Wer aufgrund einer Erkrankung nicht mindestens 15 Stunden pro Woche arbeiten kann, erhält normalerweise kein Arbeitslosengeld (ALG). Es gibt jedoch zwei wesentliche Ausnahmen.
Inhaltsverzeichnis
Keine volle Erwerbsminderung – ALG wird weiter gezahlt
Wenn die Rentenversicherung noch keine volle Erwerbsminderung festgestellt hat, kann ALG weiterhin gezahlt werden, auch wenn der Anspruch auf Krankengeld bereits erschöpft ist. Diese Regelung schützt Versicherte, die nach Ablauf des Krankengeldes weiterhin nicht arbeitsfähig sind.
Bürgergeld, wird ohne zeitliche Begrenzung an arbeitsunfähige Personen gezahlt, solange keine volle Erwerbsminderung festgestellt wurde.
Bedingungen für Arbeitslosengeld bei Krankschreibung
Krankgeschriebene können unter diesen Voraussetzungen weiterhin Arbeitslosengeld (ALG) beziehen:
- ALG wird bis zu sechs Wochen gezahlt, wenn die Krankschreibung erst während des ALG-Bezugs erfolgt.
- Ist das Krankengeld erschöpft und liegt noch keine Entscheidung der Rentenversicherung über eine volle Erwerbsminderung vor, besteht weiterhin Anspruch auf ALG.
Krankschreibung während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses
Wenn Sie krankgeschrieben sind, aber noch eine andere Tätigkeit ausüben können, können Sie Anspruch auf ALG haben.
Sind Sie jedoch krankgeschrieben und nicht mehr in der Lage, eine andere Tätigkeit auszuführen, besteht weiterhin Anspruch auf ALG, wenn die Rentenversicherung noch keine volle Erwerbsminderung festgestellt hat.
Erwerbsminderung durch die Rentenversicherung
Bei teilweise festgestellter Erwerbsminderung besteht weiterhin Anspruch auf ALG.
Auch bei voller Erwerbsminderung durch die Rentenversicherung kann ALG gezahlt werden, wenn die Agentur für Arbeit die Erwerbsfähigkeit anders einschätzt.
Krankschreibung während des ALG-Bezugs
Normalerweise müssen ALG-Empfänger dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Wenn jedoch eine Krankschreibung während des ALG-Bezugs erfolgt, wird das ALG für bis zu sechs Wochen weitergezahlt.
Anschließend können Sie bis zu 72 Wochen Krankengeld erhalten, bis der Anspruch endet (sogenannte Aussteuerung). In dieser Zeit besteht kein Anspruch auf ALG. Sobald die Arbeitsunfähigkeit endet und der Bezug von Krankengeld aufhört, muss eine neue Arbeitslosmeldung erfolgen, um wieder ALG zu erhalten.
Definition der Arbeitsunfähigkeit bei ALG-Bezug
Eine Person gilt als arbeitsunfähig, wenn sie aufgrund einer Krankheit keine leichten Arbeiten im Umfang der bei der Arbeitsagentur angegebenen Arbeitszeit ausführen kann. Viele können trotz gesundheitlicher Einschränkungen für leichte Tätigkeiten dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und gelten deshalb nicht als arbeitsunfähig im Sinne des ALG.
Beispiel: Arbeitsunfähigkeit bei ALG-Bezug
Herr Schmidt ist Dachdecker und kann wegen Rückenproblemen seinen Beruf nicht mehr ausüben, könnte aber als Bürohilfe arbeiten und erhält daher ALG. Wenn er eine schwere Grippe bekommt und keine leichte Tätigkeit mehr ausführen kann, wird er auch nach der Definition der Arbeitsagentur als arbeitsunfähig eingestuft und erhält eine Krankschreibung.
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Anzeige der Arbeitsunfähigkeit
ALG-Empfänger müssen eine Arbeitsunfähigkeit umgehend melden und spätestens am dritten Tag eine Krankschreibung einreichen. Seit dem 1. Januar 2024 können Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen elektronisch übermittelt werden, wobei es Ausnahmen gibt.
Arbeitslosengeld für krankgeschriebene Beschäftigte
Krankgeschriebene, die noch eine andere Tätigkeit ausüben könnten, haben Anspruch auf ALG. Zum Beispiel, wenn ein Dachdecker aufgrund von Rückenproblemen nicht mehr schwer heben kann, aber als Bürohilfe arbeiten kann.
Wenn die Rentenversicherung noch keine volle Erwerbsminderung festgestellt hat und Sie keine 15 Stunden pro Woche arbeiten können, können Sie im Rahmen der Nahtlosigkeitsregelung ALG erhalten.
Wichtige Hinweise
Krankgeschriebene Arbeitnehmer erhalten zunächst bis zu sechs Wochen Lohnfortzahlung und danach bis zu 72 Wochen Krankengeld. ALG sollte erst nach Ablauf des Krankengeldes beantragt werden, da dieses in der Regel höher ist.
Kündigen Sie nicht selbst, um eine Sperrzeit für das ALG zu vermeiden. Nach Ablauf der Arbeitsunfähigkeit können Sie eventuell durch eine stufenweise Wiedereingliederung an Ihren Arbeitsplatz zurückkehren.
Arbeitslosengeld nach Erwerbsminderungsfeststellung
Wenn die Rentenversicherung eine volle Erwerbsminderung festgestellt hat, können Sie eine volle Erwerbsminderungsrente oder Sozialhilfe erhalten. ALG kann in Ausnahmefällen gezahlt werden, wenn die Arbeitsagentur Sie für arbeitsfähig hält.
Auch bei einer teilweisen Erwerbsminderung durch die Rentenversicherung haben Sie Anspruch auf ALG, sofern Sie mindestens 15 Stunden pro Woche arbeiten können.
Bürgergeld und Arbeitsunfähigkeit
Wer Bürgergeld erhält und aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten kann, erhält das Bürgergeld unbegrenzt weiter, solange keine volle Erwerbsminderung vorliegt. Niedriges Krankengeld kann mit Bürgergeld aufgestockt werden. Bei partieller Erwerbsminderung kann Bürgergeld zusätzlich zur Rente bezogen werden.
Praxistipps bei Krankschreibung im Arbeitsverhältnis
Entgeltfortzahlung und Krankengeld:
Falls Sie in einem Arbeitsverhältnis sind und krankgeschrieben werden, erhalten Sie zunächst bis zu sechs Wochen Lohnfortzahlung. Danach haben Sie in der Regel Anspruch auf bis zu 72 Wochen Krankengeld von der Krankenkasse.
Antrag auf ALG:
Beantragen Sie erst nach Auslaufen des Krankengeldes ALG bei der Arbeitsagentur. Das Krankengeld ist in der Regel höher als das ALG. Manche Krankenkassen raten bereits vorher zur Antragstellung auf ALG, was sie jedoch vermieden werden sollten, da dies zu einem niedrigeren Einkommen führt. Die Krankenkasse darf Ihnen das Krankengeld nicht verwehren, nur weil Sie Anspruch auf ALG haben.
Anspruch auf ALG bei ungekündigtem Arbeitsverhältnis:
Auch wenn Ihr Arbeitsverhältnis noch besteht, haben Sie in den genannten Fällen Anspruch auf ALG. Es ist ratsam, nicht selbst zu kündigen, da auch nach langer Zeit eine Rückkehr an den Arbeitsplatz möglich sein kann. Eine Eigenkündigung ohne neue Arbeitsstelle kann zu einer Sperrzeit beim ALG führen, besonders wenn dies nicht mit der Arbeitsagentur abgesprochen wurde.
Rückkehr an den Arbeitsplatz:
Sollte Ihre Arbeitsunfähigkeit während des Bezugs von ALG enden, können Sie an Ihren alten Arbeitsplatz zurückkehren. Eine stufenweise Wiedereingliederung kann Ihnen dabei helfen, während dieser Zeit weiter ALG zu beziehen.
Praxistipp für Erwerbsminderungsrente als Arbeitsmarktrente
Aufstockung mit Bürgergeld:
Wenn Sie eine volle Erwerbsminderungsrente als sogenannte Arbeitsmarktrente erhalten, bedeutet dies, dass keine geeigneten Arbeitsplätze auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verfügbar sind. Sollte diese Rente für Ihren Lebensunterhalt nicht ausreichen, können Sie Bürgergeld als Zusatzleistung beantragen, nicht jedoch die Grundsicherung bei Erwerbsminderung.
Praktische Tipps für ALG und Bürgergeld
Stufenweise Wiedereingliederung:
Sollten Sie versuchen, sich an Ihren alten Arbeitsplatz schrittweise wieder einzugliedern und das Krankengeld bereits ausgelaufen sein, können Sie dennoch ALG beziehen. Dies ist Teil der Nahtlosigkeitsregelung.
Widerspruch und Klage bei Ablehnung:
Wird Ihnen ALG oder Bürgergeld mit der Begründung verweigert, dass Sie dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen, obwohl keine volle Erwerbsminderung festgestellt wurde, lohnt sich oft ein Widerspruch oder sogar eine Klage.
Solche Verfahren können zeitaufwendig sein, daher ist ein gerichtliches Eilverfahren oft notwendig, um Ihre Ansprüche rechtzeitig durchzusetzen und Ihren Lebensunterhalt zu sichern.
Anwaltskosten und Rechtshilfe:
Falls Sie anwaltliche Unterstützung für einen Widerspruch oder eine Klage benötigen, diese jedoch nicht bezahlen können, besteht die Möglichkeit, Beratungshilfe oder Prozesskostenhilfe zu beantragen.
Vor dem Sozialgericht in der ersten Instanz besteht kein Anwaltszwang, aber es ist ratsam, einen Anwalt einzuschalten, um gleiche Bedingungen gegenüber der Agentur für Arbeit oder dem Jobcenter zu gewährleisten.