Doppelt in die Rente gezahlt aber nur eine Altersrente beziehen

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Die Geschichte beginnt mit einem รคlteren Mann, geboren 1936, der รผber Jahrzehnte in zwei unterschiedlichen Systemen Beitrรคge in die Rentenkasse eingezahlt hat: zunรคchst in der DDR, spรคter im vereinten Deutschland. Sein Gefรผhl, doppelt bezahlt und dennoch nur eine Rente erhalten zu haben, brachte ihn immer wieder vor Gericht.

Besonders verzwickt war seine รœberzeugung, sowohl als Arbeitnehmer als auch als selbststรคndiger Gesellschafter in verschiedenen Rentensystemen Beitrรคge geleistet zu haben. Dass daraus kein Anspruch auf eine zweite Rentenleistung entstehen sollte, empfand der Betroffene als ungerecht.

Was war der Grund der Klage?

Der Klรคger war bereits seit 1954 im elterlichen Spielwaren-GroรŸhandel tรคtig. Ab 1974 fรผhrte er das Unternehmen als Geschรคftsfรผhrer, spรคter als persรถnlich haftender Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft mit staatlicher Beteiligung.

Er erhielt ein festes Gehalt sowie einen Gewinnanteil. In seinen Augen war dies mehr als genug Grund, um im Alter eine hรถhere Rente zu beanspruchen. Zugleich war er der Ansicht, dass Teile seiner Einkรผnfte doppelt in das System einflossen und somit zwei Leistungsansprรผche begrรผndeten.

Warum erkannte die Rentenversicherung nur eine Rente an?

Der Rechtsstreit entzรผndete sich an einer zentralen Besonderheit des DDR-Rentensystems, das in seinen Bestimmungen eine Beitragsbemessungsgrenze von 7.200 Mark vorsah.

Alles, was รผber diesem Betrag lag, blieb beitragsfrei und konnte nicht zu einer erhรถhten Rente fรผhren. Nach Auffassung der Rentenversicherung und der Gerichte war dies ausschlaggebend: Zwar hatte der Klรคger verschiedene Einkunftsquellen im Betrieb, doch wurde gemรครŸ der damals geltenden Verordnung nur bis zu einer bestimmten Grenze beitragspflichtig abgerechnet.

Ohne eine zusรคtzliche freiwillige Zusatzrentenversicherung (FZR) bot das System gar keine Mรถglichkeit, aus hรถheren Einkรผnften weitere Rentenansprรผche abzuleiten.

Worauf stรผtzte sich der Klรคger bei seinen Klagen?

Der Mann legte eine Reihe von Dokumenten vor, die seiner Meinung nach belegten, dass er zugleich in die Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten und in die Staatliche Versicherung der DDR eingezahlt hatte.

Allerdings รผberzeugten diese Nachweise die Gerichte nicht. Zu unklar blieb, ob tatsรคchlich ein doppelter Beitrag geleistet wurde, da beispielsweise die Sozialversicherungsausweise nachtrรคglich erstellt worden sein kรถnnten und keine eindeutigen Eintrรคge zu separaten Beitrรคgen existierten.

AuรŸerdem sah das Gericht keinen Hinweis darauf, dass er jemals der freiwilligen Zusatzrentenversicherung beigetreten war.

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Wie verlief der instanzenreiche Kampf um eine hรถhere Rente?

Der Klรคger reichte im Laufe der Jahre immer wieder Klagen und รœberprรผfungsantrรคge ein. Zunรคchst entschied das Sozialgericht Magdeburg, dass ihm keine hรถhere Rente zusteht. Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt bestรคtigte diese Einschรคtzung.

Auch ein erneuter Versuch รผber รœberprรผfungsantrรคge รคnderte nichts am Ergebnis. Letztlich blieb es dabei, dass eine hรถhere Rente nicht in Betracht kam, weil keine Beitrรคge oberhalb der Bemessungsgrenze und keine zweite wirksame Versicherungspflicht belegt werden konnten.

Wann reichte es den Gerichten?

Nach mehreren Verfahren, in denen der Klรคger immer wieder mit รคhnlichen Argumenten und Unterlagen auftrat, kam das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt schlieรŸlich zu dem Schluss, dass seine permanente Rechtsverfolgung missbrรคuchliche Zรผge annehme. Es verurteilte ihn zu einer Zahlung von 225 Euro Verschuldenskosten gemรครŸ ยง 192 Absatz 1 SGG.

Denn Gerichte sollen nicht immer wieder mit denselben Fragen befasst werden, wenn bereits frรผhere Urteile keine Aussicht auf Erfolg nahelegen.

Warum musste sogar das Bundessozialgericht entscheiden?
Ungeachtet der vorigen Entscheidungen legte der Klรคger gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht (BSG) ein.

Das BSG prรผfte, ob es in dem Fall neue Gesichtspunkte oder Rechtsfragen von grundsรคtzlicher Bedeutung gรคbe. Am 2. Februar 2021 folgte dann die erneute Bestรคtigung der Vorinstanzen.

Eine hรถhere Rente stรผnde dem Klรคger nicht zu, da die Rechtslage klar durch die DDR-Verordnung von 1966 und das heutige Rentenrecht im SGB VI geregelt sei.

Was bedeutet das Urteil in der Praxis?

Das abschlieรŸende Urteil macht deutlich, wie eng die Gerichte an den damaligen Beitragsgrenzen festhalten und dass eventuelle Doppelzahlungen nach DDR-Recht anders bewertet werden kรถnnen, als Betroffene es erwarten.

Wer zu DDR-Zeiten mehr als den Beitragsgrenzwert verdient hat, musste sich damals zusรคtzlich freiwillig versichern, um im Alter Anspruch auf eine hรถhere Rentenleistung zu erwerben.

An diesen Vorgaben รคndert auch die Wiedervereinigung nichts, da die damaligen Gesetze und Beitragsregeln nicht rรผckwirkend modifiziert wurden.

Was lรคsst sich daraus lernen?

Viele Betroffene hoffen, dass eine erneute Klage ihre Chancen auf eine hรถhere Rente doch noch steigern kรถnnte. Dieser Fall zeigt jedoch, dass beharrliches Einklagen desselben vermeintlichen Anspruchs ohne neue Tatsachen auch zu unangenehmen Folgen fรผhren kann.

Die Gerichte haben den Klรคger am Ende nicht nur abgewiesen, sondern ihn zusรคtzlich zu Kosten verurteilt, weil seine Prozessfรผhrung als mutwillig eingestuft wurde. Wer also Rechtsmittel einlegt, sollte sicher sein, dass neue Argumente oder Beweismittel vorliegen.

Wie ist der Fall am Ende ausgegangen?

Der Mann musste akzeptieren, dass seine Rente nicht angehoben wird. Zugleich hat er durch die vielen Verfahren eine Kostenschuld von 225 Euro vor dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt zu tragen. Das Endergebnis ist fรผr ihn eine bittere Enttรคuschung.

Denn trotz des Eindrucks, doppelt eingezahlt zu haben, bestรคtigt das Gericht, dass ihm aufgrund der alten DDR-Bemessungsgrenze und seiner fehlenden FZR-Mitgliedschaft nur eine Rente in der bereits bewilligten Hรถhe zusteht.

Warum kรถnnte der Klรคger nun endlich Ruhe finden?

Das Bundessozialgericht hat den Fall endgรผltig entschieden. Weitere Schritte fรผhren hรถchstens zu weiterem finanziellem Risiko. Selbst wenn man den ร„rger des Klรคgers nachvollziehen mag, zeigt sich hier, dass Rechtsstreitigkeiten รผber Rentenansprรผche aus DDR-Zeiten vor allem dann schwierig sind, wenn die damaligen Nachweise lรผckenhaft oder die Beitrรคge รผber eine feste Grenze hinaus nicht belegt werden kรถnnen.

Fรผr den Klรคger bleibt nur die Hoffnung, seinen Frieden mit dem Urteil zu schlieรŸen und das Thema hinter sich zu lassen.