Bürgergeld: BSG stoppt Verrechnung – Jobcenter muss Bürgergeld monatsweise prüfen

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Das Bundessozialgericht verlangt eine strenge Monatsprüfung. Jobcenter dürfen Nachzahlungen nicht pauschal mit Rückforderungen verrechnen. Jede Korrektur muss für jeden Monat getrennt geprüft und rechtlich sauber begründet werden. Das schützt vor unzulässigen Kürzungen – besonders bei schwankendem Einkommen.

Kern des Urteils: Monatsweise prüfen, keine Saldierung

Das Gericht stellt klar: Maßgeblich ist immer der monatliche Leistungsanspruch. Eine nachträgliche „Saldierung“ über mehrere Monate ist unzulässig. Das Jobcenter muss jeden Monat einzeln betrachten. Ergibt sich in manchen Monaten mehr Anspruch, darf es diese Beträge nicht einfach gegen Minderungen in anderen Monaten aufrechnen. Das verhindert eine verdeckte Verschlechterung der Leistungsposition.

Der entschiedene Fall in Kürze

Eine Familie erhielt vorläufige Leistungen. Die Einkünfte schwankten. Später legte das Jobcenter alle Nachweise zugrunde und rechnete neu. Es ermittelte für zwei Monate höhere Ansprüche und für die Folgemonate geringere. Anschließend verrechnete es die Monatsbeträge und zahlte nur den Rest aus.

Das Bundessozialgericht hob die Entscheidung der Vorinstanz auf. Es forderte eine monatsgenaue rechtliche Prüfung. Nur so lässt sich feststellen, ob eine Korrektur zulässig ist und auf welche Rechtsgrundlage sie sich stützen darf.

Was heißt das für Betroffene?

Wenn ein Bescheid Nachzahlungen und Rückforderungen „verrechnet“, sollten Sie aufmerksam werden. Prüfen Sie, ob das Jobcenter für jeden Monat eine eigene Entscheidung trifft. Entscheidend ist, ob Sie in einzelnen Monaten schlechter gestellt werden als in der bereits ergangenen endgültigen Festsetzung. Dann greift ein strengerer rechtlicher Maßstab. Das Jobcenter muss dies begründen und die richtige Vorschrift anwenden. Ohne diese Prüfung ist eine Kürzung angreifbar.

§ 44 oder § 45 SGB X? Der Unterschied zählt

Zwei Regeln sind wichtig. § 44 SGB X betrifft die Rücknahme nicht begünstigender Verwaltungsakte. Dann darf die Behörde zu Ihren Gunsten korrigieren. Rückwirkende Nachzahlungen sind möglich.
§ 45 SGB X betrifft die Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte. Dann steht Ihr Vertrauensschutz im Mittelpunkt.

Eine Korrektur zu Ihren Lasten ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Die Behörde muss prüfen, ob Sie auf den Bestand vertrauen durften und ob dieses Vertrauen schutzwürdig ist. Das gelingt nicht mit Pauschalformeln. Es braucht Tatsachen und eine nachvollziehbare Abwägung.

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Monatsprinzip bleibt aktuell

Die Pflicht zur monatlichen Betrachtung folgt auch aus dem Gesetz. Die abschließende Entscheidung nach vorläufiger Bewilligung bezieht sich auf den monatlichen Leistungsanspruch. Das gilt unabhängig davon, ob die Vorläufigkeit auf schwankendem Lohn, Einmalzahlungen oder unsicheren Prognosen beruht.

Änderungen an den gesetzlichen Formulierungen haben den Grundsatz nicht aufgehoben. Jobcenter müssen weiterhin monatsweise festsetzen und – falls nötig – monatsweise korrigieren.

Konkretes Vorgehen bei Verrechnungen

Sie haben eine Verrechnung im Bescheid? Handeln Sie zügig. Legen Sie innerhalb eines Monats Widerspruch ein. Fordern Sie eine monatsbezogene Begründung. Verlangen Sie eine klare Angabe der Rechtsgrundlage für jeden betroffenen Monat. Bitten Sie um Akteneinsicht, um die Berechnung zu prüfen.

Ist ein Bescheid bereits bestandskräftig, kommt ein Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X in Betracht. Lassen Sie sich dazu beraten. Sozialberatungsstellen oder Fachanwälte helfen bei der Einschätzung von Fristen und Erfolgsaussichten.

Beispiel aus der Praxis

Erhöht sich Ihr Anspruch im April und Mai, sinkt aber im Juni bis September, darf das Jobcenter die Beträge nicht pauschal verrechnen. Für April und Mai erhalten Sie die volle Nachzahlung. Für die Folgemonate muss das Amt gesondert prüfen, ob eine Rücknahme rechtlich möglich ist und ob Ihr Vertrauen Schutz genießt. Ohne diese Prüfung ist die Kürzung rechtswidrig.

Tipp: Bescheide strukturiert prüfen

Ordnen Sie Unterlagen nach Monaten. Notieren Sie die zugeflossenen Einkommen, Freibeträge und den berechneten Bedarf je Monat. Stimmen Sie Abzüge und Einmalzahlungen mit dem Zuflussmonat ab. So erkennen Sie schnell, wo das Jobcenter verrechnet statt festgesetzt hat. Bestehen Zweifel, holen Sie qualifizierte Unterstützung. Das erhöht die Chance auf eine zügige Korrektur.

Fazit

Das Urteil stärkt Ihre Rechtsposition. Jobcenter dürfen Nachzahlungen nicht durch Sammelverrechnungen schmälern. Jede Korrektur braucht eine monatliche Prüfung und die richtige Rechtsgrundlage. Wer Bescheide konsequent nach Monaten prüft und fristgerecht reagiert, sichert Ansprüche und verhindert unzulässige Rückforderungen.