Bei Kurzarbeit 300 Euro mehr durch Bürgergeld-Antrag

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Wenn Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, greift das Kurzarbeitergeld (KUG) als staatliche Maßnahme zum Schutz von Arbeitsplätzen. Allerdings deckt es bei reduzierter Arbeitszeit lediglich 60 Prozent des Nettolohns ab, für Haushalte mit Kindern 67 Prozent.

Die ursprünglich entstehende Lücke kann vor allem für Arbeitnehmer mit ohnehin geringem Einkommen zur Herausforderung werden. Dadurch geraten Betroffene schnell in eine Lage, in der weitere Unterstützung notwendig wird, um die Ausgaben des Alltags zu stemmen.

Eine Möglichkeit ist, aufstockende Bürgergeld Leistungen zu beantragen. In einem Praxisbeispiel zeigen wir, dass beispielsweise über 300 Euro im Monat und mehr möglich sind, ohne Erspartes aufbrauchen zu müssen.

Wieso lohnt sich eine Aufstockung mit Bürgergeld?

Das Bürgergeld greift genau dann, wenn das Einkommen zur Existenzsicherung nicht mehr ausreicht. Wer Kurzarbeitergeld bezieht und damit nicht genügend finanzielle Mittel zur Verfügung hat, kann mit Bürgergeld aufstocken.

So sollen zum Beispiel gestiegene Lebenshaltungskosten oder auch die Miete finanziert werden können. Das Bürgergeld basiert auf dem Grundsatz, Menschen in schwierigen Zeiten gezielt zu unterstützen und vor Armut zu schützen.

Anspruchsberechtigt sind also auch jene, die ursprünglich eine Vollzeitstelle hatten, nun aber durch Kurzarbeit nur noch einen Teil ihres früheren Nettogehalts erhalten.

Wie schnell wird das Bürgergeld bewilligt?

Eine der Vorteile für Kurzarbeitende besteht darin, dass die Bearbeitung der Bürgergeld-Anträge bei den Jobcentern oft vergleichsweise zügig erfolgt.

Selbst wenn noch nicht alle Unterlagen vollständig eingereicht wurden, ist eine vorläufige Bewilligung gesetzlich vorgesehen.

Das bedeutet, dass in akuten Fällen das Geld schon fließt, bevor die Prüfung aller Details abgeschlossen ist. Dies verschafft finanzielle Sicherheit und minimiert die Gefahr, durch eine langwierige Wartezeit in Zahlungsschwierigkeiten zu geraten.

Welche weiteren Hilfen können infrage kommen?

Neben der Aufstockung durch das Bürgergeld gibt es andere Sozialleistungen, die für Kurzarbeitende relevant sein können. Wohngeld entlastet Haushalte, deren Einkommen nicht für die Zahlung von Miete oder selbst bewohnten Wohnraum ausreicht.

Wichtig: Allerdings ist ein gleichzeitiger Bezug von Bürgergeld und Wohngeld ausgeschlossen.

Auch der Kinderzuschlag kann für Familien eine wichtige Unterstützung darstellen. In manchen Fällen bietet sich an, zunächst einen Bürgergeld-Antrag zu stellen, da dieser flexibel um andere Leistungen ergänzt oder gekürzt werden kann.

So können zum Beispiel Wohngeld oder Kinderzuschlag nachträglich verrechnet und rückwirkend ausbezahlt werden, ohne dass es zu langen Verzögerungen kommt.

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Ein Praxisbeispiel

Um zu veranschaulichen, wie eine Aufstockung mit Bürgergeld bei Kurzarbeit im Jahr 2024 aussehen kann, lohnt sich ein konkretes Rechenbeispiel. Angenommen, Johanna ist alleinerziehend und hat ein zehnjähriges Kind.
Vor der Kurzarbeit verdiente sie netto 2.000 Euro monatlich.

Ihr Betrieb gerät in wirtschaftliche Schwierigkeiten, sodass die Arbeitszeit um 50 Prozent reduziert wird. Johanna erhält jetzt ein reduziertes Nettoentgelt von 1.000 Euro.

Als Alleinerziehende mit Kind bekommt sie für den Teil ihres wegfallenden Gehalts Kurzarbeitergeld (KUG) in Höhe von 67 Prozent.

  • Alte Nettovergütung: 2.000 Euro
  • Neue Nettovergütung (wegen Kurzarbeit): 1.000 Euro
  • Differenz zum alten Gehalt: 1.000 Euro
  • Kurzarbeitergeld (67 % der Differenz): 670 Euro

Johannas monatliches Einkommen setzt sich damit zusammen aus 1.000 Euro Nettoverdienst und 670 Euro KUG – also insgesamt 1.670 Euro.

Bedarf nach dem Bürgergeld (Stand 2025)

Nach den aktuellen Regelsätzen (2025) ergibt sich folgender monatlicher Bedarf, den das Bürgergeld abdecken soll:

  • Johanna selbst: 563 Euro Regelbedarf
  • Zehnjähriges Kind (Altersstufe 6–13): 390 Euro Regelbedarf
  • Warmmiete (angenommener Wert): 800 Euro

Daraus errechnet sich ein monatlicher Gesamtbedarf von
1.753 Euro (563 + 390 + 800).

Einkommensanrechnung mit Freibeträgen

Beim Bürgergeld wird das tatsächlich erzielte Einkommen nicht eins zu eins angerechnet.

Einerseits gilt ein sogenannter Grundfreibetrag von 100 Euro. Hinzu kommen prozentuale Freibeträge auf das Erwerbseinkommen oberhalb von 100 Euro. Im Beispiel bedeutet das konkret:

  1. Nettoverdienst aus Arbeit (1.000 Euro)

    • 100 Euro Grundfreibetrag bleiben unangetastet.
    • Für den Teil zwischen 100 und 520 Euro werden 20 Prozent nicht angerechnet. Das sind 420 Euro, von denen 84 Euro als Freibetrag gelten.
    • Für den Teil oberhalb von 520 Euro bis 1.000 Euro (also 480 Euro) werden 10 Prozent nicht angerechnet. Das sind 48 Euro als Freibetrag.

    Damit wird das anrechenbare Erwerbseinkommen wie folgt berechnet:
    1.000 Euro (Verdienst)
    – 100 Euro Grundfreibetrag
    – 84 Euro Freibetrag (20 % von 420 Euro)
    – 48 Euro Freibetrag (10 % von 480 Euro)
    = 768 Euro anrechenbares Einkommen aus der Erwerbstätigkeit.

  2. Kurzarbeitergeld (670 Euro)
    Als Entgeltersatzleistung wird das KUG in der Regel voll angerechnet, es existiert kein Erwerbstätigen-Freibetrag darauf. Unter Umständen werden pauschale Abzüge (z. B. für Sozialversicherungsbeiträge) vorgenommen, hier jedoch beispielhaft nicht berücksichtigt.Somit ergeben sich 670 Euro anrechenbares Einkommen aus dem Kurzarbeitergeld.

Ermittlung der Aufstockung

Das gesamte anrechenbare Einkommen beträgt also 768 Euro (Arbeit) + 670 Euro (KUG) = 1.438 Euro.

Da Johannas Bedarf sich auf 1.753 Euro beläuft, entsteht folgende Lücke:

1.753 Euro Bedarf
– 1.438 Euro anrechenbares Einkommen
= 315 Euro Differenz

Diesen Betrag von 315 Euro erhält Johanna als aufstockendes Bürgergeld vom Jobcenter.

Wie viel bleibt Johanna insgesamt?

Johanna hat tatsächlich monatlich 1.670 Euro in der Tasche (1.000 Euro Netto aus dem reduzierten Gehalt plus 670 Euro Kurzarbeitergeld). Zusätzlich erhält sie vom Jobcenter 315 Euro Bürgergeld.

Damit verfügt sie über insgesamt 1.985 Euro. Der rechnerische „Überschuss“ gegenüber dem reinen Bedarf von 1.753 Euro erklärt sich durch die Freibeträge, die vom Gesetzgeber bewusst so gestaltet sind, um Erwerbstätigen Anreize zu erhalten und ein finanzielles Polster zu gewähren.

Warum ist Eile beim Antrag sinnvoll?

Das Bürgergeld bietet derzeit noch relativ großzügige Regelungen zur Berücksichtigung des Vermögens. Wer sein angespartes Kapital nicht unmittelbar für den Lebensunterhalt einsetzen möchte, kann unter den aktuellen Bedingungen vergleichsweise viel Schonvermögen behalten.

Doch aus politischen Kreisen, insbesondere der CDU, gibt es bereits Stimmen, diese Spielräume zu beschneiden.

Sollte es zu einer Einschränkung des Schonvermögens kommen, könnten manche Kurzarbeitende von einer künftigen Gesetzesänderung negativ betroffen sein.

Wer also jetzt noch die aktuellen Bedingungen erfüllen kann, sollte möglichst zeitnah einen Antrag stellen, um davon zu profitieren und finanzielle Einbußen abzufedern.

Fazit: Warum sollten KUG-Beziehende jetzt handeln?

Kurzarbeitende geraten schnell in finanzielle Engpässe, da das Kurzarbeitergeld niemals das volle Einkommen ersetzt. Sobald eine Hilfebedürftigkeit entsteht und die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, bietet das Bürgergeld eine unkomplizierte und vergleichsweise rasche Möglichkeit, das Einkommen aufzustocken.

Wer zudem fürchtet, den eigenen Lebensstandard nicht halten zu können, sollte nicht zögern, den Antrag einzureichen.

Es steht zu erwarten, dass die Regelungen rund um Schonvermögen und Karenzzeiten künftig verschärft werden, was viele Betroffene ausschließen könnte.