Bürgergeld-Bescheid und Jobcenter-Briefe werden sich ändern

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Bürgergeld-Betroffene sind oft ratlos, was den Inhalt von Schreiben von Jobcentern betrifft. Deren Texte sind häufig so formuliert, dass sie erst in gutes und verständliches Deutsch übersetzt werden müssen.

Diese Unverständlichkeit kann ernste Folgen für die Betroffenen haben. Wenn die Bürgergeldbezieher solche Wortmonster der Bundesagentur beiseite legen, dann ist das für die Betroffenen riskant.

Sie könnten einen Termin versäumen, Gelder nicht beantragen, die ihnen zustehen oder Schlimmeres. Im schlimmsten Fall droht ein Fall in tiefe Armut durch Streichen der kompletten Gelder, wenn die Betroffenen auf derartige Wortblähungen nicht reagierten. Das nennt sich dann “fehlende Mitwirkung”.

Behörden sind keine Journalisten

Journalisten und Journalistinnen lernen von Anfang an, für ein breites Publikum zu schreiben. Schrieben diese Profis nämlich so, dass es nur mit „Zunftwissen“ lesbar ist, dann würde sich niemand für ihre Texte interessieren. Bei Behörden sieht das anders aus: Kaum jemand liest ihre Dokumente aus Interesse, und kaum sahen sie jemals ihre Aufgabe darin, Lesende mit Wortgewandtheit zu begeistern.

Juristische Feinheiten

Die “Satzkraken” von Jobcentern / der Bundesagentur für Arbeit (BA) haben nicht ausschließlich mit fehlendem Erzähltalent der Bürokratie zu tun, sondern auch mit juristischen Feinheiten.

Juristische Texte sind für Laien auch deshalb schwierig, damit sie unangreifbar werden. Auch die Jobcenter sichern sich ab. Schreiben werden so formuliert, dass sie bei einem möglichen Verfahren vor dem Sozialgericht bestehen.

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Die Bundesagentur will “kundenfreundlicher” werden

Die Bundesagentur für Arbeit plant jetzt, ihre Schreiben verständlcher zu gestalten – und auch freundlicher. Dies ist nicht nur im Interesse der Bürgergeldempfänger, sondern auch im Interesse der Behörde selbst.

Unnötige Nachfragen

Für Betroffene ist es nicht nur ärgerlich, durch ein Textlabyrinth zu irren, um am Ende ratlos vor dem Papier zu sitzen. Es kostet den Betroffenen Zeit und Energie, die sie für sinnvolle Dinge nutzen könnten, zum Beispiel darum, sich Arbeit zu suchen.

Umgekehrt werden Mitarbeiter der Bundesagentur durch Nachfragen der Betroffenen unnötig beschäftigt – unnötig deshalb, weil die Betroffenen bei verständlichen Texten das Problem nicht hätten.

Mitarbeiter der Jobcenter werden so zu Dolmetscher der Texte statt ihrer eigentlichen Aufgabe nachzugehen. Es kann passieren, dass Fälle vor dem Sozialgericht landen, die ohne Aufwand hätten geklärt werden könnten.

Idealerweise hat also der Mensch, der Bürgergeld bezieht, nicht nur Deutsch als Muttersprache, sondern auch Erfahrung mit Verwaltungstexten.

Was ist aber mit einem Menschen, der Bürgergeld bezieht, Deutsch als Fremdsprache lernte und keine Erfahrung hat mit gedruckten Erzeugnissen deutscher Bürokratie. Steckt dieser in einer schwierigen Lebenssituation steckt, dann wird diesem Menschen der Alltag noch schwerer gemacht.

Was soll sich verändern?

Die Bundesagentur steht vor der hehren Aufgabe, mehr als 300 Musterbriefe der Zentrale in verständliches Deutsch zu übertragen.

In der „Aufforderung zur Mitwirkung“ stand zum Beispiel bisher: „Sie haben Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beantragt. Es ist zu überprüfen, ob und inwieweit für Sie ein Anspruch auf Leistungen besteht beziehungsweise bestanden hat.“

Jetzt beginnt der Text mit „Bitte um Mithilfe“. Super, da versteht jeder und jede, worum es geht. Inhaltlich wird in den dreihundert Musterbriefen dasselbe stehen wie bisher – nur diesmal lesbar und netter. Das ist zum Nutzen aller Beteiligten. Aber warten wir ab, wie tatsächlich die Umsetzung erfolgt.

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