Eiertanz um Hartz IV-Reformen

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Eiertanz um Hartz IV-Reformen: Heute treffen sich die Verhandlungsführer im Vermittlungsausschuss der Länderkammer.

06.02.2011

Derzeit finden die Verhandlungen um die geplanten Hartz IV-Reformen statt. Während die Linke bei dem Spitzentreffen zwischen Bundesregierung und Opposition nicht mitreden darf, zeigen sich die Verhandlungsführer zuversichtlich. Alle Seiten können sich vorstellen, alsbald die Verhandlungen zum Ende zu führen. Bei zahlreichen strittigen Punkten konnten allerdings bis heute keine Kompromisse oder Lösungen gefunden werden. Beobachter gehen davon aus, dass auch heute ein Durchbruch nicht stattfindet. Stattdessen wird der Eiertanz im Vermittlungsausschuss weitergehen.

Strittig bleiben vor allem die Themen Hartz IV Regelsatz und der Mindestlohn bei der Zeitarbeit. Während die Opposition aus SPD und Grüne einen Neuberechnung der Regelleistungen fordern, bleibt die Gegenseite hart. Die Regelleistungen sollen wie geplant nur für Erwachsene um fünf Euro angehoben werden, während Kinder von den Erhöhungen ausgespart bleiben. Die Bundesregierung betont in diesem Zusammenhang, dass geplante Bildungspaket verschaffe individuelle Zusatzleistungen, aus diesem Grund müssten die Regelleistungen der Kinder nicht steigen. Die Opposition fordert hingegen, dass eine grundsätzliche Neuberechnung vorgenommen werden soll, in der keine statistischen Tricks angewendet werden. Schließlich hätte das Bundesverfassungsgericht gefordert, die Regelsätze transparent und nachvollziehbar zu gestalten. Ein politisch motivierter Hartz IV Satz provoziert eine erneute Verfassungsklage.

Kompromisse ohne Betroffene und Sozialverbände
So verhandeln beide Seiten über einen Kompromiss, der letztendlich an den Betroffenen vorbei gehen wird. Die Linke wurde bei dem Spitzentreffen der Verhandlungsführer gleich einmal ausgeschlossen. "Sie haben einen Basar veranstaltet. Sie feilschen auf dem Markt." sagte die Bundesvorsitzende der Linken, Gesine Lötzsch. Sozialverbände oder gar Erwerbslosen-Vertreter wurden erst gar nicht gefragt.

SPD glaubt an positives Ende der Verhandlungen
Die stellvertretende SPD Fraktionsvorsitzende Elke Ferner glaubt hingegen an ein gutes Ende der Verhandlungen. Schließlich wäre es nicht das erste Mal, dass Opposition und Regierung miteinander strittig verhandeln. Daher kenne man das Prozedere sehr genau. Während es am Anfang noch so aussieht, es würde keine Einigung erzielt werden und die Gespräche scheitern, so klappt am Ende doch noch alles. Solche zähen Verhandlungen entwickeln eine ganz eigene Dynamik, so Ferner.

An welcher Stelle nun die Verhandlungen sind, das vermag niemand so recht beantworten. Allerdings sieht es so aus, als würde mit Hochdruck daran gearbeitet werden, schnell zu einem Ende zu finden. Denn in der letzten Woche haben sich die Unterhändler fast täglich getroffen. Dabei haben die Vertreter von Union, FDP, SPD und Grüne Positionspapiere ausgetauscht und rechtliche Gutachten verteilt. Das bestätigte auch eine Sprecherin des Bundesarbeitsministerium: In den letzten Tagen wurden rechtliche Fragen erörtert und Formulierungen besprochen. Jede Seite sei daher gut vorbereitet. Das bedeutet, wenn bereits über „Formulierungen“ gesprochen wird, scheint es in einigen Punkten tatsächlich ein Anbahnen von Kompromissen zu geben. Öffentlich bekannt ist nur, dass die Kontrahenten sich beim Thema Bildungspaket weitestgehend geeinigt haben. Hier wolle man, dass zukünftig nicht die Jobcenter die Gelder verteilen, sondern die jeweiligen Kommunen.

Strittig: Hartz IV Regelsatz und Zeitarbeitslöhne
Das scheint momentan allerdings das einzige Thema zu sein, wo es im Großen und Ganzen einen Beschluss geben wird. Strittig bleiben da noch die Themen Zeitarbeit und Regelsatz. SPD und Grüne fordern, dass Zeitarbeiter auch zu Beginn der Tätigkeit den gleichen Lohn erhalten, wie ein Festangestellter der Firma. Doch das will vor allem die FDP nicht einsehen. Der FDP Generalsekretär Christian Lindner meint, die Löhne sollen sich an den marktüblichen Probezeiten der Wirtschaft orientieren. Das seien mindestens sechs bis zwölf Monate. Doch gerade die Zeitarbeitsbranche nutzt das schamlos aus. Bevor die Leiharbeiter höhere Löhne erhalten, werden sie oftmals wieder entlassen. Von den Jobcenter erhalten die Firmen laufend „Nachschub“. Eben jene „flexible“ Variante will die FDP im Sinne der Branche beibehalten. Die Verhandlungsführer der Opposition fordern hingegen eine maximale Probezeit von einem Monat. Beide Seiten werden sich wohl in der Mitte treffen.

Ob sich die Verhandlungsführer auch bei den anderen Themen in der „Mitte“ treffen, gilt als wahrscheinlich. Ob der ausgehandelte Kompromiss ausreichen wird, um Hartz IV verfassungskonform und gerecht zu gestalten, ist mehr als fraglich. Die Verhandlungen erscheinen eher als ein „politischer Eiertanz“, in dem jeder sein Gesicht wahren will. Und morgen heißt es wieder: „Man sei sich einen Schritt näher gekommen, zahlreiche Fragen blieben aber weiterhin strittig.“ (sb)