessozialministeriums auf eine Anfrage der Linken geht hervor, dass dabei die Verdachtsmomente in den Bereichen Islamismus (vier Fälle), Terror (ein Fall), Gefährdung (ein Fall) und „Reichsbürgerbewegung“ (drei Fälle) vorlagen.
Über weitere Fälle hat das Bundessozialministeriums nach eigenen Angaben keine Kenntnisse. Sicher scheint aber, dass ein Jobcenter im Saarland seine Mitarbeiter darüber informierte, wie sie mögliche Hinweise weiterleiten könnten.
Wenn ein Behördenmitarbeiter einen konkreten Verdacht auf terroristische Planungen eines seiner Kunden hat und dies meldet, ist das eine Selbstverständlichkeit. Dafür ist aber die Polizei und nicht der Inlandsgeheimdienst zuständig. Allerdings geht es bei den Jobcentern schon um vermeintliche Auffälligkeiten, weit unter einer solchen Gefährdungsebene. Das öffnet der subjektiven Wahrnehmung und Bewertung nach der eigenen politischen Überzeugung eines Behördenmitarbeiters Tür und Tor, es bleibt ihm überlassen, was er meldet und was nicht.
Ein Jobcenter im Saarland forderte seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anlässlich einer „Kooperation“ mit dem dortigen Landesamt für Verfassungsschutz dazu auf, „alle Hinweise aus den Bereichen Rechtsextremismus, Linksextremismus, Ausländerextremismus, Sabotageabwehr und organisierte Kriminalität“ an den Inlandsgeheimdienst weiterzugeben.
Das ist aus einer von der Leitung des Jobcenters verschickten E-Mail, die dem konservativen Onlineportal „Tichys Einblick“ von anonymer Seite zugeleitet wurde, erkenntlich. Für den Verfassungsschutz seien „Erkenntnisse von Ihnen über unsere Kunden aus den Tatbeständen Ortsabwesenheit von Flüchtlingen in ihre Herkunftsländer oder Krisengebiete, Auffälligkeiten im Verhalten dieser Personengruppe, Kenntnisse über Kunden, die der Reichsbürgerbewegung angehören und alle sonstigen Tatbestände die Ihnen ‚auffällig‘ erscheinen“ wichtig. Die Hinweise könnten an ein angegebenes Postfach versandt werden und würden mit „absoluter Vertraulichkeit“ behandelt. Mit dieser „Kooperation haben wir einen weiteren Mosaikstein im Sicherheitskonzept für unsere Mitarbeiter und Kunden eingefügt“, heißt es abschließend.
Ein Pressesprecher der Saarländischen Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit bestätigte, dass Informationsveranstaltungen des Verfassungsschutzes für Behörden stattfänden und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter per Mail darauf hingewiesen wurden, „gegebenenfalls konkrete Verdachtsmomente zu transportieren und zu kanalisieren“. Die Begrifflichkeit „Kooperationsabschluss“ sei aber missverständlich.
Aus dem saarländischen Ministerium für Inneres, Bauen und Sport hieß es, der Verfassungsschutz führe seit längerem vor dem Hintergrund einer anhaltend hohen abstrakten Gefährdungslage bezüglich des islamistischen Terrorismus regelmäßig „Sensibilisierungsgespräche“ für Behörden durch, um „ggf. vorliegende Verdachts- und Radikalisierungshinweise im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten frühzeitig an das Landesamt für Verfassungsschutz zu übermitteln.“ Eine Pressereferentin der Bundesagentur für Arbeit konnte weder bestätigten noch dementieren, dass es auch bundesweit entsprechende Kooperationen mit Verfassungsschutzbehörden gäbe oder solche geplant seien (www.tichyseinblick.de/kolumnen/alexander-wallasch-heute/ mitarbeiter-im-jobcenter-kooperieren-mit-verfassungsschutz/).
Bild: jozsitoeroe-Fotolia