Bürgergeld: Wenn das Attest vom Arzt dem Jobcenter nicht ausreicht

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Wer Meldetermine beim Jobcenter versäumt, muss mit Sanktionen rechnen. Auch wer krank ist und einen gelben Schein vom Arzt vorlegt, kann von Sanktionen bedroht sein. Das soll sich auch beim Bürgergeld nicht ändern. Wir zeigen die Fallstricke und wie sich Betroffene dagegen wehren können.

Achtung Mitwirkungspflichten

Zu den Mitwirkungspflichten von Bürgergeld-Beziehern gehört, dass bei einem verpassten Termin im Jobcenter eine sogenannte Arbeitsunfähigkeit (AU) mitgeteilt werden muss.

Ab dem dritten Tag muss eine Bescheinigung eines Arztes vorgelegt werden. Daraus muss hervorgehen, dass man am Tag des Termins beim Jobcenter krank war und nicht erscheinen konnte (Krankschreibung vom Arzt).

Außerdem muss die Dauer der Krankschreibung angegeben werden. Unter Umständen kann es erforderlich sein, bereits vor Ablauf der 3-Tages-Frist eine AU-Bescheinigung des Arztes vorzulegen.

Wichtig ist, dass das Jobcenter vor oder am Tag des Termins über die Erkrankung informiert wird. Wenn Sie wieder gesund sind, müssen Sie sich beim Jobcenter zurückmelden. Dies sollte telefonisch erfolgen.

Problem: Nicht selten glauben Jobcenter dem Bürgergeld Leistungsberechtigten nicht

Eigentlich müssten man annehmen, dass eine AU-Bescheinigung ausreichen würde, wenn ein Pflichttermin nicht wahrgenommen werden kann.

Doch die Behörden gehen dazu immer häufiger über, auch eine sogenannte “Reiseunfähigkeitsbescheinigung” oder auch “Wegeunfähigkeitsbescheinigung“ durch den behandelnden Arzt zu verlangen.

Sollte das Jobcenter ein solches Attest verlangen, sollten die Kosten hierfür dem Jobcenter in Rechnung gestellt werden.

In einigen Fällen gehen die Behörden sogar einen Schritt weiter und fordern ein Gutachten vom medizinischen Dienst an, weil der Sachbearbeiter nicht glaubt, dass man wirklich krank ist. Das ist allerdings seltener und wird nur in Ausnahmefällen verlangt.

Zu Unrecht behandelt worden? Dienstaufsichtsbeschwerde!

Wer sich durch solche Maßnahmen ungerecht behandelt fühlt, ist nicht völlig machtlos. Hat der Sachbearbeiter Sie auf dem “Kicker”? Dann kann eine so genannte Dienstaufsichtsbeschwerde Abhilfe schaffen. Diese Beschwerde kann formlos und mit Begründung an das zuständige Jobcenter gerichtet werden. (GG, Art. 17)

Für eine Dienstaufsichtsbeschwerde beim Jobcenter gibt es keine Fristen. Man sollte aber genau auflisten, warum man sich falsch behandelt fühlt. Die Leitung des Jobcenters ist dann verpflichtet, der Dienstaufsichtsbeschwerde nachzugehen. Der Sachbearbeiter muss dazu Stellung nehmen.

Ein Anspruch des Leistungsberechtigten auf ein Verfahren gegen den Sachbearbeiter besteht jedoch nicht. Nur der Vorgesetzte im Jobcenter kann entscheiden, ob Maßnahmen ergriffen werden.

Dennoch kann es nicht schaden, in begründeten Fällen eine Dienstaufsichtsbeschwerde einzureichen, damit der Sachbearbeiter merkt, dass man sich nicht der Willkür hingibt. Im besten Fall überdenkt der Sachbearbeiter sein Handeln. Denn: Kein Sachbearbeiter hat Lust auf Mehrarbeit, weil er sich vor seinem Chef rechtfertigen muss.

Wenn man wiederholt nicht zum Termin beim Jobcenter erscheint

Wer das erste Mal nicht zum Termin beim Jobcenter erscheint und eine AU-Bescheinigung vorlegt, muss in der Regel nicht mit weiteren Maßnahmen rechnen.

Wer sich beim zweiten, dritten oder gar vierten Termin krankschreiben lässt, muss mit Maßnahmen rechnen, da der Sachbearbeiter nicht mehr davon ausgeht, dass so häufig Krankheiten vorliegen.

Ebenso wird das Jobcenter Maßnahmen ergreifen, wenn Leistungsberechtigte zu Beginn einer Weiterbildungsmaßnahme oder direkt im Anschluss an einen Urlaub erkranken. In solchen Konstellationen wird die Behörde ein ärztliches Gutachten anfordern.

Es gibt jedoch keine Regeln, ab wann das Jobcenter zu solchen Überprüfungsmaßnahmen greift. Der Sachbearbeiter entscheidet im Einzelfall. Es gibt lediglich Erfahrungswerte, wann und in welchen Konstellationen das genannte Gutachten angefordert wird.

Aber: Nur bei begründeten Zweifeln kann das Jobcenter ein zusätzliches Attest verlangen oder sogar eine ärztliche Untersuchung anordnen.

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Was sagen die Sozialgerichte?

Die Sozialgerichte entscheiden in dieser Frage nicht einheitlich. So hat das Sozialgericht Gießen dem Kläger Recht gegeben, der wegen des Weihnachtsurlaubs seines Hausarztes kein Attest vorlegen konnte. Hier reichte den Richtern die telefonische Absage aus, um von einer Sanktion abzusehen. Der Sanktionsbescheid wurde aufgehoben.

In einem zweiten Fall gab das Sozialgericht Frankfurt dem Jobcenter jedoch Recht, dass eine einfache AU-Bescheinigung nicht ausreiche und das Jobcenter eine „Wegeunfähigkeitsbescheinigung“ des Arztes vorlegen müsse. Dies zeigt, wie uneinheitlich die Rechtsprechung in diesem Bereich ist.

Wenn keine AU-Bescheinigung vorliegt oder nicht anerkannt wird

Wenn man einen Meldetermin im Jobcenter versäumt oder wegen Krankheit nicht zu einer Maßnahme erscheint und das Jobcenter dem Leistungsberechtigten trotz AU-Bescheinigung nicht glaubt, drohen Sanktionen. Zunächst werden 10 Prozent, später bis zu 30 Prozent gekürzt (SGB II, § 31 SGB II).

Da das Jobcenter solche Sanktionen aber nur in begründeten Fällen verhängen darf, ist es ratsam, im Zweifelsfall Widerspruch einzulegen und auch den Weg zum Sozialgericht nicht zu scheuen, wenn der Widerspruch abgelehnt wird.

Wichtig ist jedoch, sich vorher an eine unabhängige Beratungsstelle zu wenden oder anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

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