Urteil: Bei Geldstrafen gegen Hartz IV-Bezieher müssen 70 Prozent des Regelsatzes als unerlässliches Existenzminimum unangetastet bleiben
Das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig hat in seinem Urteil vom 19. Mai 2014 (Aktenzeichen: 1 Ss 18/14) klargestellt, dass zur Ermittlung der Tagessatzhöhe bei Geldstrafen gegen Hartz IV-Bezieher nicht nur der Regelsatz als Nettoeinkommen zählt, sondern auch die Leistungen für Unterkunft und Heizung mit berücksichtigt werden.
Tagessatzhöhe bei Geldstrafen wird bei Hartz IV-Beziehern nicht von vornherein herabgesetzt
Bei der Festsetzung von Tagessätzen bei Geldstrafen ist das Nettoeinkommen maßgebend. Im Fall von Hartz IV-Beziehern zählt dabei gemäß § 40 Abs. 2 S 2 StGB nicht nur der Regelsatz als Nettoeinkommen, sondern auch die Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Bei der Bemessung der Geldstrafe müssen für den Leistungsberechtigten jedoch 70 Prozent des Regelbedarfs als unerlässliches Existenzminimum verbleiben.
Wie das OLG entschied, ist der Tagessatz aber nicht allein aufgrund der Tatsache, dass ein Angeklagter Leistungen nach SGB II bezieht, herabzusetzen. Denn der Hartz IV-Regelbedarf beinhalte nicht nur Leistungen, die ausschließlich das physische Existenzminimum deckten, sondern auch Bedarfe, die zu 30 Prozent das soziokulturelle Existenzminimum sicherten, auf das im Interesse des Gemeinwohls gegebenenfalls zugegriffen werden könne.
Im konkreten Fall bewertete das OLG eine mit 15 Euro festgesetzte Tagessatzhöhe als nicht zu beanstanden, da die Vorinstanz, das Amtsgericht, ohne Rechtsfehler zu begehen vom Nettoeinkommen des Angeklagten ausgegangen war. Die wurde mit 450 Euro angesetzt. In diesem Betrag sind die Leistungen nach SGB II in Höhe von 345 Euro (im Jahr 2013, ab Januar 2014: 353 Euro) enthalten. Dies entspricht der Leistung, die Sozialleistungsbeziehern zustehen, die mit einem weiteren, volljährigen Partner eine Bedarfsgemeinschaft bilden. Hinzukommen die Bedarfe für Miete und Heizung, die das Amtsgericht zwar nicht konkret bezifferte, aber gemeinsam mit dem Regelbedarf mindestens 450 Euro ergeben. (ag)
Bild: Thorben Wengert / pixelio.de
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