Alleinerziehend, das Bürgergeld und die Vergessenen unserer Gesellschaft

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Sarahs Geschichte ist die Geschichte vieler alleinerziehender Frauen in unserer Gesellschaft. Sie ist Mutter von zwei Kindern im Alter von 7 und 9 Jahren und lebt in einer kleinen Wohnung im sozial benachteiligten Stadtteil Hannover-Sahlkamp.

Sarah ist alleinerziehende Mutter ohne Unterstützung

Sie ist seit der Geburt ihrer Kinder alleinerziehend und hat von ihrem früheren Partner nie Unterstützung erhalten. Sarah lebt in Armut und kämpft jeden Tag darum, ihre Familie über die Runden zu bringen. “Als mein Kind geboren wurde, wollte der Vater keine Verantwortung übernehmen. Er hat mich einfach im Stich gelassen”, klagt Sarah.

Auch später gab es immer wieder Ärger. Der Kindsvater wollte keinen Unterhalt zahlen. Das Jobcenter stellte sich quer und wollte nicht für Ausgleich sorgen. Sarah musste Unterhaltsvorschuss beim Jugendamt beantragen. Das alles dauerte lange und war mit vielen bürokratischen Hürden verbunden.

“Wie die Menschen über Bürgergeld-Bezieher reden, macht mich traurig”

Wenn sie hört, wie in den sozialen Medien über Bürgergeldempfänger hergezogen wird, macht sie das traurig und wütend zugleich. “Was habe ich getan, dass die Leute so über mich und andere urteilen, obwohl sie gar nicht wissen, in welcher Notlage ich bin.”

Geld ist Sarahs größte Sorge. Sie arbeitet als Verkäuferin in einem Supermarkt, verdient aber nur den Mindestlohn und kann wegen ihrer Kinder nur halbtags arbeiten, wenn diese in der Schule sind. Das reicht kaum, um Miete, Rechnungen, Essen und Kleidung für die Kinder zu bezahlen. Deshalb musste Sarah ergänzende Bürgergeld-Leistungen beantragen.

Aufstocken mit Bürgergeld weil der Lohn nicht reicht

In der Jobcenter Umgangssprache nennt man das “Aufstocker”. Sarah muss aufstocken, weil ihr Lohn nicht ausreicht, um sich und ihre Kinder zu ernähren.

Trotzdem lebt sie von der Hand in den Mund und muss jeden Einkauf zweimal überlegen und durchrechnen. Ersparnisse für Notfälle hat sie nicht.

Um ihre Familie durchzubringen, muss sie oft Kompromisse eingehen, z.B. gebrauchte Kleidung kaufen oder auf frisches Obst verzichten. “Ich nehme meine Kinder fast nie mit in den Supermarkt. Sie sehen dann, wie andere Kinder von ihren Eltern Süßigkeiten bekommen. Das kann ich mir oft nicht leisten und es bricht mir das Herz, immer wieder Nein sagen zu müssen, obwohl ich es ihnen von Herzen gönne.”

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Armut ist nicht das einzige Problem

Neben der finanziellen Belastung hat Sarah noch mit anderen Problemen zu kämpfen. Sie muss sich um die Erziehung ihrer Kinder kümmern, was oft schwierig ist, da sie keine Unterstützung durch einen Partner hat. Sie muss sowohl die Mutter- als auch die Vaterrolle übernehmen und hat kaum Zeit für sich selbst. Es fällt ihr schwer, alles unter einen Hut zu bringen, was zu Überlastung und Stress im Alltag führt. Abends ist Sarah sehr traurig. Manchmal weint sie und hofft auf bessere Tage.

“Wenn ich abends ins Bett gehe, fallen mir sofort die Augen zu. Ich wünsche mir so sehr einen Partner, der zu mir steht und mich unterstützt.”

Doch die Partnersuche, die Sarah schon versucht hat, gestaltet sich schwierig. “Die meisten Männer wollen nur ein kurzes Date über Nacht. Kaum einer will mich näher kennen lernen, weil ich schon zwei Kinder habe.”

Armut wirkt sich auch auf die Kinder aus

Sarahs Armut wirkt sich auch auf die Zukunft ihrer Kinder aus. Sie kann es sich nicht leisten, ihnen alle Möglichkeiten wie Nachhilfe oder Musikunterricht zu bieten. Die Kinder leben in einem Viertel mit eingeschränkten Bildungsmöglichkeiten und haben kaum Chancen, ihre Talente zu entfalten. Sarah ist sich bewusst, dass die Armut ihrer Familie die Zukunft ihrer Kinder beeinträchtigen kann.

Aber Sarah ist eine Kämpferin. Sie gibt nicht auf und versucht, das Beste aus ihrer Situation zu machen. Sie arbeitet hart, um ihre Familie zu ernähren, und ist stolz darauf, dass sie ihre Kinder alleine großzieht. Sie versucht, ihre Kinder zu ermutigen, in der Schule gut zu sein und ihre Träume zu verfolgen, auch wenn sie selbst manchmal daran zweifelt. Sie setzt sich dafür ein, dass ihre Kinder die bestmögliche Ausbildung erhalten.

Jeden Tag neue Herausforderungen

Sarahs Geschichte erinnert uns daran, wie wichtig es ist, die Herausforderungen alleinerziehender Mütter und Väter anzuerkennen und sie zu unterstützen. Viele alleinerziehende Frauen wie Sarah kämpfen jeden Tag darum, ihre Familie zu ernähren und sind dabei mit finanziellen, emotionalen und praktischen Schwierigkeiten konfrontiert.

Wer in den sozialen Medien über Menschen wie Sarah urteilt, sollte sich ein vollständiges Bild machen. “Ich würde am liebsten jedem meine Geschichte erzählen und ihn fragen, ob er eine Woche mit mir tauschen möchte, um selbst zu spüren, wie es ist, eine alleinerziehende Mutter zu sein, die mit Bürgergeld aufstocken muss, weil sie keine andere Wahl hat.

Die Gesellschaft darf Menschen wie Sarah nicht im Stich lassen

Als Gesellschaft sollten wir uns dafür einsetzen, dass alle Alleinerziehenden die Unterstützung bekommen, die sie brauchen, um ein menschenwürdiges Leben führen zu können.

Das kann bedeuten, bessere Arbeitsbedingungen und Löhne zu schaffen, bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen oder Bildungsmöglichkeiten für alle Kinder zu schaffen. Wir als Gesellschaft sollten dafür sorgen, dass das Bürgergeld vor Armut schützt und eine Kindergrundsicherung für ausreichende Ernährung, Kleidung und Bildung sorgt. Eine so reiche Gesellschaft darf Menschen wie Sarah nicht im Stich lassen.