Jobcenter kann junge Mutter nicht zwingen, das Kind in die Kindertagesstätte zu geben
16.04.2013
Das Sozialgericht Dresden entschied in einem neuerlichen Urteil, dass Leistungsträger Hartz IV Leistungen nicht mit dem Argument ablehnen dürfen, die Klägerin (hier eine Studentin) könne ihr Kind in einer Krippe betreuen lassen und somit weiter studieren. Eine solche Auffassung verstoße gegen die Verfassung, so das Gericht. (AZ: S 20 AS 1118/13 ER)
Beurlaubte Studenten mit Hartz IV-Anspruch
Im konkreten Fall studiert eine 32Jährige junge Mutter in Dresden. Die Klägerin ist eine alleinerziehende Mutter von zwei Kindern. Ein Kind ist sechs Jahre alt und das Zweite ein Jahr und sieben Monate. Damit sie die Kindesbetreuung ihres zweiten Kindes übernehmen konnte, setzte die Frau das Studium aus und ließ sich offiziell beurlauben. Weil während der Zeit der Beurlaubung kein Anspruch auf Befög besteht, beantragte die Frau für sich und ihre Kinder Hartz IV bzw. Sozialhilfe-Leistungen. Die Klägerin fasste den Entschluss ihr Kind bis zum zweiten Lebensjahr selbst zu betreuen und erst ab da an eine Kindertagesstätte zu beauftragen.
Einen Antrag auf Arbeitslosengeld II-Leistungen lehnte das zuständige Jobcenter ab. Die Behörde vertrat die Rechtsauffassung, dass die Antragstellerin nach dem ersten Geburtstag des Kindes wieder die Studienzeit aufnehme könne. Die Betreuung des Kindes sollte dann eine Kindertagesstätte übernehmen. Für die Dauer des Studiums könne die Klägerin wieder BaföG erhalten.
Hiergegen legte der Anwalt des Klägerin einen Eilantrag beim Sozialgericht Dresden ein. Diesem Antrag gab das Gericht statt. Laut Rechtsprechung des Bundessozialgerichts können Studienten Hartz IV-Leistungen beziehen, wenn sie vom Studium beurlaubt sind und während dieser Zeit auch nichts fürs Studium tun (z.B. Hausarbeiten schreiben etc..). Eine solche Situation liege bei der Antragstellerin vor. Auch besuche sie keine Lehrveranstaltungen oder bereite sich auf Klausuren vor.
Hinweis des Jobcenters verfassungswidrig
Der Hinweis des Jobcenters sei zudem rechts- und verfassungswidrig. Das Grundgesetz schütze die Eltern in ihren Entscheidungen. Sie können selbst entscheiden, wann sie ihre Kinder in die Kita geben. Auch können bei Personen des SGB II Rechtskreises nicht verlangt werden, sich innerhalb der ersten drei Lebensjahre des Kindes eine Arbeitsstelle zu suchen. Hier sei das Recht anwendbar auf die klagende Studentin, so das Sozialgericht. Gegen den Beschluss wurde jedoch eine Beschwerde beim Landessozialgericht Chemnitz eröffnet. (sb)
Bild: Kurt F. Domnik / pixelio.de
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