Anspruchsverzicht aus Angst vor Hartz IV von Berthold Bronisz
03.07.2013
Nach einer aktuellen Berechnung des IAB, -Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung-, verzichten zwischen 3,1 und 4,9 Millionen Menschen trotz Leistungsanspruch auf staatliche Unterstützung nach Hartz IV. Als Grund wird Scham, Unwissenheit, aber auch eine voraussichtlich kurze Leistungsdauer genannt.
Tatsächlich dürfte Scham und Angst ein sehr großer Faktor sein, denn die nicht seltene, entwürdigende Praxis der Jobcenter ist weithin bekannt. Um sich nicht diesen würdelosen Praktiken auszusetzen wird auf die Antragsstellung verzichtet. So meinte auch die Vorsitzende der Partei DIE LINKE., Katja Kipping, im Berliner Tagesspiegel: "Angesichts der entwürdigenden Prozeduren auf den Jobcentern ist es kein Wunder, dass Millionen auf Leistungen verzichten. Die Abschreckung durch Diskriminierung spart dem Staat pro Jahr mindestens 20 Milliarden Euro." Katja Kipping forderte eine sanktionsfreie und bedarfsdeckende Mindestsicherung an Stelle von Hartz IV.
Wenn, wie das IAB berechnete, so viele Menschen auf staatliche Leistungen nach Hartz IV verzichten, ist es auch eine logische Konsequenz, dass die derzeit gültigen Regelsätze falsch sind. Dies sieht auch Martin Behrsing, Sprecher des Erwerbslosen Forum Deutschland so und schreibt in einer Presseerklärung: "Demnach ist die Berechnung der Hartz IV-Regelsätze falsch, weil nach wie vor die verdeckte Armut nicht herausgerechnet wurde. Damit wird erneut deutlich, dass Hartz IV menschenunwürdig ist." Außerdem wies er darauf hin, dass die Jobcenter aktiv daran mitwirken Leistungsanträge ganz zu verhindern, bzw. Menschen aus dem Leistungsbezug zu drängen. Eine Befürchtung, auf die auch hier bereits schon hingewiesen wurde. So nannte Martin Behrsing als Beispiel den Vorstandsbrief der Bundesagentur für Arbeit zur "Planung und Steuerung der gemeinsamen Einrichtungen der Grundsicherung" für das Jahr 2013. Darin, so Martin Behrsing, heißt es im Vorwort: "Der Erfolg unserer Anstrengungen wird in den nächsten Jahren noch mehr am Abbau des Langzeitleistungsbezugs gemessen." Damit ist also eigentlich klar, dass nicht der Abbau der Arbeitslosigkeit das Ziel ist, sondern der Abbau des Leistungsbezuges. Um jeden Preis.
Tatsächlich, so die Erfahrungen vieler betroffener Menschen, werden Leistungen ganz versagt, weil man angeblich seinen Mitwirkungen nicht nachgekommen sei. Ganz gerne lässt man auch Unterlagen verschwinden, sogar dann, wenn der Erhalt bestätigt wurde. (Berthold Bronisz)
Bild: Sokaeiko / pixelio.de
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