Im deutschen Rechtsstaat hat jeder Mensch das Recht auf anwaltliche Hilfe, unabhängig von finanziellen Mitteln. Dies wird durch die Beratungshilfe für den außergerichtlichen Bereich sowie der Prozesskostenhilfe und Verfahrenskostenhilfe für den gerichtlichen Bereich gewährleistet.
Trotz dieser grundsätzlich positiven Regelung gibt es in der Praxis jedoch zunehmend Schwierigkeiten bei der Beantragung der Beratungshilfe, wie die Rechtsanwältin Luisa Milazzo sagt.
Inhaltsverzeichnis
Einfordern der eigenen Rechte
Viele Menschen, die einen Berechtigungsschein für die Beratungshilfe beantragen, werden regelmäßig vom Gericht abgewiesen. Milazzo empfiehlt daher, nicht allein zur Behörde zu gehen, sondern sich von einer Vertrauensperson begleiten zu lassen. Die Unterstützung durch eine zweite Person kann die Chancen auf eine erfolgreiche Beantragung erhöhen.
Wichtig ist, sämtliche relevanten Unterlagen mitzubringen, die die finanzielle Situation betreffen. Dazu gehören:
- Leistungsbescheide,
- Einkommensnachweise,
- Kontoauszüge,
- Unterhaltstitel,
- Mietverträge und
- weitere relevante und geforderte Dokumente.
Die Anwältin rät dazu, auf eine schriftliche Antragstellung zu bestehen und im Falle einer mündlichen Ablehnung diese schriftlich einzuholen. Zudem sollten Ratsuchende bei einer Ablehnung die kostenlose Möglichkeit der “Erinnerung” (Widerspruch gegen die Ablehnung der Beratungshilfe) nutzen.
Hürden auf dem Weg zum Rechtspfleger
Milazzo sagt, dass die eigentliche Entscheidung über einen Antrag auf Beratungshilfe bei den Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern am Amtsgericht liegt. Jedoch werden viele Menschen bereits im Vorfeld abgewimmelt, oft von Personen, die nicht zuständig sind.
Ratsuchende sollten sich aber nicht abwimmeln lassen und darauf bestehen, zur Rechtspflegerin oder zum Rechtspfleger durchgelassen zu werden. Die Unterstützung einer Vertrauensperson kann dabei hilfreich sein.
Strategien gegen gängige Ablehnungsgründe
Hier die häufigsten Gründe genannte Ablehnungsgründe und was Betroffene tun können:
1. Behörde als Ansprechpartner
Das Bundesverfassungsgerichts entschied, dass es unzumutbar ist, sich zur Beratung über die eigenen Rechte an die Behörde zu wenden, die durch falsche Entscheidungen belastet. Ratsuchende sollten diese Entscheidung dem Gericht gegenüber referieren und auf ihre Rechte pochen.
2. Eigenbemühungen nicht ausreichend
Es sollten Belege über vergebliche Versuche der Selbsthilfe vor Gericht vorgelegt werden. Die Balance zwischen Eigeninitiative und rechtzeitigem Handeln ist wichtig, um größere Probleme zu vermeiden.
3. Verweis auf Beratungsstellen
Milazzo warnt davor, sich auf kostenpflichtige oder zeitlich unzumutbare Angebote zu verweisen lassen. Sie unterstreicht die Unterschiede zwischen allgemeinen Beratungsstellen und der notwendigen anwaltlichen Vertretung.
4. Finanzielle Lage im Vergleich
Die finanzielle Lage von Menschen am Existenzminimum kann nicht mit der von finanziell besser gestellten Personen verglichen werden. Sie Diesen Unterschied sollten Betroffene betonen und nachfragen, wie die Behördenmitarbeiter handeln würden, wenn ihre Existenz bedroht wäre.
Wenn alle Stricke reißen: Schriftliche Ablehnung einfordern
Milazzo betont abschließend, dass im Falle einer ablehnenden Entscheidung durch die Richterin oder den Richter auf eine schriftliche Ablehnung bestanden werden sollte.
Im weiteren Verlauf kann dann das Rechtsmittel der Erinnerung eingelegt werden, und im Extremfall könnte sogar der Weg zum Gericht notwendig sein.
Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht, Gesundheitsprävention sowie bei gesellschaftspolitischen Themen. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und engagiert sich politisch für Armutsbetroffene.