Hartz IV: Kinder dürfen Omas Geschenk behalten

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Hartz IV Urteil: Kinder dürfen Omas Geschenk behalten

23.08.2011

Nach fünf Jahren Rechtsstreit hat heute das Bundessozialgericht in Kassel entschieden: Die Geldgeschenke der Großmutter dürfen Kinder einer ehemaligen Hartz-IV Bezieherin behalten. Doch ein Grundsatzurteil war die Entscheidung der obersten Sozialrichter nicht. Vielmehr ein Hinweis darauf, dass sich das Jobcenter unerlaubte Formfehler erlaubt hatte.

Wir erinnern uns: Eine Oma überwies ihren Enkelkindern jeweils zu Geburtstagen und Weihnachten Geld auf das Konto der Kindesmutter. Der Zweck der Gelder war nicht bestimmt, denn es waren Geschenke zu besonderen Anlässen und die Kinder sollten damit anfangen, was sie wollten. Doch das zuständige Jobcenter hatte kein Erbarmen und sah darin ein sonstiges Einkommen, dass an die Hartz IV Regelleistungen anzurechnen sei. Daraufhin forderte der Leistungsträger gezahlte Sozialleistungen in Höhe von 510 Euro zurück. Lediglich 60 Euro der insgesamt 570 Euro sollten anrechnungsfrei bleiben.

Daraufhin klagte sich die Familie durch alle Instanzen. Zunächst hatte das Sozialgericht geurteilt, dass die Familie 250 Euro behalten dürfe. Damit gab sich der Leistungsträger nicht zufrieden und legte Berufung beim Landessozialgericht Sachsen ein. Hier hieß nun das Urteil, das Jobcenter habe Recht, weil das Geld nicht zweckbestimmt sei. Demnach sei der Bescheid des Jobcenters rechtens.

Die obersten Richter am Bundessozialgericht gaben nun aber den Klägern Recht. Doch ein Grundsatzurteil ist das freilich nicht. Das Jobcenter hatte seine Rückforderungsbescheide während der Verhandlung aufheben müssen, nachdem das Gericht auf Formfehler hinwies. Der Leistungsträger hatte in seinen Bescheiden nicht explizit aufgeführt, von welchem Kind der Familie welcher Betrag genau abgezogen wird. Fordert eine Behörde Geld aufgrund zu viel gezahlter Leistungen zurück, müsste jede Position einzeln gelistet werden. Zusätzlich bemängelten die Richter, dass die Omas das Geld für die Kinder im November und Dezember 2006 sowie Januar 2007 überwiesen hatte, das Jobcenter aber die Rückzahlung für die Monate Dezember 2006 sowie Januar und Februar 2007 verlangte. Nach Angaben eines Richters hätten eine „Reihe von formellen Mängeln“ in dem Bescheid vorgelegen. Nach dieser Peinlichkeit vor Gericht musste das Jobcenter den Bescheid zurücknehmen.

Zwar gebe es kein Urteil, wie die Sozialfachanwältin der Kläger abschließend sagte, aber „die Familie hat gewonnen“. Der Vertreter des Jobcenters Leipzig sagte, die Klage sei an Formalien gescheitert. „Der Grundsatz der Individualisierung wurde verletzt.“ Für die Familie ist die Sache nun abgeschlossen. Eine erneuten Bescheid oder Klage haben sie nicht zu befürchten (Aktenzeichen, Bundessozialgericht: B 14 AS 74/10 R).

Zum Abschluss verwies das Gericht auf eine geänderte Rechtslage, die seit dem 1. April 2011 gültig ist. Dort heißt es im Paragrafen 11a (5) des SGB II: Ein Nicht zu berücksichtigendes Einkommen sind : „Zuwendungen, die ein anderer erbringt, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit 1. ihre Berücksichtigung für die Leistungsberechtigten grob unbillig wäre oder 2. sie die Lage der Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären.“ Die Bundesrichter erwarten aufgrund der neuen Hartz IV Gesetzeslage erneute Klagen, die ähnlich gelagert sind. „Wir warten nun auf die Geldgeschenke nach dem neuen Gesetz“, sagte der Vorsitzende Richter. (sb)

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Bild: Rainer Sturm / pixelio.de

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