Unsere Leser fragen uns immer wieder, welche Rechte Behörden haben, um Bürgergeld-Leistungsberechtigten in die Konten zu schauen. Wir zeigen, was die Behörden dürfen, worauf du bei deinem Konto achten musst und was deine Rechte sind.
Inhaltsverzeichnis
Gesetz zum Kontenabruf in Kraft
Bereits 2002 trat ein „Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit“ in Kraft, das es Finanzbehörden grundsätzlich erlaubt, einen Kontenabruf durchzuführen. Voraussetzung ist, dass eine Person unklare oder keine Angaben zu Umständen macht, die hauptsächlich für drei Bereiche wichtig sind.
Bei diesen drei Bereichen handelt es sich um Steuererhebung, das Feststellen von Einkünften aus Kapitalvermögen und aus Veräußerungsgeschäften.
Wer darf Ihr Konto abrufen?
Berechtigt zum Einholen von Daten nach diesem Gesetz sind die Finanzämter und ebenso die staatlichen Träger von Sozialleistungen, also z. B. die Arbeitsagentur.
Zusätzlich können unter anderem noch folgende Stellen Ihr Konto abrufen:
- Staatsanwaltschaften
- Zollbehörden
- Sozialämter
- Gerichtsvollzieher
- Polizeivollzugsbehörden
Was sind Ihre Pflichten gegenüber dem Finanzamt?
Sie müssen der Finanzbehörde alle Auskünfte erteilen, die notwendig sind, um einen Sachverhalt für die Besteuerung festzustellen. Dies gilt nicht nur für Sie als Privatpersonen, sondern auch für nicht rechtsfähige Vereinigungen, Vermögensmassen und Betriebe gewerblicher Art.
Welches Recht haben Betroffene?
Ein Teil Ihrer Rechte besteht darin, dass Personen, die nicht unmittelbar am Vorgang beteiligt sind, erst dann von behördlichen Ermittlern zur Auskunft herangezogen werden, wenn sich zeigt, dass die Aufklärung durch die direkt involvierten Parteien nicht zielführend oder erfolglos verläuft.
Der Haken an der Sache für die Bürger ist allerdings, dass die Mitarbeiter der Behörden selbst entscheiden, ob sie die Zusammenarbeit für ausreichend halten. Wann Dritte hinzugezogen werden, liegt also im Ermessen der Behörde, im Klartext: Was die Behörde unterstellt, das gilt, und die bloße Vermutung reicht.
Die Jobcenter haben seit 2007 ebenso weitreichende Befugnisse und dürfen nach eigenem Ermessen Kontendaten abfragen.
Die Behörden haben keine Informationspflicht
Eine Informationspflicht über konkrete Maßnahmen gegen den Betroffenen hat die jeweilige Behörde nicht, sie teilt nur pauschal mit, dass die Möglichkeit eines solchen Kontendatenabrufs besteht. Wann und ob ein solcher ansteht, muss die Behörde nicht mitteilen.
Wie müssen Sie die Auskünfte erteilen?
Sie können Auskünfte schriftlich, elektronisch, mündlich oder fernmündlich erteilen. Die Finanzbehörde kann auch eine schriftliche Auskunft verlangen, wenn sie dies für sachdienlich hält oder auch eine mündliche Auskunft an einer Amtsstelle – besonders dann, wenn die Sache schriftlich nicht geklärt wurde.
Welche Informationen liefert Ihre Bank?
Kreditinstitute sind seit 2003 in Deutschland in der Pflicht, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zuzuarbeiten, vor allem, wenn es um Strafrecht geht. Dann darf die Bundesanstalt auf die Kontostammdaten von Kunden zugreifen, die die Banken speichern müssen.
Das Bundeszentralamt für Steuern führt seit 2005 Anfragen für Finanzbehörden und andere staatliche Behörden durch.
Was speichert die Bank und muss es auf Nachfrage den Behörden ausliefern?
Die von Banken erfassten Kontostammdaten, die im Bedarfsfall den Finanzbehörden zur Verfügung gestellt werden müssen, umfassen die Kontonummer, das Eröffnungs- und das Auflösungsdatum, den Nachnamen sowie sämtliche Vornamen des Kontoinhabers und dessen Geburtsdatum. Außerdem zählen dazu der Nachname und alle Vornamen eines oder mehrerer wirtschaftlich Berechtigter sowie der Nachname, die Vornamen und das Geburtsdatum der Personen, die über das Konto verfügen dürfen.
Was sieht das Jobcenter?
Für Leistungsberechtigte im Bürgergeld-Bezug bedeutet das: Das Jobcenter kann also auf Nachfrage einsehen, ob Sie ein gemeldetes Bankkonto haben, wann das Konto erstellt oder gekündigt wurde und auch, ob ein Konto gesperrt ist. Es hat jedoch keinen Einblick in Ihren aktuellen Kontostand oder Transaktionen.
Kontendaten bei Sozialleistungen
Die zuständigen Behörden können Kontodaten abrufen bei Bürgergeld, Sozialhilfe, Sozialversicherung, Grundrentenzuschlag, Wohnraumförderung und Wohngeld, Ausbildungsförderung und Erziehungsgeld sowie Unterhaltssicherung.
Einzelauskunftsersuchen gemäß §93 Abgabenordnung
Kommt es nach dem automatisierten Abruf zu Zweifeln an der Richtigkeit der steuerlich relevanten Angaben, greift das Instrument des Einzelauskunftsersuchens. Gemäß §93 der Abgabenordnung sind Steuerpflichtige verpflichtet, auf behördliche Nachfrage sämtliche steuerrelevanten Informationen offenzulegen. Wird diese Pflicht nicht erfüllt, dürfen die Finanzbehörden direkt bei den Kreditinstituten detaillierte Daten anfordern.
Im Unterschied zum automatisierten Kontenabruf liefert dieses Verfahren konkrete Angaben, die insbesondere Folgendes umfassen:
- Aktuelle und detaillierte Kontostände
- Einzelne Transaktionen, sowohl Zu- als auch Abgänge
- Informationen zu Geldbewegungen, die Rückschlüsse auf Erträge wie Zinsen und Dividenden ermöglichen
Grundsätzlich wird jedoch zunächst der Steuerpflichtige zur Selbstauskunft aufgefordert. Erst wenn diese Informationserhebung unzureichend ist, kommt das Einzelauskunftsersuchen als direkter Eingriff in die Bankdaten zum Einsatz.
BFH-Urteil und grundrechtliche Abwägungen des Datenaustauschs
In einem Fall, der vor dem Finanzgericht Köln und später vor dem Bundesfinanzhof (BFH) verhandelt wurde, argumentierte ein Kläger, dass für die korrekte steuerliche Behandlung lediglich die Angabe des Kontos sowie die Nennung der daraus resultierenden Zinsen erforderlich seien.
Detaillierte Angaben zu Kontoständen und Transaktionsdaten sind dem Kläger zufolge als Eingriff in das Grundrecht der Selbstbestimmung über eigene Daten zu bewerten.
Der BFH kam zu dem Schluss, dass der automatisierte Datenaustausch zwar einen Eingriff in die Grundrechte darstellt, das staatliche Interesse an einer effektiven Steuererhebung jedoch überwiegt.
Ohne den Zugriff auf diese detaillierten Daten wäre es wesentlich schwieriger, Steuerhinterziehung systematisch aufzudecken. Eine abschließende Klärung durch das Bundesverfassungsgericht steht jedoch bislang noch aus.