Bürgergeld: Kooperationsplan soll deutlich verschärft werden

Mit der Einführung des Bürgergeldes wurde die frühere Eingliederungsvereinbarung durch den Kooperationsplan ersetzt. Dessen Idee: Integrationsfachkräfte und Leistungsberechtigte halten Ziele, Schritte und Unterstützungsangebote gemeinsam fest – ohne Unterschrift, ohne Rechtsfolgenbelehrung und damit ohne unmittelbare Sanktionswirkung.

Selbst die erste Einladung des Jobcenters zur Erstellung von “Potenzialanalyse” und Kooperationsplan erfolgte ausdrücklich ohne Hinweis auf rechtliche Konsequenzen. Diese Ausgestaltung sollte die Beratung entkrampfen und Kooperation fördern, blieb aber rechtlich „weich“.

Geplante Kurswechsel: Verbindlichkeit durch Verwaltungsakt

Mit der „Neuen Grundsicherung“ plant die Bundesregierung eine deutliche Aufwertung der Verbindlichkeit. Kommt ein Kooperationsplan nicht zustande, soll er künftig als Verwaltungsakt erlassen werden können. Auch wenn Absprachen nicht eingehalten werden, soll das Jobcenter verpflichtende Regelungen – ebenfalls per Verwaltungsakt – treffen dürfen.

Damit werden die im Plan festgehaltenen Pflichten auch mit Leistungskürzungen sanktioniert: Jeder Verstoß kann rechtliche Folgen bis hin zur Minderung von Leistungen auslösen.

Der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt beschreibt die Neuregelung so: “zunächst kooperativ, aber mit der Möglichkeit der Jobcenter, Pflichten einseitig verbindlich festzusetzen.”

Was „Verwaltungsakt“ konkret bedeutet

Ein Verwaltungsakt ist eine einseitige, verbindliche Entscheidung der Behörde gegenüber einer Person. Wird der Kooperationsplan oder Teile davon als Verwaltungsakt erlassen, sind darin geregelte Eigenbemühungen, Teilnahme- und Mitwirkungspflichten rechtsverbindlich.

Wer solchen Pflichten ohne wichtigen Grund nicht nachkommt, riskiert Leistungsminderungen nach den Sanktionsvorschriften des SGB II.

Der Referentenentwurf spricht ausdrücklich davon, Leistungsberechtigte bei Nichterscheinen oder mangelnder Mitwirkung „zur Mitwirkung per Verwaltungsakt“ zu verpflichten; umgekehrt gilt: Wer mitwirkt, „wird nicht per Verwaltungsakt verpflichtet“.

Schärfer bei Meldeversäumnissen und Pflichtverletzungen

Der Entwurf bündelt und verschärft Sanktionsregeln. Bei wiederholten Meldeversäumnissen sind spürbarere Kürzungen vorgesehen; in einer Eskalationsstufe kann der Regelbedarf entzogen werden. Erscheint die betroffene Person auch innerhalb einer Monatsfrist weiterhin nicht persönlich im Jobcenter, soll sie als „nicht erreichbar“ gelten – mit der Folge, dass der Anspruch vollständig entfällt.

Die Kosten der Unterkunft sollen in bestimmten Konstellationen vorübergehend gesichert werden, gleichzeitig bleiben Schutzmechanismen wie Anhörung, Härtefallprüfung und die Berücksichtigung psychischer Erkrankungen Teil des Systems. Diese Linie zielt auf mehr „Ex-ante-Wirkung“ der

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Verfassungsfragen nicht geklärt

Die Ankündigung, im Extremfall Leistungen vollständig zu entziehen, hat eine verfassungsrechtliche Diskussion entfacht. Juristische Stimmen verweisen auf das Bundesverfassungsgerichtsurteil von 2019, das 30-Prozent-Kürzungen bestätigte, weitergehende Eingriffe aber an strenge Wirksamkeits- und Verhältnismäßigkeitsanforderungen knüpfte.

Umstritten ist insbesondere, ob bei Totalverweigerung auch Kosten der Unterkunft entfallen dürfen und wie Wohnungslosigkeit verfassungsrechtlich zu bewerten ist. Die Antworten hängen am Ende vom exakten Gesetzeswortlaut, von Studien zur Wirksamkeit und von der konkreten Anwendungspraxis ab.

Was Leistungsberechtigte praktisch beachten sollten

Grundsicherungsbezieher müssen künftig damit rechnen, dass sie deutlich stärker bestraft werden, wenn sie den Kooperationsplan nicht erstellen oder “vereinbartes” nicht einhalten.

Wer Termine z.B. aus wichtigem Grund nicht wahrnehmen kann, sollte das frühzeitig kommunizieren und belegen. Kommt es zu einem Verwaltungsakt, ist die Entscheidung verbindlich, aber rechtlich überprüfbar; Widerspruch und gerichtlicher Rechtsschutz bleiben möglich.

Zugleich gilt, dass Jobcenter Schutzvorschriften zu beachten haben, etwa Anhörungspflichten und Härtefallprüfungen.

Wie geht des weiter?

Rechtsgrundlage der beschriebenen Änderungen ist aktuell ein Referentenentwurf für ein „Dreizehntes Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch“.

Er ist aber noch nicht das finale Gesetz. Bis zum Inkrafttreten können Details – etwa Schwellwerte, Dauer und Ausgestaltung einzelner Rechtsfolgen – angepasst werden. Fachliche Analysen betonen, dass der Erfolg weniger an der Schärfe der Paragraphen als an handhabbaren Verfahren, belastbaren Schutzklauseln und guter Beratungsarbeit im Einzelfall hängen wird.

Fazit

Der Kooperationsplan wird verschärft. Wer Gespräche verweigert oder Absprachen nicht einhält, muss künftig damit rechnen, dass das Jobcenter Regelungen per Verwaltungsakt festsetzt und Verstöße bis zur Leistungseinstellung sanktioniert.

Damit kehrt das System ein Stück weit zur Logik der alten Eingliederungsvereinbarung zurück.