BA-Datenleck oder Gläserner Hartz IV-Empfänger?

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Datenleck bei der Bundesagentur für Arbeit oder Gläserner Hartz-IV-Empfänger?

05.09.2016

Uns erreichte Gestern eine Mitteilung eines Hartz-IV-Empfängers, der ungenannt bleiben möchte. Im Weiteren nennen wir ihn deshalb einfach Azubi. (Name und Adresse sind der Redaktion bekannt, die nachfolgenden Angaben wurden durch uns positiv überprüft.) Dieser Azubi ist zum 01.09.2016 aus seinem Elternhaus aus- und in ein anders Bundesland gezogen, wo er eine Berufsausbildung begonnen hat.

Da seine Ausbildungsvergütung nur gering ist, hat er Anspruch auf ergänzendes ALG II. Diesbezüglich wurde er diese Woche vom zuständigen Jobcenter seines neuen Wohnortes eingeladen, einer sog. gemeinsamen Einrichtung (gE) aus Kommune und Arbeitsamt.

Während des Gespräches machte die Mitarbeiterin des Jobcenters plötzlich sehr detaillierte Aussagen zu Leistungen und Anträgen, welche die Eltern des Azubis bei deren Jobcenter erhielten und gestellt haben. Darauf angesprochen, woher sie darüber so genau Bescheid wüsste, erklärte ihm die Mitarbeiterin des Jobcenters, sie hätte vollen Zugriff auf die elektronischen Akten seiner Eltern und das dort gerade nachgelesen – wohlgemerkt obwohl die Eltern in einem anderen Bundesland leben und für diese ein anderes Jobcenter zuständig ist.

Daraus lässt sich nun ohne Schwierigkeiten ableiten, dass offensichtlich jeder Mitarbeiter eines Jobcenters (gE) über die derzeit dort verwendete Software (u.a. ALLEGRO und VerBIS) bundesweit beliebig Zugriff auf alle bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) gespeicherten Sozialdaten jeder in einer Bedarfsgemeinschaft (BG) lebenden Person hat, das sind lt. Statistik der BA bundesweit aktuell 6,216 Millionen Personen.

Man stelle sich vor: ein Mitarbeiter, der beispielsweise im Jobcenter Hannover beschäftigt ist, kann also nach Belieben alle von der Bundesagentur für Arbeit gespeicherten Sozialdaten von Erna M. aus Berlin, Frauke S. aus Dresden oder Horst. T. aus München sowie der mit diesen Personen in einer BG lebenden (Ehefrau, Kinder) einsehen (Namen und Orte sind frei erfunden). Dazu gehören nicht nur deren Anträge, ehemalige und aktuelle Leistungen, sondern auch medizinische Daten und interne subjektive Vermerke von Jobcenter-Mitarbeitern über ihre Kunden.

Das offenbar jeder Mitarbeiter eines Jobcenters (gE) im gesamten Sozialdatenbestand der BA zum ALG II nach Belieben stöbern kann, stellt unserer Meinung nach einen groben Verstoß gegen den Sozialdatenschutz dar – oder ist das gar gewollt? Begründet die Bundesagentur für Arbeit diesen gläsernen Harzt IV Empfänger mit angeblichem Vorbeugen von Leistungsmissbrauch? Wir sind gespannt. (fm)

Bild: hainichfoto – fotolia