Rechtswidrige Mahngebühren: Jahrelang mussten Arbeitslosengeld II Bezieher rechtswidrig Mahngebühren an die Bundesagentur für Arbeit, wie das Bundessozialgericht in Kassel aktuell urteilte
27.05.2011
Hartz-IV Bezieher zahlten über Jahre hinweg rechtswidrige Mahngebühren an die Bundesagentur für Arbeit (BA) in Nürnberg. Das urteilte aktuell das Bundessozialgericht in Kassel mit dem Aktenzeichen: AZ: B 14 AS 54/10 R. Konkret geht es hierbei um Mahngebühren bei zu viel gezahlten Hartz IV-Leistungen, wenn Betroffene das Geld nicht in dem von der BA vorgegeben Zeitraum zurückzahlen. In rund 95 Prozent aller Fälle beauftragten die Jobcenter die BA, die Forderungen einzutreiben. Kamen Schuldner dem nur unvollständig, verspätet oder überhaupt nicht nach, so wurden Mahngebühren erhoben.
Dieser rechtswidrigen Praxis schob das Bundessozialgericht nun einen Riegel vor. Laut der obersten Sozialrichter gibt es hierfür nämlich keine gesetzliche Grundlage. Die Bundesagentur für Arbeit agierte völlig rechtswidrig. Demnach können Betroffene, die bereits solche Mahngebühren zahlen mussten, das Geld von der Bundesagentur zurück verlangen. Allerdings ließ das Gericht offen, ob die Erhebung von Mahngebühren auch nach der Reform 2011 rechtswidrig ist.
BA verschickte Anschreiben mit Mahngebühren
Im verhandelten Fall hatte sich ein Mann aus Leipzig gegen die Erhebung der Mahngebühren gewehrt. Der Kläger hatte zwischen 2005 und 2007 aufstockende Hartz-IV Leistungen zusätzlich zu seiner selbstständigen Tätigkeit erhalten. In einer nachträglichen Prüfung wurde festgestellt, dass der Mann in den Jahren 5886,25 Euro zu viel erhalten hat. Diesen Betrag sollte der Kläger in einer vorgegebenen Frist wieder zurück überweisen. Als der Kläger nicht auf das Anschreiben reagierte, wurde eine Mahngebühr von 29,70 Euro erhoben.
Die Richter sehen in diesem Vorgehen ein rechtswidriges Handeln, weil auch das Mahnschreiben als ein Verwaltungsakt angesehen werden muss, gegen den Bezieher von Sozialleistungen Widerspruch einlegen können. Zudem war die Bundesagentur für die Eintreibung der zu viel gezahlten Leistungen „in der Sache nicht zuständig“, wie der vorsitzende Richter betonte. Vielmehr hätten die Jobcenter den Verwaltungsakt einleiten müssen. Dies gelte zu mindestens bis zu den Neuregelungen im April 2011.
Wer also aufgrund zu viel gezahlter Hartz IV Leistungen bereits Mahngebühren begleichen musste, kann die Gebühren unter Nennung des Urteils und Aktenzeichen von der BA zurück verlangen. (sb)
Lesen Sie auch:
Unterhaltspflicht auch bei Hartz IV Bezug
Hartz IV: Bei Erbschaft kein ALG II
Hartz IV: Keine teuren 0180 Nummern wählen
- Über den Autor
- Letzte Beiträge des Autors