Hartz IV: 2-Jahres- Wegsperr-Verträge

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Wir sind doch nicht jäck – wir lassen uns nicht in die Statistik abschieben
Unter dem Motto: "Wir sind doch nicht jäck – wir lassen uns nicht in die Statistik abschieben" solidarisieren sich am Mittwoch einige Mitglieder der "Hartz4-Plattform" mit 80-100 in 2-jähriges, zielloses Bewerbungen-Schreiben abgeschobenen Arbeitslosen. Der Wiesbadener Verein zur Unterstützung von Hartz IV-Betroffenen protestiert mit dieser Aktion gleichzeitig dagegen, dass auf diese Weise Menschen aus der Arbeitslosen-Statistik raus genommen werden und damit ein scheinbares Absinken der Arbeitslosigkeit vorgetäuscht wird, das tatsächlich gar nicht stattfindet.

"Wir protestieren ebenfalls dagegen, dass die Wiesbadener Sozialbehörde zumindest in diesem Falle das private Coaching-Unternehmen nicht ausreichend geprüft hat", erklärt Brigitte Vallenthin, Hartz4-Plattform-Vorsitzende. Bei einem Besuch fanden Mitglieder der Hartz4-Plattform unzumutbare Zustände und Arbeitsbedingungen vor. “Wie in Käfighaltung sitzen die Menschen so eng gedrängt nebeneinander, dass sie sich kaum bewegen und noch nicht einmal Arbeitsmaterial neben ihre Computertastaturen legen können”, ergänzt Ralf Lütgens, stellvertretender Vorsitzender. Auf billigst an die Wände gehauenen Brettern stehen die Computer dicht an dicht – 100 insgesamt auf vier Räume und zwei Stockwerke verteilt. Außer der Leiterin, Elke Lässig, gibt es kein einziges qualifiziertes Fachpersonal in dieser von der Stadt Wiesbaden unterstützten "Maßnahme". Die startete im Oktober 2006 gänzlich ohne die versprochenen Gruppen-Coaches. Einzig die Institutsleiterin verfügt nach eigenen Angaben über arbeitspsychologische Ausbildung und Erfahrung. Entsprechende anerkannte Abschluss-Examina konnte sie auf Anfrage jedoch nicht bestätigen. Die sog. Coaches, einer je Gruppe von 20-25 Langzeitarbeitslosen, hat sie erst nach dem Start der Maßnahme aus dem ihr vom Amt für Soziale Arbeit vermittelten Arbeitslosen-Pool an sich selbst vermittelt. Diese verfügen jedoch über keinerlei entsprechende Ausbildung oder Berufserfahrung und werden jetzt erst nachträglich – während sie in Wiesbaden bereits “tätig” sind – an Wochenenden im Münchner Mutter-Institut in die Arbeit eingewiesen. So genannte Zusatzangebote wie Englisch, Computer etc. werden ohne jedes didaktische Konzept laienhaft von den Teilnehmern organisiert. Auf Rückfrage der Hartz4-Plattform konnte weder ein inhaltliches noch ein didaktisches Konzept der Maßnahme belegt werden. Derweil steht die Leiterin auch ihren Coaching-”Azubies” selten unterstützend zur Verfügung. Sie ist viel unterwegs, organisiert bereits eine Filiale in Biebrich und schmiedet Pläne, ihre "erfolgreiche" Dienstleistung auch für Schüler und Studenten anzubieten.

Der Hartz4-Plattform-Vorstand ist nach Besichtigung und Informationsgespräch in der zweiten Februar-Woche erschrocken über den ungepflegten und unzureichenden Zustand der Räumlichkeiten. Die Räume sind nicht einmal vollständig renoviert, der Teppichboden ist fleckig und die Bestuhlung ist so minderwertig, dass zahlreiche Teilnehmer, wie berichtet, schon nach kurzer Zeit Rückenprobleme bekommen haben. Es gibt keinen Pausenraum. Die Teilnehmer selber haben sich erst eine Küchenzeile eingebaut, um einen Platz für Pausen zu haben. Nicht einmal Kaffeetassen stehen für die Pausen zur Verfügung. Aus Teilnehmerkreisen wurde darüber hinaus berichtet, dass noch nicht einmal die Sanitären Anlagen ordentlich gereinigt wurden – immerhin für 80-100 Menschen, 8 Stunden täglich – und sie aufgefordert worden seien, die Toiletten selber zu putzen. (veröffentl. 22.02.07)

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