Hartz IV: Landkreistag fordert Entschärfung von Hartz IV-Sanktionen

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Vor allem die Forderungen, dass alle Hartz IV-Bezieher gleich behandelt werden müssen und junge Hartz IV-Bezieher nicht schärfer sanktioniert werden dürfen, als ältere Hartz IV-Bezieher, werden immer lauter.

Mehr Sanktionen bei unter 25-Jährigen

Die Debatte über eine Reform der Grundsicherung wird nach aktuellem Stand auch im neuen Jahr in eine weitere Runde gehen. Immer mehr Fachleute und auch Politiker kritisieren derzeit die Tatsache, dass Sanktionen bei Leistungsbeziehern unter 25 Jahren gesondert verhängt werden. Die unter 25-Jährigen werden nämlich nachweislich häufiger und auch stärker sanktioniert. Nicht selten verlangt man von ihnen, alle zwei Wochen beim zuständigen Jobcenter vorstellig zu werden. Verpassen sie einen der Termine, werden sie direkt sanktioniert. Eine Studie belegt, dass junge Hartz IV-Bezieher viermal so oft den Kontakt zum Jobcenter abgebrochen haben, wenn sie sanktioniert wurden. Die Folgen können wachsende Schulden, aber auch Mangelernährung, Obdachlosigkeit oder sogar Kleinkriminalität sein. Die Forderung ist daher, alle Hartz IV-Bezieher gleich zu behandeln.

Landkreistag fordert keine Sonderregelungen

In diese Gruppe der Kritiker reihte sich am vergangenen Donnerstag nun auch der Landkreistag ein. Der Verbandspräsident, Reinhard Sager, vertritt die Auffassung, dass es auch weiterhin ein Instrument geben muss, um Hartz IV-Bezieher zu bestrafen, wenn sie zum Beispiel Termine versäumen, aber es sei nicht nötig bei den unter 25-Jährigen von Sonderregelungen Gebrauch zu machen. Auch der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil meldete sich in der Vergangenheit zu Wort. Er fordert ebenfalls eine Lockerung diesbezüglich und wirft zusätzlich ein, dass die Sanktionierung des Wohngeldes scharf zu kritisieren sei. Die überzogenen Sanktionen, die in der Praxis nachweislich nicht wirken, aber viele verunsichern, müssen weg. Natürlich müsse man dennoch an den Mitwirkungspflichten festhalten. Nur zwei Beispiele dafür, dass Besserung sowohl gelobt als auch gefordert wird, aber keine Umsetzung folgt. Das Jobcenter soll seine Machtrolle stets behalten, um Hartz IV-Bezieher auch weiterhin unterdrücken zu können.

Sanktionen bedeuten Unterdrückung

Die Bundesagentur für Arbeit mischt sich ebenfalls mit ein und gibt an, dass von Sanktionen doch nur ein geringer Teil der Hartz IV-Bezieher betroffen sei. Abgesehen davon, dass die Bundesagentur für Arbeit Zahlen schöner redet, als sie sind, geht es nicht einzig und allein um die Anzahl der Betroffenen. Vielmehr geht es um das Gefühl, mit dem alle Hartz IV-Bezieher leben müssen. Schließlich kann jeder von einer möglichen Sanktion betroffen sein, die ihn schnell unter das Existenzminimum wirft und im schlimmsten Fall auch in die Obdachlosigkeit. Sie müssen permanente Angst davor haben, dass ihnen das sowieso schon geringe Einkommen gekürzt wird, wenn sie den Forderungen des Jobcenters nicht Folge leisten. Das kann ein versäumter Termin sein, aber auch die Verweigerung eines Jobs, den man ihnen aufzwängen will. Das Jobcenter braucht sein Machtinstrument und setzt Hartz IV-Bezieher damit unter Druck. Wann kommt bei den Zuständigen endlich die Einsicht, dass Sanktionen der falsche Weg sind? Man muss weg von dem Gedanken, dass Hartz IV-Bezieher nicht arbeiten wollen. Viele Betroffene würden lieber arbeiten, als zu Haus zu sitzen, aber die Menschen müssen davor bewahrt werden, dass sie jede Arbeit, egal zu welchem Lohn annehmen müssen. Damit drängt man Menschen in Jobs, die sie unglücklich machen und in denen sie viel zu wenig verdienen.

Diskussion am 15. Januar 2019 vorm Bundesverfassungsgericht

Immer wieder geloben die Zuständigen Verbesserung und fordern Veränderungen, aber übrig bleibt leeres Gerede. Einen neuen Impuls soll die Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe am 15. Januar 2019 geben. Dort soll darüber entschieden werden, ob die Grundsicherung, die das Existenzminimum für Betroffene darstellt überhaupt gekürzt werden darf. Die Frage, ob es legitim ist, Menschen mittels Sanktionen noch unter das Niveau des Existenzminimums zu drängen, sollte schon seit langem mit einem klaren Nein beantwortet sein. Hartz IV, so steht es im Sozialgesetzbuch II, soll dem Menschen ein Leben im Einklang mit der Würde ermöglichen. Die Zuständigen sollten sich darüber Gedanken machen, wie das möglich sein soll, wenn Hartz IV-Beziehern noch weniger als der Regelsatz bleibt. So lange es Hartz IV gibt, wird man vermutlich dennoch auf das Instrument der Erpressung, also Sanktionen, bestehen.