Arbeitslosengeld: Jobvermittlung von Studenten nur im Ausnahmefall

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Nur im Ausnahmefall sind Studenten fรผr Vermittlungsbemรผhungen der Agentur fรผr Arbeit verfรผgbar. So entschieden aktuell vom SG Heilbronn, Urteil vom 14.05.2024 – S 2 AL 357/23 –

1.) Im Kontext der Feststellung der Verfรผgbarkeit bei der Absolvierung von WeiterbildungsmaรŸnahmen ist die Gesamtbelastung aus Weiterbildung und Arbeitstรคtigkeit nach hรถchstrichterlicher Rechtsprechung auf insgesamt 48 Stunden in der Woche zu begrenzen.

Diese Begrenzung ist unter dem Aspekt einer Belastungsobergrenze definiert worden, da ยง 3 des Arbeitszeitgesetzes fรผr Arbeitnehmer von einer wรถchentlichen Gesamtbelastungsgrenze von 48 Stunden ausgeht.

Diese Rechtsprechung ist auf Studenten sinngemรครŸ รผbertragbar, da eine tatsรคchliche Belastungsobergrenze auch besteht, wenn ein Studium und eine Arbeitstรคtigkeit kombiniert werden.

2.) Der Gesetzgeber legt in den ยงยง 138 Abs 5 SGB III und 139 Abs 2 SGB III zu Grunde, dass ein Studium im Normalfall bereits der Ausรผbung einer versicherungspflichtigen Beschรคftigung im Umfang von mindestens 15 Stunden pro Woche (sowie daraus folgend einem Anspruch auf Arbeitslosengeld) entgegensteht und dies nur ausnahmsweise nicht der Fall ist.

“Wird vom Leistungsbezieher ein Zeitaufwand fรผr das Studium von 30-35 Stunden pro Woche angegeben und geht er nach Beendigung des Arbeitslosengeldbezugs parallel zu diesem Studium lediglich einer versicherten Tรคtigkeit im zeitlichen Umfang von 50 % nach, spricht dies unter Berรผcksichtigung einer Belastungsobergrenze von 48 Stunden pro Woche jedenfalls gegen eine objektive Verfรผgbarkeit im Umfang von mehr als 20 Stunden pro Woche” (Leitsatz Gericht).

Begrรผndung

Zum Umfang der objektiven Verfรผgbarkeit fรผr Vermittlungsbemรผhungen der Agentur fรผr Arbeit bei Arbeitslosengeldbezug und gleichzeitigem Studium

Die Arbeitslose hat keinen Anspruch auf hรถheres Arbeitslosengeld

Den Vermittlungsbemรผhungen der Agentur fรผr Arbeit steht zur Verfรผgung, wer eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wรถchentlich umfassende zumutbare Beschรคftigung unter den รผblichen Bedingungen des fรผr sie oder ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausรผben kann und darf.

Nach ยง 139 Abs. 2 S.1 u. 2 SGB III wird bei Schรผlerinnen, Schรผlern, Studentinnen oder Studenten einer Schule, Hochschule oder sonstigen Ausbildungsstรคtte vermutet, dass sie nur versicherungsfreie Beschรคftigungen ausรผben kรถnnen.

Widerlegung der Vermutung mรถglich durch Nachweis der Verfรผgbarkeit

Die Vermutung ist widerlegt, wenn die Schรผlerin, der Schรผler, die Studentin oder der Student darlegt und nachweist, dass der Ausbildungsgang die Ausรผbung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wรถchentlich umfassenden Beschรคftigung bei ordnungsgemรครŸer Erfรผllung der in den Ausbildungs- und Prรผfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulรคsst.

Nur im Ausnahmefall steht ein Studium der Verfรผgbarkeit nicht entgegen

Denn die Vorschriften gehen davon aus, dass ein Studium im Normalfall bereits der Ausรผbung einer versicherungspflichtigen Beschรคftigung im Umfang von mindestens 15 Stunden pro Woche (und damit einem Anspruch auf Arbeitslosengeld) entgegensteht und dies nur ausnahmsweise nicht der Fall ist.

Auch Unter Berรผcksichtigung dieser Einzelfallumstรคnde

Kann aber nicht fest gestellt werden, dass die Arbeitslose objektiv fรผr mehr als 20 Stunden pro Woche verfรผgbar war, denn sie hatte angegeben, fรผr ihr Studium ohne Vor- und Nachbereitungszeiten 30-35 Stunden pro Woche zu benรถtigen und geht parallel zu diesem Studium lediglich einer versicherten Tรคtigkeit im zeitlichen Umfang von 50 % nach.

Nach der Gesetzesgebung gilt aber

Dass bereits eine zusรคtzlich zu einem Studium absolvierte versicherte Tรคtigkeit im Umfang von 15 Stunden pro Woche nur ausnahmsweise mรถglich ist.

Aus den Einzelfallumstรคnden der Arbeitslosen ergibt sich nicht, dass die Klรคgerin trotz dieser gesetzgeberischen Wertung ausnahmsweise mehr als 20 Stunden pro Woche neben dem Studium hรคtte arbeiten kรถnnen. SchlieรŸlich hรคtte dies zu einer zeitlichen Gesamtbelastung von mehr als 50-55 Stunden pro Woche gefรผhrt.

Hรถchstrichterliche Rechtsprechung steht dem Anspruch der Klรคgerin entgegen

Im Kontext der Feststellung der Verfรผgbarkeit bei der Absolvierung von WeiterbildungsmaรŸnahmen ist die Gesamtbelastung aus Weiterbildung und Arbeitstรคtigkeit nach hรถchstrichterlicher Rechtsprechung auf insgesamt 48 Stunden in der Woche zu begrenzen (BSG vom 25.01.1996, 7 RAr 30/94).

Denn die Begrenzung ist unter dem Aspekt einer Belastungsobergrenze definiert worden, da ยง 3 des Arbeitszeitgesetzes fรผr Arbeitnehmer von einer wรถchentlichen Gesamtbelastungsgrenze von 48 Stunden ausgeht .

Die dargestellte Rechtsprechung ist auf die vorliegende Konstellation รผbertragbar, da eine tatsรคchliche Belastungsobergrenze auch besteht, wenn ein Studium und eine Arbeitstรคtigkeit kombiniert werden.

Eine Gesamtbelastung von mehr als 50-55 Stunden pro Woche รผberschreitet die dargelegte Begrenzung.

Dass die Arbeitslose zusรคtzlich zu ihrem Studium lediglich einer versicherten Tรคtigkeit im zeitlichen Umfang von 50 % nachgeht, bestรคtigt diese Bewertung.

Fazit

Das Urteil des SG Heilbronn schafft Klarheit, wann Studenten fรผr die Vermittlungsbemรผhungen der Agentur fรผr Arbeit verfรผgbar sind.

Rechtstipp

LSG Mรผnchen, Urteil v. 23.01.2019 โ€“ L 10 AL 238/17 –

Arbeitslosenversicherung: Zur Frage der Verfรผgbarkeit eines Studierenden bei Arbeitslosmeldung

Vermutung der fehlenden Verfรผgbarkeit eines Studenten nicht wiederlegt bei Arbeitslosmeldung nur fรผr Zeiten in den Semesterferien

1. Die Teilnehmer an einem freiwilligen sozialen Jahr bzw. am Bundesfreiwilligendienst sind zumindest Beschรคftigten iSd ยง 25 Abs. 1 SGB III gleichgestellt. (redaktioneller Leitsatz)

2. Der Schรผler bzw. Student muss zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung, dass nur eine versicherungsfreie Tรคtigkeit aufgenommen werden kรถnne, die von ihm beabsichtigte Studien- bzw. Ausbildungsgestaltung im Einzelnen unter Angabe des jeweiligen Semesters sowie der Anzahl und insbesondere der zeitlichen Lage der vorgesehenen Unterrichtsstunden zuzรผglich der zu berรผcksichtigenden Zeiten fรผr Vor- und Nachbearbeitung, Wegezeiten und ggf. Praktika aufzeigen.

Insoweit kommt es nicht auf eine rรผckschauende, sondern auf eine vorausschauende Beurteilung an. (redaktioneller Leitsatz beck – online )