Eingliederungsverträge oft ungenau und fehlerhaft
Jobcenter schließen mit Hartz IV Beziehenden eine sogenannte Eingliederungsvereinbarung. In dieser werden Vermittlungsbemühungen von Seiten der Leistungsbezieher und dem Jobcenter in einem Gespräch vor Ort vereinbart und danach unterzeichnet. Bei einer stichprobenartigen Überprüfung des Bundesrechnungshofes kam zutage, dass fast jede zweite Eingliederungsvereinbarung rechtswidrig, ungültig oder fehlerhaft ist. Schon die Bundesagentur für Arbeit hatte bei einer internen Revision 2014 erhebliche Mängel festgestellt. Seit dem hat sich offenbar nichts getan.
Bei der aktuellen Prüfung wurden von Seiten der Bundesagentur für Arbeit Daten von rund 4,8 Millionen Leistungsbeziehern zur Verfügung gestellt. Insgesamt prüfte der Bundesrechnungshof 625 Eingliederungsvereinbarungen von 212 Jobcentern. Das Ergebnis: Gut jede zweite Vereinbarung war ungültig oder fehlerhaft.
Auf Verdacht versendete Eingliederungsvereinbarung
In 10 Prozent der überprüften Fälle wurde eine auf Verdacht und per Post versandte Eingliederungsvereinbarung durch das Jobcenter verschickt, die dann die Leistungsberechtigten unterschreiben sollten. Das ist verboten und rechtswidrig. In rund 25 Prozent der Fällen lag kein gültiger Vertrag vor. Jede dritte Vereinbarung (35 Prozent) war fehlerhaft, zu unkonkretisiert oder unvollständig. Oft war nicht erkennbar, welche Hilfe eigentlich das Jobcenter bietet. Demnach war oftmals zu lesen: „Dass Jobcenter steht Ihnen beratend zur Seite“. Daraus lässt sich jedoch nicht erkennen, welche individuellen Hilfen durch das Jobcenter geleistet werden.
Bei Bedarf melden
Nach Angaben der Rechnungsprüfer war bei einer hohen Anzahl der Vereinbarungen nicht das Prinzip des “Förderns” zu erkennen. Lediglich das “Fordern” war beschrieben, aber teilweise auch sehr ungenau. In Zahlen: In 183 von 443 Stichproben waren die Angaben des Förderns zu ungenau. Als Beispiel nannten die Prüfer: „Bei Bedarf können Sie sich beim Jobcenter melden“.
Der Bundesrechnungshof beanstandete aber auch die unvollständige Überprüfung der eingehaltenen Pflichten der Hartz IV Leistungsbezieher. So machten sie darauf aufmerksam, dass „die Nachhaltung dieser Pflichten auch wesentlich dafür, einen sanktionsbewehrten Sachverhalt zu erkennen und eine Sanktion durchzusetzen ist.“ Das kam in 60 von 443 Stichproben vor.
Kaum Individualisierung und Aktualisierung
Insgesamt wies der Bundesrechnungshof darauf hin, dass eine Individualisierung und Aktualisierung der Eingliederungsvereinbarungen durch die Jobcenter zu wenig stattfinde. Denn diese muss mit jedem Hartz IV Beziehenden zeitnah passgenau und individuell abgeschlossen sein. Dazu müssen persönliche Merkmale, berufliche Fähigkeiten und die Eignung des Leistungsberechtigten festgehalten werden.
Es muss erfasst sein, wie das Jobcenter eine Ausbildung, Weiterbildung oder die Vermittlung in Arbeit realisieren und unterstützen will. Gleichzeit sollte erfasst sein, welche Pflichten dabei der Hilfesuchende gewährleistet. Festgehalten werden auch Leistungen anderer Hilfen wie der Schuldnerberatung. Im SGB II ist verankert, dass die Eingliederungsvereinbarungen in regelmäßigen Abständen gemeinsam überprüft und bei Änderungen Verträge geändert werden.
Überhaupt ein sinnvolles Instrument?
„In Anbetracht der seit Jahren bestehenden Umsetzungsdefizite sollte das Bundesministerium das Instrument der Eingliederungsvereinbarung grundsätzlich überdenken“, heißt es daher in dem Prüfbericht. Denn bereits 2014 stellte die Bundesagentur für Arbeit (BA) bei einer ähnlichen Prüfung gravierende Fehler fest. Damals stellte die BA in Aussicht, dass die Jobcenter-Mitarbeiter mit konkreten Weisungen und Hilfen geschult werden. Der Rechnungshof sieht jedoch keine Veränderung: „Die von der Bundesagentur in vorherigen Prüfungen zugesagten Maßnahmen zur Verbesserung der Abschlussquote und der Qualität von Eingliederungsvereinbarungen, (…), haben die Mängel bislang nicht verhindert oder verringert“.
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