Das ändert sich für Menschen mit Schwerbehinderung nach der Bundestagswahl 2025

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Eine Umfrage der Aktion Mensch unter Menschen mit Behinderung ergab ein erschreckendes Bild: Zwei Drittel der Befragten befürchten, dass die Interessen behinderter Menschen nach der Bundestagswahl weniger Beachtung finden als zuvor.

Diese Sorge ist begründet. Zwar sind Bekenntnisse zu Teilhabe und Inklusion bei mehreren Parteien zu finden, wenn es konkret werden könnte, verlieren sich Aussagen aber im Allgemeinen.

Mehr als die Hälfte der Befragten hat sogar Angst, dass nach den Wahlen die Behindertenfeindlichkeit zunimmt. Der Grund dafür könnte die prozentuale Zunahme der AfD sein, die Kinder mit Behinderungen an Schulen wieder klar von Kindern mit Behinderungen trennen will und zudem vorhat, massiv Sozialleistungen zu streichen – auf die viele Menschen mit Behinderung angewiesen sind.

Christina Marx, eine Sprecherin von Aktion Mensch, erinnert: „Bei Inklusion handelt es sich um nichts Geringeres als ein Menschenrecht, zu dem sich Deutschland mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention vor 16 Jahren verpflichtet hat.“

Was sind die wichtigsten Themen für Menschen und Behinderung?

43 Prozent der Befragten nannten steigende Lebenshaltungskosten und Inflation als wichtigste Themen, 36 Prozent Armut und soziale Ungleichheit.

Tatsächlich haben Menschen mit Behinderung in Deutschland ein hohes Armutsrisiko, und die genannten vier Themen hängen für sie eng miteinander zusammen. Wer bereits arm ist, den treffen steigende Lebenshaltungskosten und Inflation besonders hart, denn dieser Mensch hat keine finanziellen Ressourcen, um die höheren Kosten auszugleichen.

Was fordern Menschen mit Behinderung?

Von der Politik forderten die Befragten einen Ausbau der sozialen Sicherung wie Krankenkassen und Bürgergeld (47 Prozent), mehr barrierefreie Wohnungen für Menschen mit Behinderung (46 Prozent) und einen verbesserten Zugang zum Arbeitsmarkt (36 Prozent).

Ist barrierefreier Zugang zur Wahl gewährleistet?

Fast alle der befragten Menschen mit Behinderung wollen wählen gehen, nämlich 94 Prozent. Immerhin zwei Drittel von ihnen gaben an, bei den letzten Wahlen barrierefreie Zugänge gefunden zu haben. Mängel gab es hingegen beim Erreichen der Wahllokale, bei der Orientierung in den Wahllokalen und bei verfügbaren Sitzgelegenheiten vor Ort.

Was versprechen die Parteien Menschen mit Behinderung?

Die SPD plant ein Bundeskompetenzzentrum für Leichte Sprache und Gebärdensprache, und die CDU/CSU behauptet, sich für mehr Teilhabe einzusetzen, ohne konkrete Ziele zu nennen.

Die Grünen planen, Behindertenwerkstätten zu inklusiven Unternehmen umzubauen, in denen die Betroffenen echte Löhne erhalten. Die FDP verspricht, durch „praxisnahe Förderung und Arbeitsvermittlung“ die Chancen für Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen.

Zur Inklusion in Schulen

Die AfD will Schüler mit Behinderungen von Schülern ohne Behinderungen trennen und in Sonderschulen bringen. Die FDP möchte die Inklusion beibehalten und hält in begrenztem Ausmaß Förderschulen für nötig.

Die Linke fordert ein inklusives Lernen in allen Bildungseinrichtungen und den Einsatz von Sonderpädagogen in allen Schulformen. Auch die Grünen beabsichtigen, Inklusion in den Schulen auszuweiten und darüber hinaus auf Aus- und Weiterbildung auszuweiten.

Inklusion in allen Lebensbereichen?

Zwei Parteien, die Grünen und die Linken, fordern ausdrücklich Inklusion und Barrierefreiheit in allen Lebensbereichen. Dazu gehört die Pflicht, Bundesgebäude barrierefrei zu gestalten, und dies fordern die Grünen auch für öffentliche Dienstleister.

Um ein besonders Engagement für die Interessen der Menschen mit Behinderung handelt es sich, bei Lichte betrachtet, allerdings nicht. Barrierefreies Bauen im öffentlichen Raum ist als neue Norm DIN 18040-3 nämlich gesetzliche Pflicht. Genau genommen fordern die Grünen nur, sich an bestehende Gesetze zu halten.

Zudem fordert die Linke eine umfassende Barrierefreiheit auch in Privatunternehmen. Auch für diese Forderung gilt allerdings: Ab Juni 2025 gilt das Barrierefreiheitstärkungsgesetz und damit wird auch für privatwirtschaftliche Unternehmen Barrierefreiheit Pflicht. Auch die Linke fordert in diesem Fall also das, was bereits Gesetzeskraft hat.

Barrierefreies Wohnen

Die Grünen wollen mehr inklusive Wohnangebote, in denen Menschen mit Behinderung selbst über ihre Wohnform entscheiden. Auch Fort- und Weiterbildungen im Alter und für Erwachsene sollen inklusiv gestaltet sein, da Behinderungen meist im Laufe des Lebens erworben werden.

Mindestlohn in Behindertenwerkstätten?

Die Linke will die Beschäftigungspflicht von Menschen mit Behinderung auf sechs Prozent erhöhen und es unmöglich machen, sich von dieser Pflicht freizukaufen. Menschen in Werkstätten für Behinderte sollen mit dem Mindestlohn bezahlt werden, statt wie bisher ein Taschengeld von rund einem Euro pro Stunde zu erhalten.