Die Rente in unserem Nachbarland Österreich ist deutlich höher als in Deutschland, 2022, mit circa 1.646 Euro pro Monat 47 Prozent über dem Schnitt in Deutschland von 1.120 Euro. Was sind die Gründe dafür? Lässt sich dieses Rentenmodell auf Deutschland übertragen? Diese Fragen klären wir im vorliegenden Beitrag.
Inhaltsverzeichnis
Rentenbeiträge: Österreich mit höherem Satz
Seit 1988 liegt der Satz der monatlichen Rentenbeiträge bei 22,8 Prozent in Österreich. In Deutschland liegt er hingegen bei 18,6 Prozent. Allein diese höheren Beiträge erklären ein Drittel des Rentenunterschiedes, nämlich 156,00 Euro.
Staatliche Zuschüsse als Rentenfaktor
Zudem liegt der Bundeszuschuss für die Rente deutlich höher als in Deutschland. Die Differenz beträgt bei der durchschnittlichen Rente rund 100,00 Euro. Höherer Zuschuss und höhere Beiträge zusammen sorgen bereits für die Hälfte der höheren Rente im Nachbarland.
In Österreich fließen diese Zuschüsse direkt in die Pensionsversicherung, während in Deutschland viele staatliche Mittel für versicherungsfremde Leistungen wie die Mütterrente oder den Ausgleich zwischen Ost und West genutzt werden.
Breitere Beitragsbasis durch mehr Pflichtversicherte
Mehr beitragspflichtige Erwerbstätige sorgen in Österreich zusätzlich zu höheren Einnahmen der Rentenkassen. In Österreich zahlen rund 94 Prozent aller Erwerbstätigen in die Rentenversicherung ein, in Deutschland sind es nur circa 79 Prozent (ohne Minijobber).
Dies liegt auch an einem strukturell einheitlicheren System: In Österreich gibt es de facto eine Einheitsversicherung, in die nahezu alle Berufsgruppen einzahlen – auch Beamte und Selbstständige.
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Selbstständige: Integration ins Rentensystem
In Deutschland zahlen nur 300.000 der circa 3,9 Millionen Selbstständigen in die gesetzliche Rentenversicherung ein. In Österreich sind es weit mehr, und sie zahlen, im Unterschied zu abhängig Beschäftigten, nur 17 bis 20 Prozent – je nach Branche. Die Differenz zahlt der Bund.
Beamte zahlen mit: Unterschiede bei der Verbeamtung
In Österreich gibt es weniger Verbeamtungen als in Deutschland. Dadurch ist der Anteil Erwerbstätiger im öffentlichen Dienst höher, der Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung zahlt. Das erklärt rund 160,00 Euro der höheren Durchschnittsrenten.
Auch Abgeordnete sind einbezogen. In Deutschland hingegen existieren parallele Versorgungssysteme, die zur Fragmentierung beitragen.
Demografische Vorteile: Mehr Einzahler pro Rentner
Zudem kommen in Österreich rund 3,2 potenzielle Renteneinzahler zwischen 20 und 64 Jahren auf einen potenziellen Rentner ab 65. In Deutschland sind es nur 2,7. Das ermöglicht höhere Rentenzahlungen von rund 140,00 Euro. Ein Grund für diesen höheren Anteil an jüngeren Menschen ist eine größere Zuwanderung zwischen 2002 und 2010 als in Deutschland.
Längere Mindestbeitragszeiten beeinflussen die Rentenhöhe
In Deutschland haben Sie nach fünf Jahren Beitragszeiten einen Rentenanspruch, in Österreich aber erst nach 15 Jahren. Die Beiträge derjenigen, die keine Rente bekommen, bleiben bei der Rentenkasse. Auf Deutschland übertragen würde das 125,00 Euro Durchschnittsrente bringen.
1,5 Millionen Altersrenten gingen in Deutschland verloren, und 80 Prozent derjenigen, die ihre Altersversorgung verlieren, wären Frauen.
Der Staat übernimmt die Ausfallhaftung bei Renten
Defizite in den Rentenkassen werden in Österreich allein über Steuergelder ausgeglichen. Der Beitragssatz wird dafür nicht erhöht. In Deutschland hingegen übernehmen jedoch auch Renteneinzahler und Rentner diese Risiken.
Geringere Verwaltungskosten durch einheitliches System
Die einheitliche Struktur des österreichischen Pensionssystems führt auch zu niedrigeren Verwaltungskosten. In Deutschland sorgen viele Sonderregelungen und getrennte Systeme (z. B. Beamtenversorgung) für einen höheren bürokratischen Aufwand.
Rentenanpassung: Preisentwicklung statt Löhne
In Deutschland werden die Renten an die Lohnsteigerungen angepasst, in Österreich an die Preisentwicklung. Das kann bei hoher Inflation zu enormen Kosten der Rentenauszahlung führen, schützt die Kaufkraft der Rentner jedoch besser.
Flexibler Renteneintritt in Österreich
Österreich bietet flexiblere Übergänge in den Ruhestand – etwa durch Teilpensionen – und ermöglicht damit längere Erwerbsbeteiligung. In Deutschland ist der Übergang meist starr geregelt: Entweder Rente oder Arbeit.
Was lässt sich auf Deutschland übertragen?
Die deutlich höheren Durchschnittsrenten in Österreich haben also ihre Tücken. Fast zwei Millionen Rentner und Rentnerinnen in Deutschland würden mit diesem System im Alter vor dem finanziellen Nichts stehen, obwohl sie jahrelang eingezahlt haben. Auch ein Beitragssatz von 22,8 Prozent wird weder vermittelbar sein, noch ist er wünschenswert.
Eine Stellschraube ist hingegen die Integration von Selbstständigen in die gesetzliche Rentenversicherung. Sozialverbände fordern seit vielen Jahren, dass nicht nur abhängig Beschäftigte, sondern auch Selbstständige, Beamte und Abgeordnete regulär in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen.