Die Hartz IV Reform: Idee und Wirklichkeit

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Die Hartz IV-Reform: Idee und Wirklichkeit

Hartz IV – eine "Reform", die seit ihrer Einführung am ersten Januar 2005 für jede Menge Aufruhr in der Politik und für Armut sorgt. Ob in der Bevölkerung oder in der Politik, das Thema ist allzeit präsent und spaltet nicht nur die Meinungen dazu, sondern – wie im Falle der SPD – sogar ganze Parteien. Seitdem die ehemalige rot-grüne Regierung unter Altkanzler Schröder die Arbeitsmarktreform nach den Vorschlägen des früheren VW-Managers Peter Hartz eingeführt hat, zeigen sich bei den Sozialdemokraten tiefe Gräben und viele ehemalige Genossen haben sich der Linkspartei angeschlossen – welche sich nun wiederum wachsender Popularität bei den Wählern erfreut. Und die Bürger? Damals hätte in Politiker- und Beraterkreisen wohl kaum jemand gedacht, dass die "arbeitsmarktpolitische Radikalkur" ein solch brisantes Thema werden und vor allem bleiben würde. Und dabei war es eben gerade dieses letzte der vier auf Hartz´ Vorschlägen basierenden Gesetze, das starke Kontroversen in der Bevölkerung auslöste: Für die einen wurde Hartz IV und die damit verbundene Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum „roten Tuch“, für die anderen hingegen eröffnete es neue Möglichkeiten und Chancen für die Zukunft

Am Anfang war die Idee

Blickt man zurück auf die Ursprungsidee, die Peter Hartz bei der Entwicklung der Reformen hatte, so klingt diese zunächst viel versprechend: Nur noch halb so viele Arbeitslose innerhalb von drei Jahren. Doch es kam anders, denn stattdessen stieg die Zahl der Arbeitslosen zunächst sogar – bis zu einem Rekord innerhalb der deutschen Nachkriegsgeschichte auf einen Wert von 5,2 %. Heute sind „nur“ noch rund 3,2 Millionen Menschen arbeitslos gemeldet und durch Hartz IV sollte insbesondere für Langzeitarbeitslose Beratung, Betreuung und finanzielle Sicherung grundlegend neu organisiert und damit verbessert werden. Erklärtes Ziel damals war, durch die Veränderungen und Neuerungen sowie Förderung bei gleichzeitiger Forderung alle ehemaligen erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger wieder in die Arbeitswelt zu integrieren.

Und dann kam die Realität

Doch wie sieht diese Idee im Detail aus und was ist aus ihr geworden? Durch individuelle Betreuung und eine sozusagen „maßgeschneiderte“ Eingliederungsvereinbarung sollen Arbeitslose nah am Arbeitsmarkt gehalten und für eine Rückkehr auf diesen vorbereitet werden. Hierfür arbeiten in den Arbeitsagenturen und ARGEN die so genannten „Fall-Manager“, die sich zum einen um die Arbeitsvermittlung kümmern, zum anderen aber auch um aktuelle alltägliche Probleme ihrer „Kunden“ wie z.B. Schulden oder Kinderbetreuung. Doch so schön das alles klingt – ganz so sieht die Realität leider nicht aus und gerade die Vermittlung von ALG II-Empfängern auf den regulären Arbeitsmarkt stellt sich nach wie vor zum Teil als sehr problematisch dar: Rund 3/4 der betroffenen Personen sind auf Hartz IV ohne Unterbrechung mindestens 12 Monate lang angewiesen und von den rund 50%, die wieder einen Job finden und keine stattliche Hilfe mehr brauchen, bleiben knapp 30 % dabei unter ihrem eigentlichen Qualifikationsniveau.

Parallel zu der Idee der Förderung stehen bei Hartz IV die Forderungen an die Betroffenen: So müssen all diejenigen, die länger als 1 Jahr arbeitslos sind und Leistungen beziehen, im Prinzip jede angebotene Arbeit annehmen, sofern diese nicht unter einer bestimmten Lohngrenze liegt (30% weniger als das ortsübliche Niveau). Das Resultat sieht man heute an der Flut von ALG II-Empfängern, die im Niedriglohnsektor arbeiten – und dadurch zwar vielleicht ein paar Euro mehr in der Tasche haben, aber in erster Linie dem Staat eine Freude machen, denn auf diesem Wege sind sie raus aus der Statistik. In diesem Zusammenhang ist es keine Überraschung, dass laut der Bundesregierung die Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Vollzeitstellen hierzulande in den letzten 10 Jahren merklich gesunken ist (von knapp 23,8 Mio. in 1999 auf 22,4 Mio. in 2008), die der Teilzeitstellen jedoch gleichzeitig von 3,7 Mio. auf 5 Mio. stieg. Da in diesen Fällen jedoch oftmals das verdiente Geld nicht ausreicht, muss zusätzlich Hatz IV zur Aufstockung beantragt werden – und davon sind hierzulande 1,3 Millionen Arbeitnehmer betroffen. Oder es muss ein zweiter Job her, um die Lebenshaltungskosten aufbringen zu können, was mittlerweile für etwas über 1,8 Mio. Menschen Realität geworden ist. Insgesamt bezogen im November 2009 knapp 6,5 Millionen Menschen Hartz IV –Leistungen, davon knapp 1,7 Millionen Kinder. (13.01.2010)

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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