Monate ohne Einkommen, volle Briefkästen mit Mahnungen und ein leerer Kühlschrank – für viele Bürgergeld-Antragstellende ist das trauriger Alltag. Doch es gibt eine Möglichkeit, solche Notlagen zu überbrücken: Ein Vorschuss vom Jobcenter kann helfen, bevor der reguläre Bescheid vorliegt. Wir erklären, wer ihn bekommt, wie man ihn beantragt und worauf es ankommt.
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Die Realität vieler Antragsteller: Warten in der finanziellen Sackgasse
Wer einen Antrag auf Bürgergeld stellt, rechnet oft mit einer zügigen Bearbeitung – schließlich geht es um das Existenzminimum. Doch in der Praxis dauert es häufig Wochen, manchmal sogar Monate, bis überhaupt eine Rückmeldung erfolgt. In dieser Zeit passiert oft das, was eigentlich vermieden werden sollte: Mietrückstände wachsen, Stromversorger kündigen die Belieferung, Konten geraten ins Minus.
Besonders hart trifft es Menschen ohne finanzielle Rücklagen. Während sich der Antrag irgendwo in der Bürokratie verliert, fehlt das Geld für Essen, Kinderbetreuung oder notwendige Medikamente. In vielen Haushalten wächst die Verzweiflung, weil das Jobcenter schlichtweg keine Soforthilfe leistet – obwohl diese durchaus vorgesehen ist.
Was ist ein Vorschuss – und wer kann ihn bekommen?
Der Vorschuss ist keine zusätzliche Leistung, sondern eine vorgezogene Zahlung auf das Bürgergeld. Er soll dann greifen, wenn das Jobcenter erkennbar mehr Zeit für die Bearbeitung eines Antrags benötigt, die Betroffenen aber bereits in einer akuten Notlage stecken. Gesetzlich geregelt ist das im Sozialgesetzbuch I, § 42.
Anspruch auf den Vorschuss hat, wer einen vollständigen Antrag auf Bürgergeld gestellt hat, aber noch keinen Bewilligungsbescheid oder keine Zahlung erhalten hat. Gleichzeitig muss die Bearbeitung so lange dauern, dass ernsthafte soziale Härten entstehen könnten – etwa eine drohende Wohnungslosigkeit oder der Verlust der Versorgung mit Energie oder Lebensmitteln.
Entscheidend ist außerdem: Der Vorschuss muss gesondert beantragt werden. Ohne einen aktiven Antrag wird das Jobcenter von sich aus nichts tun.
So stellen Sie einen Vorschussantrag – ohne bürokratische Hürden
Auch wenn es um eine Leistung aus der öffentlichen Verwaltung geht: Der Antrag auf einen Vorschuss muss nicht kompliziert sein. Ein formloses Schreiben genügt, in dem Sie auf Ihren bereits laufenden Bürgergeldantrag verweisen und die Notlage beschreiben. Es reicht, in knappen Worten darzulegen, warum Sie aktuell nicht mehr in der Lage sind, Ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
Ob Sie das Schreiben persönlich im Jobcenter abgeben, per Post senden, per E-Mail übermitteln oder über das Online-Portal „Jobcenter digital“ einreichen, bleibt Ihnen überlassen. Wer jedoch auf Nummer sicher gehen will, sollte eine persönliche Abgabe mit Empfangsbestätigung wählen. So ist später belegbar, wann der Antrag eingegangen ist – wichtig für Fristen und mögliche Rechtsansprüche.
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Wie viel wird gezahlt – und wann?
Die genaue Höhe des Vorschusses liegt im Ermessen des Jobcenters. Meistens orientiert sich der ausgezahlte Betrag an den dringendsten Bedarfslagen, etwa Mietrückständen oder der Grundversorgung mit Lebensmitteln. Es ist nicht unüblich, dass nur ein Teil des zukünftigen Bürgergeldes vorab ausgezahlt wird – etwa 200 bis 500 Euro, je nach Haushaltsgröße und Bedarf.
Die Entscheidung über den Vorschuss muss spätestens einen Monat nach der Antragstellung getroffen sein. In der Praxis heißt das: Wenn Sie zum Beispiel am 3. Mai den Vorschuss beantragen, muss das Jobcenter spätestens bis Ende Juni eine Entscheidung treffen. Besteht bereits vorher Klarheit darüber, dass sich Ihr Antrag länger verzögern wird, kann der Vorschuss auch deutlich früher ausgezahlt werden.
Sollte nach vier Wochen keinerlei Rückmeldung kommen, empfiehlt es sich, beim Jobcenter gezielt nachzuhaken – persönlich oder schriftlich. Wer möchte, kann sich dabei auch von einer Sozialberatungsstelle unterstützen lassen.
Vorsicht Verwechslung: Der Vorschuss ist nicht dasselbe wie eine vorzeitige Auszahlung bei laufendem Bezug
In Einzelfällen gibt es noch eine andere Form der finanziellen Überbrückung: Wer bereits Bürgergeld erhält, kann unter bestimmten Bedingungen einen Teil der kommenden Monatsleistung vorzeitig bekommen. Diese Ausnahme ist gesetzlich im SGB II geregelt und auf maximal 100 Euro pro Person begrenzt. Sie kommt jedoch nur infrage, wenn eine akute Notlage glaubhaft gemacht wird und keine andere Hilfe mehr zur Verfügung steht.
Im Unterschied dazu richtet sich der Vorschuss nach § 42 SGB I an Personen, die bisher noch gar keine Zahlungen erhalten haben – also mitten in der Wartezeit auf den ersten Bescheid stecken.
Ihre Notlage zählt – und das sollten Sie nachweisen können
Damit das Jobcenter Ihrem Antrag zügig stattgibt, ist es sinnvoll, die persönliche und wirtschaftliche Situation nachvollziehbar zu machen. Dazu gehören z. B. Kontoauszüge mit niedrigem Kontostand, offene Mietforderungen oder aktuelle Mahnungen von Versorgungsunternehmen. Wer im Schreiben auf konkrete Notlagen verweist, erhöht die Chance auf eine schnellere und angemessene Entscheidung.
Auch Haushaltsumstände – etwa die Versorgung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen – können ein Argument für eine bevorzugte Behandlung sein. Je klarer Sie Ihre Situation beschreiben, desto schwieriger wird es für das Jobcenter, den Antrag zu ignorieren oder abzulehnen.
Ein Vorschuss ist kein Almosen – sondern Ihr gutes Recht
Was viele nicht wissen: Der Vorschuss ist kein Gnadenakt, sondern eine gesetzlich verankerte Möglichkeit, in einer Übergangsphase nicht unter das Existenzminimum zu rutschen. Das System sieht ausdrücklich vor, dass Menschen nicht „an der ausgestreckten Hand verhungern“ sollen, nur weil Behörden langsam arbeiten. Diese Formulierung stammt übrigens aus der Gesetzesbegründung selbst – und zeigt, wie ernst der Gesetzgeber das Thema nimmt.
Auch wenn es unangenehm ist, um Hilfe bitten zu müssen: Ein Vorschuss kann der entscheidende Unterschied sein zwischen einem drohenden Wohnungsverlust und einem geregelten Alltag. Wer ihn beantragt, macht von einem legitimen Mittel Gebrauch – und signalisiert zugleich dem Jobcenter, dass er die Situation aktiv mitgestaltet.