Sozialhilfe: Sozialamt wollte Freunde zum Umzug zwingen und verlor vor Gericht

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Familienangehörige und Freunde sind grundsätzlich nicht verpflichtet, für einen Leistungsberechtigten einen Umzug durchzuführen. Immer dann, wenn der Leistungsberechtigte den Umzug selbst, sei es aus Altersgründen oder krankheitsbedingt, nicht vornehmen kann, kann auch die Übernahme der Kosten für einen gewerblichen Anbieter in Betracht kommen (BSG, Urteil vom 15.11.2012 – B 8 SO 25/11 R -).

Familienangehörige, Bekannte oder Freunde müssen nach der eindeutigen Rechtsprechung des BSG – B 8 SO 25/11 R – für einen Leistungsberechtigten keinen Umzug durchführen. So entschieden vom SG Detmold, Beschluss S 8 SO 237/14 ER.

Begründung

Die Leistungsbezieherin kann in diesem verhandelten Fall krankheitsbedingt die Kosten für ein gewerbliches Umzugsunternehmen geltend machen, denn die Kosten waren auch angemessen.

Wird der Umzug gewerblich organisiert, ist ein Kostenvoranschlag der Umzugsfirma einzureichen.

Die Trennung vom Ehemann machte den Umzug notwendig. Ein Verbleib in der gemeinsamen Ehewohnung kam nicht in Betracht.

Familienangehörige und Freunde sind grundsätzlich nicht verpflichtet, für einen Leistungsberechtigten einen Umzug durchzuführen.

Das der Antrag auf Umzugskosten nicht vor Abschluss des Mietvertrages gestellt wurde, ist unerheblich.

Denn nicht der Abschluss des Mietvertrages, sondern der Abschluss des Vertrages mit dem Umzugsunternehmen erst die maßgebliche zustimmungspflichtige vertragliche Verpflichtung darstellt.

Der Sozialhilfeträger lehnte die Zusicherung zu den Umzugskosten ab mit der Begründung, dass der Mietvertrag bereits unterschrieben worden sei

Dem ist die 8. Kammer aber nicht gefolgt, denn insoweit gilt folgendes

Umzugskosten erfassen alle Kosten, die durch das Ausräumen einer Wohnung und den Transport von Möbeln von einem zum anderen Ort anfallen.

Voraussetzung für die Übernahme von Umzugskosten ist aber deren Angemessenheit, die sich an der Situation von Nicht-Hilfebedürftigen orientiert, die die Wohnung räumen und in eine neue Unterkunft bzw. ins Pflegeheim umziehen.

Hinsichtlich der Mithilfe von Familienangehörigen und Freunden

Familienangehörige, Bekannte oder Freunde müssen nach der eindeutigen Rechtsprechung des BSG – B 8 SO 25/11 R – für einen Leistungsberechtigten keinen Umzug durchführen.

Offen gelassen hat das BSG aber die Übernahme der Kosten für ein Umzugsunternehmen

Ob die für das SGB II geltende Obliegenheit, seinen Umzug grundsätzlich selbst zu organisieren und durchzuführen, in der Sozialhilfe gleichermaßen gilt.

Jedenfalls immer dann, wenn der Leistungsberechtigte den Umzug selbst, sei es aus Altersgründen oder krankheitsbedingt, nicht vornehmen kann, kann auch die Übernahme der Kosten für einen gewerblichen Anbieter in Betracht kommen (BSG, Urteil vom 15.11.2012 – B 8 SO 25/11 R -).

Die Zusicherung der Kosten für ein Gewerbeunternehmen muss immer vor Abschluss eines mit einem gewerblichen Umzugsunternehmen geschlossenen Vertrages erfolgen

Denn die erforderliche vorherige Zustimmung muss vor dem Zeitpunkt erfolgen, zu dem die durch § 35 Abs. 2 S. 5 SGB XII ersetzbaren Kosten in rechtlich relevanter Weise begründet werden, d.h. also vor Abschluss eines mit einem gewerblichen Umzugsunternehmen geschlossenen Vertrages.

Dass der Antrag nicht vor Abschluss des Mietvertrages gestellt wurde, ist unerheblich, da nicht der Abschluss des Mietvertrages, sondern der Abschluss des Vertrages mit dem Umzugsunternehmen erst die maßgebliche zustimmungspflichtige vertragliche Verpflichtung darstellt.

Eine Nichtgewährung der Umzugskosten scheidet auch nicht deshalb aus, weil die Hilfebedürftige bereits einige Dinge in die neue Wohnung gebracht hat

Denn weiterhin sind Möbel in größerem Umfang in der vorherigen Wohnung vorhanden und müssen in die neue Wohnung transportiert werden.

Fazit:

Familienangehörige und Freunde sind grundsätzlich nicht verpflichtet, für einen Leistungsberechtigten einen Umzug durchzuführen.

Was gilt hinsichtlich der Umzugskosten beim Bürgergeld?

So hat das BSG im Urteil vom 06.05.2010 (B 14 AS 7/09 R – ) entschieden, dass seitens der Leistungsempfänger die Obliegenheit besteht, die Umzugskosten möglichst gering zu halten, weshalb der Leistungsträger die Leistungsempfänger grundsätzlich auf Selbsthilfeleistungen inklusive privater Hilfeleistungen Dritter verweisen kann.

Nur dann, wenn Eigenbemühungen wegen Alter, Krankheit oder Behinderung nicht zumutbar sind, müssen die Kosten für ein Umzugsunternehmen übernommen werden.

Hierbei darf das Jobcenter aber die Vorlage von Kostenvoranschlägen fordern und das günstigste Angebot auswählen (Piepenstock/Senger in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., Stand: 13.06.2024, § 22 Rn. 249, m.w.N.).

Angehörige oder Freunde sind nicht verpflichtet, für einen Leistungsberechtigten einen Umzug durchzuführen

Familienmitglieder sind nur als BG-Mitglieder zur Umzugshilfe verpflichtet.

Die Notwendigkeit professioneller Hilfe kann deshalb nicht allein mit Verweis auf Freunde und Angehörige abgelehnt werden (zum SGB XII: BSG vom 15.11.2012 – B 8 SO 25/11 R; zum ALG II: SG Lüneburg vom 11.2.2013 – S 45 AS 50/13 ER -). (Vgl.Geiger in Unterkunfts- und Heizkosten nach dem SGB II – Das Handbuch, §. Aufl., Stand: 01.05.2015, S. 308 f.)