Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe prüft die Hartz IV Regelsätze. Zur Disposition steht vor allem der ALG II Regelsatz für Kinder. Mehrer Sozialgerichte in Deutschland haben bereits den Hartz IV Regelsatz für Kinder als zu niedrig bemessen angesehen
Wie am Mittwoch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mitteilte, werden die Arbeitslosengeld II Regelsätze in einer Verhandlung überprüft. Vor allem stehe der Regelsatz für Kinder zur Disposition. Zahlreiche Sozialgerichte halten den angesetzten Regelsatz vor allem für Kinder als deutlich zu niedrig angesetzt. Das Bundesverfassungsgericht wird nun zunächst überprüfen, ob die Hartz-IV Regelsätze dem Bundesdeutschen Grundgesetz entsprechen bzw. mit diesem vereinbar sind. Allerdings werde das Bundesverfassungsgericht zunächst am 20. Oktober 2009 unter dem Vorsitz von Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier des ersten Senates über die Regelsätze verhandeln.
Drei Vorlagen des Bundessozialgerichtes sowie des Hessischen Landessozialgerichtes sind Gegenstand der Verhandlung. Die Sozialgerichte hatten vor allem die ALG-II-Regelsätze für Kinder als zu niedrig bemessen angesehen. Das Hessische Landessozialgericht bemängelte, das Existenzminimum für Kinder und Jugendliche sei nicht gedeckt. Bei der Bemessung sei zu pauschal gehandelt worden. Die Regelleistungen für Kinder unter 14 Jahren sind beim SGB II auf pauschal 60 Prozent des regulären Hartz-4 Regelsatzes festgelegt worden. Hierbei gebe es keine hinreichende Begründung für diese Einstufung.
Vor dem Bundessozialgericht wurden zwei Klagen von Betroffenen aus Dortmund und dem Landkreis Lindau am Bodensee verhandelt. Die Kläger machten unter anderem Verstöße gegen die Menschenwürde und das Sozialstaatsprinzip geltend. Nachdem Widerspruch und Klage beim Sozialgericht erfolglos waren, legte der 6. Senat des Hessischen Landessozialgerichts dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vor, ob die Höhe der gesetzlichen Regelleistung für die Kläger des Ausgangsverfahrens verfassungsgemäß ist. Der Staat sei verpflichtet, einen am
Existenzminimum orientierten Bedarf zu ermitteln und dessen Deckung zu gewährleisten. Die vom Gesetzgeber – durch Bezugnahme auf das SGB XII und die Regelsatzverordnung (RSV) – übernommene Begründung für die in § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB II bei Kindern im Alter von 0 bis 14 Jahren auf 60 Prozent der Regelleistung für Alleinstehende gemäß § 20 Abs. 2 SGB II, d.h. auf 207,- Euro, festgesetzte Regelleistung sei nicht
tragfähig. Der Gesetzgeber lasse bei der Bemessung der Regelleistung für Kinder deren Betreuungs- und Erziehungsbedarf unberücksichtigt. Dieser gehöre aber nach einem Beschluss des BVerfG (BVerfGE 99, 216, 231 ff.) zum Existenzminimum. Die Gewährung eines zusätzlichen Betrages für Schulkinder in Höhe von 100 Euro pro Schuljahr ab August 2009 (§ 24a SGB II in der Fassung des FamLeistG) behebe die festgestellte Unterdeckung nicht ansatzweise.
Außerdem verstoße die Regelung gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Zwischen älteren und Kleinkindern werde trotz unterschiedlichen
Bedarfs kein Unterschied bei der Höhe der Regelleistung gemacht. Zudem würden gleichaltrige Kinder, deren Eltern Sozialhilfe beziehen, ohne
nachvollziehbare Begründung trotz vergleichbarer Bedürfnisse teilweise besser gestellt. Darüber hinaus verstoße die Regelung gegen das
Diskriminierungsverbot gegenüber Ehe und Familie (Art. 3 Abs. 1 iVm Art. 6 Abs. 1 GG), weil bei der Bemessung der Regelleistung die Gruppe der
Ein-Personen-Haushalte als Referenzgruppe herangezogen worden sei, obwohl deren Einkommens- und Verbrauchsdaten erheblich unter dem Niveau der Familienhaushalte lägen. Das werde auch durch Vorteile gemeinsamen Wirtschaftens nicht ausgeglichen.
Die Urteile des Bundesverfassungsgerichtes werden aller Wahrscheinlichkeit erst drei Monatenach der mündlichen Verhandlung erwartet. Mit einem eindeutigen Urteil ist demnach erst Anfang nächsten Jahres zu rechnen. (19.08.2009)
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