Hartz IV: Tipps zum Ausfüllen des ALG II Antrags

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Sie kommen in die Situation einen ALG II Antrag ausfüllen zu müssen. Die ARGE drängt zur schnellen Abgabe? Lassen Sie sich nicht verunsichern und beachten Sie folgende wichtige Punkte, damit Sie Ihre Rechte behalten!

Alle Arbeitslose erhalten monströse Antragsbögen mit der Aufforderung, diesen frühzeitig einzureichen und an einem festen Termin zum Ausfüllen der Bögen auf dem Amt (ARGE) zu erscheinen. Gleichzeitig melden die Bundesagentur für Arbeit und das zuständige Bundesministerium, die verzögerte Abgabe der Bögen werde zu verzögerter Gewährung von Leistungen führen. Lassen Sie sich nicht verunsichern: Nach § 37 Sozialgesetzbuch (SGB) II entsteht der Alg II-Anspruch am Tag der Antragsstellung, mithin reicht für die Antragsabgabe streng genommen einen Montag. Bedenken Sie: Noch nie konnte eine Behörde dazu zwingen, Monate vor Leistungsbeginn Leistungen zu beantragen, zumal noch wichtige Durchführungsverordnungen zum Alg II fehlen.

Warum sich Zeit lassen beim ALG 2 Antrag?

Im riesigen Antragsformular werden Daten über Sie und ihr Umfeld gesammelt. Diese Fülle von Informationen ist
nicht erforderlich, um den Bezug von erforderlich, um den Bezug von Alg II zu erleichtern. Im Gegenteil – bestimmte Angaben könnten (obwohl unzulässig!), dazu genutzt werden, Leistungen zu verwehren oder abzusenken.

Bei anderen Daten verstößt die erzwungene Preisgabe gegen den Sozialdatenschutz. Nach § 67a Abs.1 SGB X dürfen nur Daten erhoben werden, die zur Leistungsgewährung erforderlich sind. Bedenken Sie außerdem, dass sich in den kommenden Monaten Ihre Einkommens-, Vermögens- und Wohnverhältnisse grundlegend ändern können. Erst nach Antragstellung unterliegen Sie der Mitwirkungspfl icht, das heißt Sie müssen jede Änderung der Behörde bekannt geben.

Warum Sie bei ALG II überlegt vorgehen sollten

In den vergangenen Jahren hat die Politik gezeigt, dass sie keine Skrupel kennt, sogenannte „Angemessenheitsgrenzen“
quasi ‚über Nacht‘ erheblich zu senken. Immer mehr Erwerbslosen werden so Leistungen verweigert. Denken Sie an die Arbeitslosenhilfe und die Verluste in Familien mit Erwerbstätigen durch den dort vorgenommenen Wegfall des Erwerbstätigenfreibetrages (ca. 150 €/Monat) und die 20 %-Senkung des Mindestselbstbehaltes auf 80 % des Sozialhilfesatzes. Denken Sie an das Einschmelzen des Betrages für die Alterssicherung von 520 € auf 200 € pro Lebensjahr! Ca. 400.000 Erwerbslose büßen seither jährlich Leistungen ein. Gerade wenn heute vorgegaukelt wird, beim Alg II gäbe es kein ‚Ausplündern bis zum letzten Hemd‘, droht genau dies. Daher werden im Antragsbogen so umfangreiche Angaben verlangt!

Keine Panik bei Hartz IV!

Es gibt gute Gründe, sich in Ruhe über das Arbeitslosengeld II zu informieren, daraufhin genau seine persönlichen Verhältnisse zu prüfen, abzuwarten welche Angaben datenschutzrechtlich unbedenklich erhoben werden dürfen!
Füllen Sie schließlich den Antrag erst aus, wenn Sie sicher sind, dass sich bis zum Abgabetermin nichts mehr ändert. Wenn die Agentur für Arbeit bereits einen Termin zur Antragstellung genannt hat, vereinbaren Sie einfach einen späteren „günstigeren“ Zeitpunkt. Sollte das nicht möglich sein, gehen Sie hin (es droht Säumnisstrafe). Lassen Sie sich dort beispielsweise über die (angeblich) verbesserten Leistungen zur Eingliederung in Arbeit informieren oder den Erwerbstätigenfreibetrag bei unterschiedlicher Einkommenshöhe ausrechnen. Überlegen Sie danach in Ruhe, ob sie Alg II überhaupt beantragen wollen – doch machen Sie in der Arbeitsagentur keine unüberlegten
Angaben!

Was Sie vor der Hartz IV Antragstellung klären müssen!

• Wenn Sie Arbeitslosengeld beziehen oder in den letzten 18 Monaten bezogen haben, sollten Sie ggf. Wohngeld beantragen. Haben Sie beim Wechsel in das Alg II Anspruch auf den „befristeten Zuschlag“ (§ 24 SGB II), fällt dieser höher aus, wenn Sie Wohngeld bezogen haben.

• Liegt Ihr Vermögen oberhalb der freigestellten Vermögensgrenzen, überlegen Sie gut, wie Sie damit verfahren.
Haushaltsgegenstände sind keine Vermögensgegenstände! Was ist ein „angemessenes“ KFZ? Benötigen Sie noch sinnvolle Anschaffungen, die Ihnen im nächsten Jahr das Leben erleichtern? Prüfen Sie, ob bei Ihrem Vermögen zur Alterssicherung
die frühzeitige Verwertung vor Renteneintritt vertraglich ausgeschlossen werden kann, denn dann gilt dafür ein zusätzlicher Freibetrag.

• Bringen Sie in Erfahrung, wie hoch die „angemessenen“ Unterkunfts- und Heizkosten sowie die maximale Quadratmeteranzahl für ihre Bedarfsgemeinschaft (s. Kasten) sein dürfen. Überlegen Sie genau. ob Sie in einer Wohngemeinschaft (WG) oder in einer eheähnlichen Gemeinschaft wohnen, denn in einer Wohngemeinschaft müssen sie nicht füreinander aufkommen. Schließen Sie ggf. getrennte Miet- bzw. Untermietverträge ab! Oder lösen Sie eine Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten auf, damit diese keinen Unterhalt für Sie leisten müssen.

Was Sie unbedingt bei ALG II wissen sollten

Machen Sie in dem Antragsformular keine falschen Angaben (z.B. bei Vermögen). Die Arbeitsagentur kann zur Überprüfung einen Datenabgleich mit anderen Behörden durchführen. Bei „bewussten“ Falschangaben kann Ihnen die Leistung vorenthalten werden. Sie brauchen im Antrag nur Angaben machen, die zur Überprüfung der Leistungsberechtigung
benötigt werden:

• Zulässig wären Fragen zur „Bedarfsgemeinschaft“. Doch abgefragt wird die „Haushaltsgemeinschaft“. Bei nichtehelichen
Lebenszusammenhängen sind dies völlig unbeteiligte Personen. Deren Arbeits-, Vermögens-, Sozialversicherungs- und Verwandtschaftsverhältnisse, Leistungsbezug in der Vergangenheit gehen niemanden etwas an. Entscheidend ist nur die
aktuelle „Bedürftigkeit“.

• Fragen nach (bürgerlich-rechtlich) unterhaltspfl ichtigen Angehörigen außerhalb der Haushaltsgemeinschaft sind unzulässig, denn diese sind beim Alg II nicht unterhaltspfl ichtig. Dem Gesetz nach werden nur laufende („geltend gemachte“) Unterhaltszahlungen berücksichtigt, außerdem die Unterhaltspflicht der Eltern für Minderjährige und Kinder unter 25 Jahren
ohne Berufsabschluss sowie des Kindesvaters gegenüber Schwangeren oder Alleinerziehenden.

Achtung!
Lassen Sie sich nicht dazu drängen, Unterhaltsansprüche gegenüber Verwandten geltend zu machen. Diese senken ihren Leistungsanspruch.

• Gefordert wird eine Einkommensbescheinigung vom Arbeitgeber. Für den Bundesdatenschutzbeauftragten ein klarer Verstoß gegen den „Ersterhebungsgrundsatz“. Daten sind beim Hartz IV Betroffenen selbst zu erheben; sicherzustellen ist, dass Dritte (z.B. Arbeitgeber oder Banken) keine Kenntnis von personenbezogenen Daten erhalten. Der Verdienst ist auch aus Gehaltsabrechnung oder Kontoauszug zu
ersehen.

• Im Antragsbogen wird zwischen freiwilligen und verpfl ichtenden Angaben nicht unterschieden. Der Datenschutz
verlangt, über den Charakter des Auskunftsersuchens aufzuklären (§ 67a Abs. 3 SGB X).

Es gibt viele gute Gründe, sich gut zu informieren, bevor man diesen Hartz IV Antrag ausfüllt! Brauchen Sie Hilfe, suchen Sie am besten eine unabhängige Beratungsstelle auf! … und besorgen Sie sich die für Sie wichtigen Infoblätter der Kampagne „Vorsicht!Arbeitslosengeld II“, u.a. für Sozialhilfe-, Arbeitslosenhilfe- und Arbeitslosengeld- Bezieher/innen, Alleinerziehende, Familien, Jugendliche und ältere Erwerbslose.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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