Die Bildungslüge & Hartz IV

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Die Bildungslüge

Bildung sei der Schlüssel für Arbeit und Wohlstand, dies erzählen uns alle Parteien von links über die neue Mitte bis ganz nach rechts. Ein Gedanke, der ja auch viele Jahre durchaus durch die Realität bestätigt wurde. Aber auch wenn die Kanzlerin auf Bildungsreise geht, die Wirklichkeit sieht heute anders aus.

Fakt 1: Wer etwa durch ein Studium einen Weg aus der Arbeitslosigkeit sucht, wird vom Staat blockiert. Hartz IV Empfänger erhalten mit Aufnahme eines Studiums keine Leistungen mehr, da sie „dem Grunde nach“ Anspruch auf Bafög hätten, völlig gleich, ob sie diesen Anspruch in der Realität, etwa durch die Bafög Altersgrenze von 30 Jahren, verwirklichen können oder nicht.
Eine geforderte Flexibilität, zu der auch Lebenslanges Lernen gehören sollte, wird so nur noch zu einer polemischen Phrase.

Fakt 2: Jeder Arbeitslose ist gezwungen jede Arbeit anzunehmen, ohne Rücksicht auf seine Ausbildung. Auch dies widerspricht dem Bildungsgedanken. Wer etwa ein Studium von 12 Semestern erfolgreich absolviert hat, hat eine Investition von ca 100.000 Euro Verdienstausfall in seine Bildung investiert. Dass der Betroffene dann nicht einverstanden ist, wenn diese Investition keine Berücksichtigung bei seiner Vermittlung spielen soll, ist für mich verständlich.
Er wird bei der Vermittlung durch die Argen jedoch völlig gleich behandelt wie etwa ein Hartz IV Empfänger ohne Hauptschulabschluss. Warum soll sich dann noch jemand für ein Studium entscheiden?

Fakt 3: In unserem Land breitet sich ein Niedriglohnsektor aus, der keine besondere Bildung benötigt. In den letzten 10 Jahren ist der Billiglohnsektor in Deutschland so gewachsen wie in keinem anderen Land Europas. Mit 22% erreicht er fast den gleichen Anteil am Gesamtarbeitsmarkt wie in den USA. Im Gegensatz zu den Staaten sind aber in Deutschland 75% der im Niedriglohnsektor beschäftigten Menschen gut ausgebildet und qualifiziert obwohl dies ja, nach Aussage vieler Politiker, für den Niedriglohnsektor überhaupt nicht notwendig ist. Im Gegenteil, angeblich wurde er ja gerade für solche Menschen geschaffen.
Siehe hierzu auch den Artikel von Thorsten Stegemann „Die Ausweitung des Niedriglohnsektors

Fakt 4: Die sog. Qualifizierungsmaßnahmen der Argen, seien es Bewerbungskurse oder Arbeitsgelegenheiten dienen vor allem einem Zweck: Betroffene sollen umerzogen werden. Aus ehemals selbstbewussten Arbeitnehmern die für ihre Qualifikation und Leistungsbereitschaft eine entsprechende Bezahlung erwarten, sollen formbare, funktionierende Bittsteller werden, die aus Scham über ihre Situation und aus Angst vor Sanktionen auch sklavenähnliche Arbeitsverhältnisse selbst ohne Bezahlung akzeptieren
Wer mit Aussagen wie „Sozial ist was Arbeit schafft“ oder „Jede Arbeit ist besser als Arbeitslos zu sein“ blendet bewusst die Bezahlung der Arbeit aus. Er suggeriert gleichzeitig das Arbeitslos nicht etwa bedeutet ohne bezahlte Beschäftigung zu sein sondern setzt Arbeitslos mit faul und träge gleich. Dies wird durch sog. Wiedereingliederungsmaßnahmen noch verfestigt. Das die meisten der Betroffenen Kinder versorgen, einen Haushalt führen und oder oft auch ehrenamtlich arbeiten wird bewusst verschwiegen.

All dies macht deutlich, dass Bildung eigentlich nur in den Sonntagsreden von Politikern gefordert wird. In Wirklichkeit ist nicht Bildung sondern Funktionieren gefragt. Und da ein gebildeter Mensch eben nicht gut funktioniert, fordern alle Politiker mehr Bildung aber jeder hütet sich diese wirklich umzusetzen.

Dies sollten wir uns nicht länger gefallen lassen. Nehmen wir die Regierung beim Wort. Fordern wir unser Recht auf Bildung und auf Anerkennung derselben. (Dietmar Brach, Arbeitslosenhilfe Rheinland-Pfalz, 09.07.2009)

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