Welche Kosten sollen über den Arbeitslosengeld II (ALG II) Regelsatz beglichen werden
Mit dem ALG II Regelsatz sollen alle alltäglichen Kosten beglichen werden. Der Eckregelsatz für einen Single beträgt bundeseinheitlich 359 EUR pro Monat. Eine prozentuale Aufteilung können Sie hier sehen:
Für den Lebensunterhalt und die Teilhabe sind in den ALG II Regelleistungen prozentual angesetzt:
1. Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren 38,46%
2. Bekleidung und Schuhe 9,9%
3. Wohnung, Wasser, Strom, Gas, Brennstoffe 7,5%
4. Möbel, Haushaltsgroßgeräte, Instandhaltung des Haushalts 8,00 %
5. Gesundheitspflege 3,8%
6. Verkehr (ÖPNV, Fahrrad) 5,7%
7. Nachrichtenübermittlung 6,5%
8. Freizeit, Kultur, Unterhaltung 11,4%
9. Beherbergungs- / Gaststättenleistungen 2,9%
10. Andere Waren und Dienstleistungen 5,8%
11. Bildung 0% (bzw. jährliche Schulbeihilfe 100 Euro)
Die einzelnen Regelsätze in der Übersicht (Stand 2009)
Eckregelsatz = 100% = 359 EUR
Partner = 90% = 323 EUR
Kinder ab 14 Jahren = 80% = 287 EUR
Kinder ab 6 bis einschl. 13 Jahre = 70% = 251EUR
Kinder bis einschl. 5 Jahre = 60% = 215 EUR
Hartz IV Regelsatz erhöhen & Mindestlohn für alle Arbeitsbereiche einführen
Während Union und SPD derzeit keine über den geltenden Anpassungsmechanismus hinausgehende Erhöhung der Regelleistung nach SGB II bzw. des Regelsatzes nach SGB XII anstreben, finden sich in den Wahlprogrammen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE dezidierte Forderungen nach einer Erhöhung auf monatlich 420 € (»sofort« und »auf zunächst«) bzw. 500 € (»in der nächsten Wahlperiode«). Beide Parteien fordern zudem einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn von wenigstens 7,50 € (B `90/DIE GRÜNEN) bzw. 10 € in der nächsten Wahlperiode (DIE LINKE).
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat darüber hinaus eine Änderung der Hinzuverdienstregelung im Blick und strebt mit dem bereits 2006 entwickelten Progressiv-Modell eine (noch) stärkere flächendeckende Subventionierung von niedrigen Arbeitsentgelten an. Hiernach sollen unter Wegfall der heutigen Mini- und Midi-Job-Regelungen die Sozialabgabensätze der Arbeitnehmer und Arbeitgeber für Arbeitsentgelte unterhalb von monatlich 2.000 € stufenlos und linear auf den vollen Satz steigen; zur Subventionierung der Sozialabgabensenkung ist eine Steuernfinanzierung vorgesehen. Für sich alleine führt das Progressiv-Modell infolge der Abgabensenkung nach heutigen Werten zu einer deutlichen Senkung des Schwellen-Brutto (Vergleich Studie Arbeitnehmerkammer, Bedarfsdeckende Bruttoentgelte).
Zusammen mit der Erhöhung des »Hartz-IV«-Satzes und einer reformierten und recht opulenten Hinzuverdienstregelung stiege diese Schwelle jedoch wieder deutlich an und läge am Ende oberhalb der heutigen Werte. Mit einem allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 7,50 € pro Stunde wäre hiernach für den vollzeitnah beschäftigten Single ein Leben jenseits von Hartz IV-Hilfebedürftigkeit jedenfalls nicht möglich; zwischen Schwellen-Brutto und geforderter Mindestlohnhöhe klafft eine deutliche Lücke. – Anders DIE LINKE, hier sind auf der programmatischen Ebene die geforderte Regelleistungshöhe und der anvisierter Mindestlohn weitgehend miteinander kompatibel.
Zudem würde beispielsweise die im Wahlprogramm der Partei DIE LINKE geforderte Nichtanrechnung des Kindergeldes auf den SGB-II-Bedarf zusammen mit einer auf 500 € erhöhten Regelleistung und ansonsten heutigem Recht das Schwellen-Brutto in Haushalten mit Kindern in schwindelerregende Höhen treiben, weil Hilfebedürftigkeit im Ergebnis ausschließlich mit dem Nettoentgelt – also ohne Wohngeld, (anrechnungsfreies) Kindergeld und Kinderzuschlag – überwunden werden müsste; Erwerbstätigenhaushalte mit Kindern hätten somit am Ende fast durchgehend Anspruch auf aufstockende »Hartz-IV«-Leistungen. Der Aufruf: »Weg mit Hartz IV« erschiene in einem völlig neuen Licht und
auch die Forderung nach einem Mindestlohn von 10 € pro Stunde verlöre vor dem Hintergrund der zur Bedarfsdeckung erforderlichen Höhe der Stunden-Entgelte viel von ihrem emanzipatorischen Glanz.
Ohne entsprechende Reformen beim Wohngeld wie auch beim Kinderzuschlag, die darauf ausgerichtet sein müssen, die Bruttoschwellen zur Überwindung von Hilfebedürftigkeit merklich zu senken, dürfte eine so deutliche Erhöhung der Regelleistung – unabhängig von der obligatorischen Finanzierungsfrage – politisch allerdings schwer kommunizierbar bleiben. Wenn selbst ein Durchschnittsentgelt bei Mehrpersonen-Haushalten nicht mehr garantieren kann, den auf diese Weise erhöhten SGB-II Bedarf zu decken, erledigt sich jede politische Debatte um die anvisierten Regelsatzhöhen von selbst. (Quellen, Parteiprogramme, Arbeitnehmerkammer, 27.08.2009)
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