Bürgergeld: Jobcenter fordert Geld zurück – Diese Fristen sind jetzt entscheidend

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Immer mehr Bürgergeld Beziehende erhalten Rückforderungsbescheide vom Jobcenter. Nicht selten sind diese Bescheide jedoch fehlerhaft oder rechtlich angreifbar. Wer die wichtigsten Regeln kennt, kann bares Geld behalten – und unnötige Rückzahlungen vermeiden.

Rückzahlung gefordert? So beginnt das Verfahren

Erhält eine leistungsberechtigte Person einen Rückforderungsbescheid, geht dem meist ein sogenanntes Anhörungsschreiben voraus. In diesem erklärt das Jobcenter, warum es meint, zu viel gezahlt zu haben. Die häufigsten Gründe:

Einkommen wurde nicht oder verspätet gemeldet.
Lebensverhältnisse haben sich geändert (z. B. neue Bedarfsgemeinschaft).
Frühere Angaben gelten rückwirkend als falsch.

In allen Fällen prüft das Jobcenter, ob es Geld zurückfordern darf – doch nicht jede Forderung ist rechtens.

Zwei Wege, wie das Jobcenter Rückforderungen begründet

Juristisch unterscheidet das Jobcenter zwei Arten der Rücknahme:

1. Rücknahme nach § 45 SGB X:
Wurde ein Bescheid von Anfang an zu Unrecht bewilligt – etwa wegen falscher oder fehlender Angaben –, kann er komplett aufgehoben werden. Aber: Das ist nur möglich, wenn das Vertrauen der Betroffenen in die Zahlung nicht schützenswert ist.

2. Änderung nach § 48 SGB X:
Haben sich die Umstände nach der Bewilligung verändert – etwa durch neues Einkommen oder Umzug – darf das Jobcenter den Bescheid für die Zukunft anpassen und zu viel gezahltes Geld zurückverlangen. Ein Vertrauen auf alte Zahlungen ist in diesem Fall meist nicht geschützt.

Wichtig für Betroffene: Nur wenn klar ist, auf welcher rechtlichen Grundlage das Jobcenter handelt, lässt sich die Forderung einschätzen – und möglicherweise angreifen.

Vertrauensschutz: In welchen Fällen Rückforderungen unzulässig sind

Wer sich auf eine Leistung verlassen konnte, ist nicht schutzlos. Das Sozialgesetzbuch kennt den Begriff des „Vertrauensschutzes“. Dieser schützt Bürgergeld-Bezieher, die nicht fahrlässig oder absichtlich falsche Angaben gemacht haben.

Praxisbeispiel:
Eine Bürgergeld-Bezieherin meldet ihr Einkommen im Juli 2023 korrekt. Im September 2024 fordert das Jobcenter dennoch Geld zurück. Wurde die Änderung bereits 2023 mitgeteilt, ist eine Rückforderung unzulässig – die Ein-Jahres-Frist wurde überschritten.

Vertrauensschutz gilt, wenn:

  • das Einkommen rechtzeitig gemeldet wurde,
  • der Fehler nicht offensichtlich war,
  • der Bescheid endgültig war (nicht nur „vorläufig“).

Diese Fristen muss das Jobcenter einhalten

Nicht nur Bürgergeld-Bezieher haben Fristen zu beachten – auch das Jobcenter selbst ist an gesetzliche Vorgaben gebunden. Wer diese kennt, kann Forderungen gezielt prüfen.

1. Ein-Jahres-Frist (§ 45 Abs. 4 SGB X)

Sobald das Jobcenter den Rückforderungsgrund erfährt, beginnt eine Frist von maximal zwölf Monaten. Verpasst es diese Frist, ist die Rückforderung in der Regel nicht mehr zulässig – selbst wenn Geld zu viel gezahlt wurde.

2. Zehn-Jahres-Grenze

Unabhängig von internen Verzögerungen: Nach zehn Jahren verfallen sämtliche Ansprüche auf Rückforderungen – außer bei vorsätzlichem Betrug.

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Vorläufig oder endgültig? Warum der Bescheid entscheidend ist

Viele Leistungen werden zunächst „unter Vorbehalt“ bewilligt – sogenannte vorläufige Bescheide. Diese erkennt man daran, dass das Wort „vorläufig“ ausdrücklich im Bescheid steht, meist im Verfügungssatz.

Vorsicht:
Fehlt diese Kennzeichnung, gilt der Bescheid als endgültig. In dem Fall sind Korrekturen nur noch über die strengeren Regeln des § 45 SGB X möglich – samt Vertrauensschutz und Jahresfrist.

Tipp für Leistungsbeziehende:
Alte Bescheide auf das Wort „vorläufig“ prüfen – das kann über mehrere Hundert Euro entscheiden.

Was tun bei einem Rückforderungsbescheid? Konkrete Schritte

1. Bescheid sorgfältig lesen:
Prüfen Sie, ob der Sachverhalt korrekt wiedergegeben ist. Achten Sie besonders auf Daten, Beträge und Begründungen.

2. Handlungsfrist prüfen:
Ist der Fehler dem Jobcenter bereits länger als ein Jahr bekannt? Dann ist die Forderung womöglich verjährt.

3. Status des ursprünglichen Bescheids prüfen:
War er „vorläufig“ oder „endgültig“? Das beeinflusst Ihre Rechte.

4. Einkommen dokumentieren:
Falls Sie Einnahmen rechtzeitig gemeldet haben, sollten Sie Belege griffbereit haben.

5. Hilfe holen:
Kontaktieren Sie eine Sozialberatung oder einen Anwalt. Sie können auch online bei unabhängigen Portalen wie Tacheles oder gegenhartz.de Rat finden.

6. Widerspruch einlegen:
Erheben Sie schriftlich Widerspruch innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids. Eine einfache Begründung genügt zunächst – Details können später nachgereicht werden.

Recht haben – und Recht bekommen

Nicht jede Rückforderung ist automatisch korrekt. Fehlerhafte Bescheide sind keine Seltenheit. Wer seine Rechte kennt und Fristen im Blick behält, hat gute Chancen, sich erfolgreich zu wehren.

Praxisbeispiel:
Ein Bürger aus Leipzig legte Widerspruch gegen eine Rückforderung von 1.200 Euro ein. Das Jobcenter hatte den Fehler bereits vor über einem Jahr registriert – die Rückzahlung war somit nicht mehr durchsetzbar. Der Bescheid wurde zurückgenommen.