Die Jobbรถrse der Bundesagentur fรผr Arbeit gehรถrt zu den grรถรten Jobportalen Deutschlands. Das Jobcenter verweist Arbeitslose und Arbeitssuchende nur allzu gerne auf die dort gelisteten Stellenangebote. Wie SWR-Reporter kรผrzlich aufdeckten, sind sie auf dieser Plattform allerdings schutzlos kriminellen Datenhรคndlern ausgesetzt. Denn tausende Stellen werden nur geschaltet, um Daten zu erhalten und weiterverkaufen zu kรถnnen.
Datensammler missbrauchen Jobbรถrse
SWR-Reporter deckten kรผrzlichen einen Datenschutzskandal von erheblichem Ausmaร auf. Die Plattform: Die Jobbรถrse der Bundesagentur fรผr Arbeit. Auf den ersten Blick sind es nur harmlose Jobangebote fรผr alle Branchen in ganz Deutschland. Allerdings werden viele von ihnen von sogenannten Datensammlern eingestellt. Viele der Jobs gibt es nicht. Was fรผr sie zรคhlt, sind die Daten der Bewerber. Diese werden weiterverkauft. Hauptabnehmer sind Zeitarbeitsfirmen. Wรคhrend ihrer Recherche fiel den Reportern vor allem ein Berliner Unternehmen mit dem Leiter Johann S. auf. Dieses inseriert รผber mehrere Firmen tรคglich um die 3.000 Jobangebote auf dem Portal.
Lebenslauf und Zeugnis genรผgen
Alle von dem Unternehmen stammenden Stellenausschreibungen sind sehr allgemein gehalten. Die Anforderungen gering. Nicht mal ein Anschreiben ist nรถtig. Lediglich der Lebenslauf sowie das Zeugnis sollen an eine E-Mail-Adresse verschickt werden. Per Telefon ist wรคhrend der wochenlangen Recherche unter der angegeben Nummer niemand erreichbar. Auf Nachfragen per Mail folgt eine standardisierte Antwort.
3 โฌ fรผr Datensatz
Die SWR-Reporter gaben sich zunรคchst als Bewerber aus. Sie verschickten mehrere Testbewerbungen an ihnen verdรคchtig erscheinende Firmen. Kurz darauf meldete sich ein Unternehmen aus Stuttgart. Allerdings wurde an dieses nie eine Bewerbung versandt. Die Daten sind ganz offensichtlich weitergegeben worden. Die Firma teilte auf Nachfrage mit, dass sie die Daten von Johann S. erhalten habe. In ihrem nรคchsten Versuch gaben sich die Reporter als Arbeitgeber aus. Bereits am Telefon wurden ihnen vollstรคndige Bewerbungsmappen zum Kauf angeboten. Rund drei Euro soll ein Datensatz kosten. Alternativ kรถnne man aber auch eine Flatrate in Anspruch nehmen. Mit dieser habe man Zugriff auf beliebig viele Daten im Monat. Weiter heiรt es in dem Gesprรคch, dass die Firma monatlich etwa 3.000 bis 5.000 Datensรคtze von Bewerbern generieren kรถnne. Auf diese kรถnne man dann problemlos zugreifen.
BA sieht keine Mitschuld
Die Reporter schlieรen einen solchen Vertrag ab. Mehrmals tรคglich erhalten sie daraufhin vollstรคndige Bewerberunterlagen, ohne รผberhaupt eine Stelle ausgeschrieben zu haben. Ohne รผberhaupt ein Unternehmen zu besitzen. Die SWR-Reporter kontaktierten die ihnen zugespielten Bewerber und informierten sie รผber den Umgang mit ihren Daten. Diese reagierten verstรคndlicherweise schockiert. Die Bundesagentur fรผr Arbeit hielt es nicht fรผr nรถtig sie zu informieren. Allerdings wรผrde sie bei dem Ausmaร an Angeboten nicht ausschlieรen, dass Jobs teilweise gefรคlscht sind. Johann S. streitet jegliche Vorwรผrfe ab. Auch fรผr eine Stellungnahme ist er nicht bereit.
Arbeitsmarktexperte kritisiert Bundesagentur
Der Arbeitsmarktexperte, Stefan Sell, wirft der Bundesagentur mangelnde Kontrolle vor. Dieses sehe nur ihren Nutzen, indem mรถglichst viele Stellenangebote auf ihrem Portal eingestellt werden. Bewerberdaten mรผssen besonders sensibel beschรผtzt werden. Hinzu kommt, dass Datenhรคndler die Plattform nicht zum ersten Mal missbrauchen. Auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten, Jessica Tatti, im vergangenen Jahr, sah die Bundesregierung allerdings keinen Handlungsbedarf. Verstรคndlicherweise reagiert Tatti auf die derzeitige Enthรผllung schockiert. Sowohl die Bundesagentur fรผr Arbeit wie auch der Arbeitsminister dรผrfen den Datenschutz der Arbeitssuchenden ihrer Ansicht nach nicht lรคnger auf die leichte Schulter nehmen. Das Jobcenter zwingt Hartz IV-Bezieher in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur fรผr Arbeit sich รผber die Jobbรถrse zu bewerben, aber schรผtzt deren Daten nicht.
Betroffene mรผssen informiert werden
Der Arbeitsmarktexperte spricht von einem offen gelegten Skandal, dessen Ausmaร man sich im Vorfeld nicht hรคtte vorstellen kรถnnen. Auch der Datenschรผtzer, Stefan Brink, ist von dem gewaltigen Ausmaร entsetzt. ย Die unwissentliche Weitergabe, beziehungsweise der Verkauf von Daten, ist hoch kriminell. Jeder betroffene Bewerber sei umgehend zu informieren.