Nehmen Sie eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung auf, müssen Sie das dem Jobcenter unverzüglich mitteilen. Unterbleibt die Mitteilung, fällt das beim automatisierten Datenabgleich auf.
Dann drohen Rückforderungen zu viel gezahlter Leistungen, ggf. ein Bußgeld wegen Verstoßes gegen Mitwirkungspflichten und – bei vorsätzlichem Täuschen – ein Strafverfahren wegen Betrugs.
Inhaltsverzeichnis
Automatisierter Datenabgleich: Was das Jobcenter sieht
Jobcenter und Bundesagentur gleichen regelmäßig Daten mit Renten-, Kranken- und Finanzbehörden ab. Dabei werden u. a. Beschäftigungs- und Entgeltmeldungen erfasst. Wird Erwerbseinkommen festgestellt, das nicht gemeldet wurde, prüft die Behörde die Bescheide und berechnet die Leistung neu.
Wichtig: Der Abgleich ersetzt nicht Ihre Meldepflicht. Sie sind verpflichtet, jede Änderung – insbesondere Arbeitsaufnahme, Arbeitszeit, Lohnhöhe – sofort mitzuteilen.
Erstattung statt „Strafe“: Was bei Überzahlung passiert
Wurden Leistungen zu Unrecht oder zu hoch gezahlt, muss das Jobcenter diese zurückfordern (Erstattungsbescheid). Das ist keine Sanktion, sondern die Korrektur einer Überzahlung. Die Rückzahlung kann auf Antrag gestundet oder in Raten erfolgen; außerdem kann das Jobcenter gegen laufende Leistungen aufrechnen (regelmäßig anteilig, i. d. R. bis max. etwa 30 % des Regelbedarfs, je nach Konstellation und Zahl der Erstattungsansprüche).
Ordnungswidrigkeit: Verstoß gegen Mitwirkungspflichten
Wer Änderungen nicht unverzüglich mitteilt, verletzt Mitwirkungspflichten. Das kann als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld geahndet werden (je nach Tatbestand bis zu mehreren tausend Euro). Parallel bleibt es bei der Erstattung der Überzahlung.
Sanktionen beim Bürgergeld: Worum es nicht geht
Leistungsminderungen („Sanktionen“) knüpfen an Pflichtverletzungen wie die Ablehnung zumutbarer Arbeit, Meldeversäumnisse oder das Nichterscheinen bei Terminen an. Das Nichtmelden von Einkommen führt primär zu Erstattung und ggf. Bußgeld, nicht automatisch zu einer Sanktionsstufe. Beides darf nicht vermischt werden.
Strafrechtlicher Vorwurf: Betrug
Täuschen Leistungsberechtigte das Jobcenter vorsätzlich, um sich Leistungen zu erschleichen (z. B. bewusstes Verschweigen von Lohn), kommt Betrug (§ 263 StGB) in Betracht. Der Strafrahmen reicht von Geldstrafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe, in besonders schweren Fällen (etwa banden- oder gewerbsmäßig, hoher Schaden) 6 Monate bis 10 Jahre.
Eine Geldstrafe über 90 Tagessätzen führt in der Regel zu einem Eintrag ins Führungszeugnis – das kann die Jobsuche erschweren.
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Bescheid prüfenWichtig: Betrug ist ein Offizialdelikt. Es gibt keinen „Kläger“, der die Sache „zurückziehen“ kann. Eine Einstellung des Verfahrens (z. B. wegen Geringfügigkeit oder gegen Auflagen) ist dennoch möglich; Schadenswiedergutmachung und Kooperation wirken oft strafmildernd, garantieren aber nichts.
„Schwarzarbeit“ und § 266a StGB: sauber trennen
Neben dem Betrugsvorwurf können separate Verfahren laufen:
- § 266a StGB („Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt“) richtet sich primär an Arbeitgeber, die Sozialbeiträge nicht abführen.
- Schwarzarbeit wird eigenständig nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz verfolgt (Zuständigkeit häufig: Hauptzollamt).
- Für Leistungsberechtigte bleibt es zusätzlich bei Erstattung der Leistungen und ggf. Bußgeld bzw. Strafverfahren, wenn sie vorsätzlich täuschten.
Ihre Rechte als Beschuldigte\r: Schweigen, Beistand, Akteneinsicht
Schweigen ist erlaubt: Als Beschuldigte\r haben Sie das Recht zu schweigen. Machen Sie ohne Beratung keine Angaben zur Sache.
Vorladung: Einer polizeilichen Vorladung müssen Sie nicht folgen. Ladungen der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts sind verbindlich.
Akteneinsicht: Die umfassende Akteneinsicht erfolgt in der Regel über Ihre Verteidigerin/Ihren Verteidiger. Erst mit Aktenkenntnis lässt sich eine sinnvolle Strategie entwickeln.
Anhörung im Verwaltungsverfahren: Vor einer Rückforderung haben Sie das Recht, angehört zu werden. Frist beachten, sachlich Stellung nehmen.
Falsche Beschuldigungen: So wehren Sie sich
Stützen sich Vorwürfe nur auf Gerüchte (z. B. „Nachbar behauptet Schwarzarbeit“), verlangen Sie Belege. Unzutreffende Verdächtigungen können selbst rechtswidrig sein. Je nach Fall kommen zivil- und strafrechtliche Schritte gegen den Urheber in Betracht (z. B. wegen Verleumdung/übler Nachrede). Sprechen Sie das mit Ihrer Rechtsberatung ab.
„Selbstanzeige“? Nur im Steuerrecht strafbefreiend
Die strafbefreiende Selbstanzeige existiert in dieser Form nur im Steuerrecht. Beim Sozialleistungsbetrug führt eine „Selbstanzeige“ nicht automatisch zur Straffreiheit. Eine frühe Korrektur, vollständige Mitteilung aller relevanten Daten und Rückzahlung können aber positiv berücksichtigt werden und eine Verfahrenseinstellung gegen Auflagen begünstigen.
So gehen Sie jetzt konkret vor
- Sofort melden: Beschäftigung und Einkommen umgehend schriftlich dem Jobcenter mitteilen; Nachweise (Arbeitsvertrag, Lohnabrechnung) beifügen.
- Bescheide prüfen: Änderungs-/Erstattungsbescheid genau lesen; Fristen notieren (Widerspruch/Anhörung).
- Raten/Stundung verhandeln: Bei Rückforderung frühzeitig Ratenzahlung beantragen; Zahlungsfähigkeit darlegen.
- Keine übereilten Aussagen: Bei Ermittlungen Schweigerecht nutzen; nicht telefonisch „erklären“.
- Rechtsbeistand einschalten: Akteneinsicht über Anwältin/Anwalt; erst danach Stellung nehmen.
- Wiedergutmachung prüfen: Fehlbeträge zeitnah ausgleichen; kann sich günstig auswirken.
- Dokumentation sammeln: Arbeitszeiten, Kontoauszüge, Kommunikation mit dem Arbeitgeber und dem Jobcenter geordnet bereithalten.
Kurz gesagt: Nicht gemeldete Arbeit führt zuerst zu Rückforderungen und ggf. Bußgeld – und nur bei Vorsatz zusätzlich zu Strafbarkeit. Handeln Sie proaktiv, melden Sie alles vollständig, verhandeln Sie Zahlungsmodalitäten und nutzen Sie Ihre Rechte (Schweigen, Akteneinsicht, anwaltlicher Beistand).
So begrenzen Sie das Risiko und verbessern Ihre Ausgangslage – ohne falsche Zugeständnisse.
Hinweis: Dieser Beitrag ersetzt keine individuelle Rechtsberatung. In komplexen Fällen empfiehlt sich die Beratung durch eine Fachanwältin/einen Fachanwalt für Sozial- oder Strafrecht.