Im Dezember werden viele Betriebskostenabrechnungen für das Jahr 2023 ausgestellt. Diese Nachzahlungen können für viele Haushalte erheblich ausfallen. Bürgergeld-Empfänger sollten sich gut auf diese Abrechnungen vorbereiten, da die Kosten übernommen werden können – wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Dieser Artikel erklärt, worauf Bürgergeld-Empfänger achten müssen und welche Ansprüche sie geltend machen können.
Inhaltsverzeichnis
Betriebskosten: Anspruch auf Übernahme durch das Amt
Die Betriebskostenabrechnung umfasst in der Regel verschiedene Posten wie Wasser, Heizung, Müllentsorgung und andere gebäudebezogene Kosten. Laut den Regelungen des Sozialgesetzbuches II und XII (§ 22 Abs. 1 S. 1 SGB II, § 35 Abs. 1 S. 1 SGB XII) müssen Unterkunfts- und Heizkosten in tatsächlicher Höhe übernommen werden.
Das bedeutet, dass Heiz- und Betriebskostennachzahlungen grundsätzlich durch das Amt abgedeckt werden können.
Nachzahlungen sofort beantragen
Wichtig ist hierbei, dass diese Nachzahlungen in dem Monat, in dem sie fällig werden, auch tatsächlich beantragt werden. Das gilt unabhängig davon, ob die Forderung in einer Zeit entstand, in der die betroffene Person keine Leistungen bezog.
Auch wenn die Kosten während eines Zeitraums entstanden sind, in dem kein Bürgergeld bezogen wurde, ist eine Kostenübernahme im Monat der Fälligkeit möglich. Dies wird vom Bundessozialgericht (BSG 24.11.2011 – B 14 AS 121/10 R) unterstützt.
Kindergeld- und Wohngeld-Bezieher können Leistungen ebenfalls in Anspruch nehmen
Personen, die Kinderzuschlag oder Wohngeld erhalten, können ebenfalls einmalige SGB II-Leistungen für die Betriebskostenabrechnung in Anspruch nehmen. Dies ist im § 6a Abs. 7 Satz 3 BKGG geregelt. Somit führen einmalige Nachzahlungen nicht zum Ausschluss der bisherigen Leistungen wie Wohngeld.
Wie hoch dürfen Betriebskosten im Bürgergeld-Bezug sein?
Das Jobcenter zahlt die Betriebskosten grundsätzlich in tatsächlicher Höhe. Hier gilt jedoch der Grundsatz der Angemessenheit. Für Heizkosten gibt es kein festgelegtes Gesetz, welches die Höhe der angemessenen Heizkosten verbindlich regelt.
Stattdessen existieren örtliche Erfahrungswerte, an denen sich die Jobcenter orientieren. Die Mitarbeiter der Jobcenter haben jedoch das Recht, individuell zu entscheiden, ob Heizkosten als zu hoch angesehen und damit nicht in voller Höhe erstattet werden.
Das Bundessozialgericht hat hierzu eine Grundsatzentscheidung getroffen und Grenzwerte festgelegt, ab denen die Heizkosten als unangemessen betrachtet werden können (BSG, Az. B 14 AS 36/08 R vom 02.07.2009). In seinem Urteil nahm das Gericht Bezug auf die Tabelle des bundesweiten Heizspiegels.
Richtwerte für ein Mehrfamilienhaus
Beispielsweise gelten in einem Mehrfamilienhaus mit einer Gesamtwohnfläche von 505 m² Heizkosten (Erdgas) über 31,61 Euro pro m² und Jahr als zu hoch. Für eine 50 m² große Wohnung wären dies etwa 1.580 Euro Heizkosten im Jahr.
Trotz dieser Richtwerte ist das Jobcenter verpflichtet, die individuelle Situation des Bedürftigen zu berücksichtigen. Liegt die Wohnung zum Beispiel an einer Außenwand eines Mehrfamilienhauses, können die Heizkosten höher ausfallen als bei einer zentral gelegenen Wohnung. Ebenso müssen familiäre oder gesundheitliche Gründe berücksichtigt werden, die einen erhöhten Wärmebedarf rechtfertigen.
Angemessene kalte Betriebskosten
Die kalten Betriebskosten, zu denen Posten wie Müllabfuhr oder Hausmeisterdienste gehören, spielen beim Bürgergeld eine eher untergeordnete Rolle. Diese werden nicht einzeln betrachtet, sondern gemeinsam mit allen anderen Betriebskosten zur Berechnung der Leistungen herangezogen.
Betriebskosten unangemessen hoch
Sollten die Betriebskosten als unangemessen hoch eingestuft werden, besteht die Möglichkeit, durch eine entsprechende Begründung und Nachweise darzulegen, warum die Betriebskosten im individuellen Fall dennoch angemessen sind (BSG, B 14 AS 33/08 R vom 02.07.2009).
Gründe für höhere Betriebskosten können unter anderem sein:
- Schlechte Wärmedämmung des Hauses
- Ältere oder defekte Heizungsanlage
- Kleinkind im Haushalt, das einen höheren Wärmebedarf hat
- Erhöhte Abfallgebühren
- Schwere Erkrankung mit erhöhtem Kälteempfinden
Diese Begründungen müssen durch entsprechende Nachweise, wie zum Beispiel ärztliche Atteste, belegt werden. Das Jobcenter wird dann prüfen, ob die Gründe die zu hohen Kosten rechtfertigen. Wenn die Gründe anerkannt werden, werden die Heizkosten in tatsächlicher Höhe übernommen.
Nachweise müssen regelmäßig erbracht werden
Bürgergeld-Empfänger sind verpflichtet, regelmäßig Nachweise für den erhöhten Bedarf an Betriebskosten zu erbringen. Wenn kein besonderer Grund mehr vorliegt, der die höheren Kosten rechtfertigt, wird das Jobcenter zukünftig nur noch die als angemessen bewerteten Betriebskosten übernehmen.
Kostensenkungsaufforderung
Kann keine Begründung für eine individuelle Angemessenheit gegeben werden, wird das Jobcenter ein Kostensenkungsverfahren anstoßen. Die Betroffenen werden dann aufgefordert, die Kosten innerhalb einer Frist von sechs Monaten auf ein angemessenes Niveau zu senken.
Möglichkeiten zur Kostensenkung
- Heizkosten können durch sparsames und wirtschaftliches Heizen reduziert werden.
- Untervermietung eines Teils der Wohnung, um die Wohnkosten zu senken.
- Umzug in eine günstigere Wohnung.
Ein Umzug gilt jedoch als letzte Möglichkeit, da dieser auch für das Jobcenter mit erheblichen Kosten (Umzug, Mietkaution, eventuell neue Möbel) verbunden ist. Vor einem Umzug wird das Jobcenter eine Wirtschaftlichkeitsprüfung durchführen, um zu entscheiden, ob die Kosten für den Umzug gerechtfertigt sind.
Ein Umzug wird als unwirtschaftlich angesehen, wenn die Kosten nicht innerhalb von 24 Monaten amortisiert werden können.
Kostensenkungsverfahren bei unangemessenen Kosten
Sollten die tatsächlichen Kosten die Angemessenheit auch nach Wirtschaftlichkeitsprüfung überschreiten, wird das Jobcenter die Betroffenen erneut auffordern, die Kosten zu senken. Wenn nur die Heizkosten erhöht sind, die Gesamtmiete jedoch als angemessen betrachtet wird, erhalten die Betroffenen lediglich ein Informationsschreiben zum sparsamen Heizverhalten.
Werden die Kosten nicht innerhalb der genannten Frist gesenkt und stellt das Jobcenter fest, dass eine Senkung der Kosten möglich gewesen wäre, diese jedoch nicht umgesetzt wurde oder die Bemühungen unzureichend waren, wird das Jobcenter künftig nur noch die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung übernehmen.
Kostenübernahme der Betriebskosten beim Eigenheim
Besitzt ein Bürgergeld-Empfänger ein Eigenheim, das als angemessen betrachtet wird und nicht als Vermögen angerechnet wird, übernimmt das Jobcenter auch in diesem Fall die angemessenen Betriebskosten.
Dazu zählen unter anderem Heizkosten, Kosten für Wasser und Abwasser, Grundsteuer, Gebäudeversicherung sowie Schornsteinfegergebühren. Laut § 22 Abs. 2 SGB II werden auch notwendige Aufwendungen für Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten übernommen.
Zusammenfassung der Unterstützungsmöglichkeiten bei Betriebskosten
Für Empfänger von Sozialleistungen gibt es verschiedene Möglichkeiten, um Unterstützung bei hohen Betriebskosten zu erhalten. Die wichtigsten Punkte sind:
- Heiz- und Betriebskostennachzahlungen können vom Amt übernommen werden, wenn ein Antrag im Monat der Fälligkeit gestellt wird.
- Nachweise und Begründungen für erhöhte Betriebskosten müssen regelmäßig erbracht werden, insbesondere wenn diese als unangemessen
- Kostensenkungsmaßnahmen können notwendig werden, wenn die Betriebskosten als unangemessen hoch eingestuft werden.
- Betriebskosten beim Eigenheim werden ebenfalls übernommen, sofern das Eigenheim als angemessen gilt.
- Empfänger von Sozialleistungen sollten im Falle einer Ablehnung ihrer Anträge immer eine unabhängige Beratungsstelle aufsuchen, um ihre Rechte zu prüfen und gegebenenfalls den Rechtsweg zu beschreiten.
Musteranträge zur Beantragung von Betriebskostenzuschüssen
Um die Beantragung von Betriebskostenzuschüssen zu erleichtern, stehen verschiedene Musteranträge zur Verfügung. Diese können individuell angepasst und zusammen mit den notwendigen Nachweisen eingereicht werden.
Sollten Anträge abgelehnt werden, ist es ratsam, diese Entscheidung durch eine unabhängige Beratungsstelle prüfen zu lassen. In vielen Fällen gibt es Möglichkeiten, Widerspruch einzulegen und schließlich doch eine Bewilligung zu erreichen. (Hinweis: Siehe auch Tacheles)
- Über den Autor
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Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik und Sportmedizin studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention und im Reha-Sport für Menschen mit Schwerbehinderungen tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht und Gesundheitsprävention. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und Behindertenberatung.