Bürgergeld: Bessere Haftungsbeschränkung bei Jobcenter-Rückforderungen

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Bei Überzahlungen von Bürgergeld durch das Jobcenter, die die Jugendlichen nicht selbst verschuldet hatten, mussten die Betroffenen mit Eintritt der Volljährigkeit voll haften und das Geld an das Jobcenter zurückzahlen. Dies hat sich nun deutlich verbessert.

Rückforderungen des Jobcenters

Wenn Minderjährige Leistungen des Bürgergeldes (SGB II) zu Unrecht erhielten, müssen sie diese nur in Höhe des Vermögens erstatten, das sie bei Beginn ihrer Volljährigkeit haben. Dies sagt der § 1629a BGB aus:

„Die Haftung für Verbindlichkeiten, die die Eltern (…) mit Wirkung für das Kind begründet haben(…) beschränkt sich auf den Bestand des bei Eintritt der Volljährigkeit vorhandenen Vermögens des Kindes.“

Als Vermögen gerechnet wird ein Betrag, der 15.000 Euro übersteigt.

Erhebliche Entlastung für Betroffene

In der bis zum 31.12.2022 gültigen Gesetzgebung hätte der junge Volljährige mit seinem gesamten Sparvermögen einstehen müssen. Hätte der Betroffene zum Beispiel 1000 Euro auf einem Sparbuch gehabt, und die Schulden des Jobcenters lägen bei 2.500 Euro, dann wären die 1000 Euro eingestrichen worden. Heute dürfte er ein Guthaben bis 15.000 Euro behalten.

Keine Schuldentilgung vom Verdienst als Volljähriger

Der damals Minderjährige, dessen Erziehungspersonen innerhalb der Bedarfsgemeinschaft für das Kind vorgesehene Leistungen des Jobcenters zu Unrecht erhielten, muss zudem nicht mit Geld haften, was er ab Antritt seiner Volljährigkeit verdient.

Schuldenbelastung durch Eltern vermeiden

Mit der Beschränkung soll verhindert werden, dass Kinder in ihrer Volljährigkeit belastet werden mit Schulden, die ihre Eltern verantworten. Die beschränkte Haftung der jungen Volljährigen gilt indessen nicht nur bei Verschulden der Eltern. Sie gilt vielmehr auch bei einer abschließenden Leistungsfestsetzung. (BSG, Urteil AZ: B 14 AS 34/17 R).

Die Haftungsbeschränkung muss auch beachtet werden, wenn die Völljährigkeit erst während eines laufenden Klageverfahrens beginnt. (BSG, Urteil AZ: B 4 AS 43/17 R).

Es gilt das Aktivvermögen

Als Vermögen im Rahmen des §1629a BGB gilt das Aktivvermögen der jungen Volljährigen bei Erreichen der Volljährigkeit, nicht ein Nettovermögen als Differenz zwischen aktivem Vermögen und Passiva, sprich Schulden. (BSG, Urteil vom 21.06.2023, B 7 AS 3/22 R).

Betroffene müssen die Beschränkung geltend machen

Betroffnene müssen selbst ihre Haftungsbeschränkung gegenüber der jeweiligen Behörde geltend machen. Dafür reicht eine formlose Erklärung mit den Belegen über das vorhandene Aktivvermögen.

Entschärfung eines absurden Konstruktes

Nehmen Eltern minderjähriger Kinder zu Unrecht Sozialleistungen des Bürgergeldes zum Unterhalt ihrer Kinder in Anspruch und können die Rückforderungen des zu viel gezahlten Geldes nicht leisten, muss diese das Kind übernehmen, wenn es volljährig wird. Das bedeutet Minderjährigenhaftung.

Kinder übernehmen tausende Euro an Schulden wegen Rückforderungen der Jobcenter

So erhielt ein Vater einen Brief, in dem das zuständige Jobcenter eine Rückzahlung von mehr als 3.000 Euro von seinem damals achtjährigen Sohn forderte.

Eine Mitarbeiterin des Jobcenters erklärte: „Der von ihnen angesprochene Vorgang ist faktisch korrekt. Hier errechnet sich aufgrund von Unterhaltszahlungen eine Überzahlung des Jobcenters gegenüber dem Kind“.

Zwar gilt die Minderjährigenhaftung nach wie vor, der damals Achtjährige muss die 3.000 Euro aber nur von dem zahlen, was er als Achtzehnjähriger über den Betrag von 15.000 Euro hinaus als Eigenvermögen hat.