Hungertod durch Hartz IV. Caritas fordert mehr ALG

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Caritas ist betroffen รผber den Tod eines 20-Jรคhrigen in Folge von Unterernรคhung Aufmerksamkeit kann helfen, einen Rรผckzug von Menschen im sozialen Umfeld festzustellen / Ausgrenzung entgegenwirken

Die Nachricht vom Tod eines 20-jรคhrigen Mannes, der in seiner Wohnung in Speyer verhungert aufgefunden wurde, lรถst bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Caritasverbandes fรผr die Diรถzese Speyer groรŸe Betroffenheit aus. Es ist erschreckend, wie der 20-jรคhrige Mann so stark in die Isolation geraten konnte, dass niemand auf seine Not aufmerksam wurde. Der junge Mann hat auf seine Schwierigkeiten offenbar mit Rรผckzug reagiert. Es fehlte ihm entweder die Mรถglichkeit oder das Vertrauen, mit jemandem รผber seine Not zu sprechen und Hilfe zu suchen. Das ist umso bedrรผckender, als es in Speyer ein breites Angebot an sozialen Hilfen gibt. Dazu zรคhlen auch das Caritas-Zentrum Speyer und die Erziehungs-, Ehe- und Lebensberatung des Caritasverbandes. Sie richten sich an Menschen, die in persรถnlichen oder wirtschaftlichen Schwierigkeiten stecken.

Damit Menschen in Schwierigkeiten geholfen werden kann, ist die Aufmerksamkeit aller Bรผrger gefordert. Jeder kann einen Beitrag dazu leisten, indem er den Menschen in seinem Umfeld mit Aufmerksamkeit und Anteilnahme begegnet. Diese Haltung ist der beste Schutz, damit Menschen nicht in eine Sackgasse geraten, aus der sie keinen Ausweg mehr finden. Dass Menschen in schwierigen Situationen keine Hilfe suchen, hat nach Erfahrung des Caritasverbandes hรคufig die Ursache, dass sie sich ihrer Not wegen schรคmen oder sich selbst dafรผr die Schuld zuschreiben. Dazu trรคgt bei, dass Menschen ohne Arbeit in der ร–ffentlichkeit und im persรถnlichen Umgang mit Behรถrden, Bekannten oder Familienmitgliedern hรคufig Abwertungen und verletzende ร„uรŸerungen erfahren. Es tut Not, dass wir in Deutschland, aber auch ganz konkret in Speyer wieder ein gesellschaftliches Klima schaffen, in dem Menschen in Schwierigkeiten den Mut finden, sich mit ihrer Not zu zeigen und Hilfe zu suchen. Ein Klima, in dem jeder spรผrt: Hilfe zu suchen, ist ein Ausdruck der Stรคrke, nicht der Schwรคche. Besonders im Fall von Arbeitslosigkeit handelt es sich nicht um ein persรถnliches Versagen, sondern um ein strukturelles Problem unserer Gesellschaft.
Der Caritasverband hat bei der Einfรผhrung der Hartz-IV-Reformen die Regelleistung in Hรถhe von 345 Euro fรผr einen Alleinstehenden pro Monat mehrfach als unzureichend kritisiert. Das Geld reicht in vielen Fรคllen nicht aus, die Kosten fรผr Lebensmittel, Kleidung, Strom und andere Dinge des tรคglichen Bedarfs zu decken. Hinzu kommen Ausgaben zum Beispiel fรผr Zuzahlungen beim Kauf von Medikamenten oder bei einer Zahnbehandlung. Ein Problem stellt dar, dass keine Hilfen in besonderen Lebenssituationen mehr gewรคhrt werden. Wenn die Waschmaschine kaputt geht oder Schulbรผcher fรผr die Kinder angeschafft werden mรผssen, stellt das die Empfรคnger von Arbeitslosengeld II hรคufig vor unรผberwindbare finanzielle Schwierigkeiten. Der in den vergangenen Jahren gestiegene Druck besonders auf Menschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, hat nach Einschรคtzung der Caritas zu einem Anstieg psychischer Erkrankungen gefรผhrt. Viele Menschen sind รผberfordert, zum Beispiel mit dem Verlust des Arbeitsplatzes zu Recht zu kommen. Hรคufig wird auch das Zusammenleben in der Familie und im Freundeskreis dadurch in Mitleidenschaft gezogen.

Die Konflikte nehmen in vielen Familien zu. Der Caritasverband sieht es als Nachteil der Hartz-IV-Gesetze , dass die Lebenssituation des Einzelnen aus dem Blick zu geraten droht. Pauschale Unterstรผtzungsleistungen bedeuten, dass Menschen in besonders belastenden Situationen in eine ausweglos erscheinende Lage geraten kรถnnen. Die in den Augen der Caritas zu geringe Regelleistung in Hรถhe von monatlich 345 Euro fรผr einen Empfรคnger von Arbeitslosengeld II begรผnstigt, dass sich Menschen aus sozialen Kontakten zurรผckziehen. Es fรคllt schwer, anderen einzugestehen, dass einem das nรถtige Geld zum Beispiel fรผr den Besuch eines Kinos oder eines Restaurants fehlt. Um der Ausgrenzung und Isolation von Menschen vorzubeugen, plรคdiert die Caritas fรผr eine Erhรถhung der Regelleistungen. Menschen, die in Not geraten, zum Beispiel weil sie ihren Arbeitsplatz verloren haben, soll damit wieder mehr Teilhabe am Leben der Gemeinschaft ermรถglicht werden. โ€” Bischรถfliches Ordinariat Speyer Pressestelle D-67343 Speyer Fon 0 62 32 โ€“ 10 22 09 Fax 0 62 32 โ€“ 10 23 01 E-Mail: pressestelle@bistum-speyer.de www.bistum-speyer.de (20.04.07)