Hartz IV: Prozesskostenhilfe oder Sozialverband?

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Hartz IV Bezieher müssen sich zwischen Prozesskostenhilfe und der Rechtsunterstützung eines Sozialverbandes entscheiden: Welcher Weg ist aber sinnvoll?

27.07.2012

Viele Hartz IV-Betroffene sind Mitglied eines Sozialvereins, um auch in gerichtlichen Auseinandersetzungen mit den Jobcentern einen rechtlichen und finanziellen Rückhalt zu erfahren. Seit ersten März diesen Jahres hat beispielsweise der Sozialverband Deutschland e.V. (SoVD) gemäß seiner Leistungsordnung die Kostenbeteiligungen für außergerichtliche und gerichtliche Auseinandersetzungen erhöht. Viele Hartz IV-Betroffene sind Mitglied eines Sozialvereins, um auch in gerichtlichen Auseinandersetzungen mit den Jobcentern einen rechtlichen und finanziellen Rückhalt zu erfahren.

Gemäß seiner Leistungsordnung hat der Sozialverband Deutschland e.V. (SoVD) die Kostenbeteiligungen für außergerichtliche und gerichtliche Auseinandersetzungen erhöht. Diese Kosten fallen zusätzlich zu den regulären Mitgliedsbeiträgen an. Zu beachten gilt, dass nach aktueller Rechtsprechung Arbeitslosengeld II Bezieher zwischen der Inanspruchnahme der Prozesskostenhilfe und der Hilfe des Sozialvereins sich entscheiden müssen. Hartz IV Bezieher müssen nämlich laut einem Urteil des Bundessozialgericht die Prozessvertretung eines Sozialverbandes voll ausschöpfen (Az: B 8 SO 35/09 B), bevor ein Anspruch auf Beihilfe entsteht.

Verschiedene „Leistungen“ wurden durch den SoVD zum Teil deutlich erhöht, was im Falle eines Rechtsstreits für eine weitere finanzielle Belastungen sorgen könnte. Hier eine Übersicht über die aktuellen Kostenbeteiligungen:

Antragsverfahren: 10,00 Euro
Vorverfahren (Widerspruchsverfahren): 50,00 Euro
Klageverfahren 1. Instanz: 100,00 Euro
Wenn bereits das Vorverfahren durch den SoVD geführt wurde: 80,00 Euro
Klageverfahren 2. Instanz: 120,00 Euro
Wenn erstinstanzliches Verfahren bereits durch den SoVD geführt wurde: 90,00 Euro
Nichtzulassungsbeschwerde (NZB): 150,00 Euro
Revisionsverfahren: 160,00 Euro
Wenn NZB vorausging und diese durch den SoVD geführt wurde: 120,00 Euro

Verbandskosten versus Prozesskostenrisiko
Die Abwägung ob nun Hartz IV Bezieher eher die Hilfe des Sozialvereins oder die Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen, ist nicht eindeutig zu beantworten. Wird ein Anwalt im außergerichtlichen Verfahren in Anspruch genommen, muss ein Antrag auf Beratungshilfe bewilligt werden. Im Anschluss muss der Rechtsanwalt bei einem erfolgreichen Widerspruchsverfahren sich die Kosten beim Jobcenter zurückholen. Kommt es zur Klage vor einem Sozialgericht, müssen Arbeitslosengeld II/Sozialhilfe Bezieher die Prozesskostenhilfe bewilligt bekommen. Wird der Prozess gewonnen, muss auch hier der Anwalt die Kosten beim Jobcenter (Antragsgegner) einholen. Ist der Klageerfolg ungewiss, so besteht zum Teil ein hohes Prozesskostenrisiko für den Kläger. Eben jenes Risiko besteht bei der Beanspruchung eines Sozialverbandes nicht.

Alternative: Es existiert kein Anwaltszwang bis in die zweite Sozialgerichtsinstanz. Das bedeutet, der Kläger kann sich bis in die zweite Instanz selbst vertreten. Dieser Weg erscheint aber nur dann sinnvoll, wenn der Kläger selbst oder mit Hilfe einer gut beratenden Erwerbslosen-Initiative genügend Ahnung von der Rechtsmaterie hat. In den meisten Fällen kann aber mit Hilfe von außen mindestens ein Widerspruch ohne Anwaltshilfe eingelegt werden.

Das wichtigste ist also, dass Betroffene an einen Fachanwalt für Sozialrecht geraten, der das Prozesskostenrisiko ehrlich und sachgemäß einschätzt bzw. einschätzen kann. Da dies manches mal nicht der Fall ist, ist es empfehlenswert, sich im Vorfeld ausreichend selbst zu informieren. Unabhängige Beratungsstellen können hier der erste Anlaufpunkt sein, um sich hinreichend über die nächsten Schritte und Aussichten beraten zu lassen. Auch praktikabel sind spezielle Hartz IV-Foren, wobei hier darauf geachtet werden muss, dass im Rahmen eines Online-Forums meist nur ein Erfahrungsaustausch stattfindet und keine verbindlichen Aussagen getroffen werden können.

Zu beachten gilt: Eine Mitgliedschaft in einem Sozialverband verwirkt den Anspruch auf Prozesskostenhilfe (Vergl. Landessozialgericht Bayern, AZ: L 7 AS 532/10 B PKH). (sb)

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Bild: Alfred Kroll, Pixelio