Bürgergeld reicht nicht – Allein Lebensmittelpreise um 20 Prozent gestiegen

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Schwächte die Inflationsrate noch im Dezember letzten Jahres ab, so stieg die Teuerungsrate im Januar wieder unvermindert an. Besonders betroffen sind Einkommensschwache-, Sozialhilfe- und Bürgergeld- Haushalte.

Preise stiegen insgesamt um 8,7 Prozent

Im Januar 2023 stiegen die Preise für Verbraucher im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 8,7 Prozent. Das teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit. Erste Schätzungen von Wirtschaftsexperten wurden damit bestätigt.

Im Dezember lag die Teuerungsrate bei 8,1 Prozent, im November bei 8,8 Prozent. Im Dezember sank die Rate durch die Übernahme der Abschlagszahlung für Gas- und Fernwärmekunden durch den Staat. Dieser Effekt griff dann nicht mehr im Januar.

Lebensmittel- und Energiepreise stiegen besonders stark

„Wir beobachten Preiserhöhungen bei vielen Waren und zunehmend auch bei Dienstleistungen. Besonders spürbar für die privaten Haushalte waren aber auch im Januar die steigenden Preise für Energie und Nahrungsmittel“, erklärte die Präsidentin des Statistischen Bundesamtes, Ruth Brand.

Innerhalb nur eines Jahres schnellten die Preise für Haushaltsenergie um durchschnittlich 36,5 Prozent in die Höhe. Besonders stark war der Anstieg für Erdgas. Hier lag die Teuerungsrate bei 51,7 Prozent.

Die Preise für Fernwärme stiegen um 26 Prozent. Bei Heizöl wurde eine Preissteigerung für Haushalte um 30,6 Prozent gemessen.

Einen starken Anstieg ist auch bei Strom zu verzeichnen. Die Strompreise stiegen im Vergleich um 25,7 Prozent.

Lebensmittelpreise stiegen um 20 Prozent

Besonders problematisch sind die Teuerungsraten bei Lebensmittel. Hier stiegen die durchschnittlichen Preise um 20,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Somit blieb die Teuerungsrate für Nahrungsmittel in etwa doppelt so hoch wie die Gesamtinflationsrate.

Wirtschaftsexperten erwarten in diesem Jahr keine Entspannung. Die Bundesregierung geht von einer durchschnittlichen Inflationsrate von 6 Prozent.

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Regelleistungen zu niedrig

Im Januar wurde aus dem Arbeitslosengeld II (Hartz IV) das neue Bürgergeld. Der Regelsatz für einen alleinstehenden Erwachsenen stieg auf 502 Euro im Monat – 53 Euro mehr als bislang. Allerdings reicht die Anpassung nicht aus, um die Inflation auszugleichen.

Gleichzeitig zahlen Verbraucher/innen so viel wie noch nie allein für Strom. Das führt dazu, dass Bürgergeld-Beziehende im Schnitt 130 Euro mehr im Jahr für Strom ausgeben müssen, als das Bürgergeld vorsieht – und das trotz der Strompreisbremse.

Das Bürgergeld sieht 511 Euro jährlich für Wohnen, Energie und Wohninstandhaltung vor. Bei einem Jahresverbrauch von 1.500 kWh Strom ergeben sich jedoch trotz Strompreisbremse durchschnittliche jährliche Kosten von 641 Euro. Damit liegen die Stromkosten 25 Prozent über der Pauschale.

Alte Berechnungsgrundlage verhindert bedarfsgerechten Bürgergeld-Regelsatz

Der Bedarf beim Bürgergeld wird mit Hilfe einer Einkommens- und Verbrauchsstichprobe ermittelt, die das Statistische Bundesamt alle fünf Jahre durchführt. Dabei werden die Lohn- und Preisentwicklungen mit einbezogen. Allerdings orientiert sich die Bundesregierung dabei an den Ausgaben im unteren Einkommensbereich.

“Faktisch haben die Menschen im SGB-II-Leistungsbezug jetzt nicht mehr, sondern weniger Kaufkraft zur Verfügung. Die politisch Verantwortlichen müssen genau hinschauen, wie sich die Teuerungsraten in den kommenden Wochen entwickeln und schnell nachbessern”, fordert beispielsweise die Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa.

Verbände klagen gegen Fortschreibung der Bürgergeld-Regelsätze

Angesichts explodierender Preise klagen auch der Sozialverband VdK und der Sozialverband SoVD gegen die Fortschreibung der Regelsätze.

Aus Sicht des VdK und des SoVD hat die Bundesregierung gegen ihren verfassungsmäßigen Auftrag verstoßen, das Existenzminimum zeitnah sicherzustellen. Beide Verbände wollen in Musterstreitverfahren bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Das dürfte allerdings noch eine Weile dauern, bis sich die Verbände durch alle Instanzen durchgekämpft haben.

Bis dahin müssen sich Bürgergeld-Beziehende „irgendwie durchschlagen“ und beispielsweise ab Mitte des Monats bei der Tafel Lebensmittel erwerben.

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