Ein vorgezogener Rentenbeginn ist keine bloße Lebensentscheidung, sondern eine Weichenstellung mit Wirkung auf Jahrzehnte. Jeder Monat, den Sie früher in den Ruhestand gehen, kann Ihre Rente dauerhaft mindern.
Der gesetzliche Abschlag beträgt 0,3 Prozent pro vorgezogenem Monat und summiert sich bei vier Jahren Vorlauf auf 14,4 Prozent – lebenslang und unwiderruflich.
Wer die richtigen Paragrafen kennt und seine Versicherungszeiten klug plant, kann dennoch früher aus dem Berufsleben ausscheiden, ohne finanzielle Einbußen hinnehmen zu müssen.
Inhaltsverzeichnis
Die Regelaltersrente: der sichere, aber späte Weg
Die Regelaltersrente ist die Standardform der Altersrente. Sie wird ausschließlich mit Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze gezahlt und ist dann stets abschlagsfrei.
Ein vorzeitiger Bezug ist nicht möglich. Für die heutigen Rentenjahrgänge steigt die Regelaltersgrenze stufenweise an; wer 1959 geboren wurde, erreicht sie mit 66 Jahren und 2 Monaten, beim Jahrgang 1960 liegt sie bei 66 Jahren und 4 Monaten. Ab Jahrgang 1964 gilt einheitlich die Grenze von 67 Jahren.
Altersrente für langjährig Versicherte: flexibel ab 63, aber mit Preis
Wer mindestens 35 Versicherungsjahre („Wartezeit“) nachweisen kann, darf grundsätzlich ab 63 in Rente gehen. Der Preis für diese Flexibilität sind dauerhafte Abschläge von 0,3 Prozent pro Monat des Vorziehens; maximal sind es 14,4 Prozent, wenn der Start vier Jahre vor der Regelaltersgrenze liegt.
Die Kürzung wird nicht zurückgenommen, auch nicht, wenn später die reguläre Altersgrenze erreicht wird. Es handelt sich um eine lebenslange Minderung des monatlichen Zahlbetrags.
Altersrente für besonders langjährig Versicherte: früher ohne Abschläge
Die oft verkürzt „Rente mit 63“ genannte Altersrente für besonders langjährig Versicherte setzt 45 anrechenbare Versicherungsjahre voraus. Sie ermöglicht einen abschlagsfreien Ruhestand zwei Jahre vor der jeweiligen Regelaltersgrenze.
Die Altersgrenze hierfür wird jedoch seit Jahren angehoben: 2025 liegt sie – je nach Geburtsmonat und -jahr – bei 64 Jahren und 6 Monaten (Jahrgang 1961) oder 64 Jahren und 4 Monaten (Jahrgang 1960).
Ab Geburtsjahrgang 1964 ist die abschlagsfreie Grenze einheitlich das 65. Lebensjahr. Wer diese Voraussetzungen erfüllt, kann also vor dem 67. Geburtstag ohne Abzüge in Rente gehen.
Altersrente für schwerbehinderte Menschen: zwei bis drei Jahre vorher
Bei einem Grad der Behinderung von mindestens 50 und einer Wartezeit von mindestens 35 Jahren ist die Altersrente für schwerbehinderte Menschen eine weitere Option.
Auch hier gilt das Prinzip der Anhebung: Für ab 1964 Geborene ist die abschlagsfreie Grenze das 65. Lebensjahr. Ein vorgezogener Beginn ist bis zu drei Jahre früher möglich, dann allerdings mit denselben Abschlägen von 0,3 Prozent pro Monat – maximal 10,8 Prozent. Die Kürzung wirkt lebenslang.
Wartezeiten richtig zählen: die Tücken der letzten 24 Monate
Die 45-Jahre-Wartezeit für die abschlagsfreie „besonders langjährig“-Rente ist streng definiert. Anrechenbar sind vor allem Pflichtbeitragszeiten, etwa aus Beschäftigung, versicherungspflichtigen Minijobs, Pflege von Angehörigen oder Kindererziehung, ergänzt um bestimmte Anrechnungs- und Ersatzzeiten.
Nicht jede Phase der Arbeitslosigkeit hilft jedoch weiter: Kalendermonate mit Arbeitslosengeld I innerhalb der letzten zwei Jahre vor dem Rentenbeginn werden grundsätzlich nicht auf die 45 Jahre angerechnet; Ausnahmen gelten nur bei Insolvenz oder vollständiger Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers.
Diese Rechtslage hat das Bundesverfassungsgericht 2024 ausdrücklich bestätigt. Wer nahe am Ziel steht, sollte daher die letzten 24 Monate besonders sorgfältig planen.
Der legale Trick: Lücken schließen mit Minijob oder freiwilligen Beiträgen
Fehlen wenige Monate bis zur Wartezeit von 45 Jahren, lassen sich diese gezielt füllen. Ein versicherungspflichtiger Minijob liefert Pflichtbeiträge und zählt voll zur 45-Jahre-Wartezeit – und zwar auch dann, wenn parallel Arbeitslosengeld bezogen wird.
Wichtig ist, nicht von der Rentenversicherungspflicht im Minijob befreit zu sein. Alternativ können freiwillige Beiträge gezahlt werden; sie zählen für die 45 Jahre allerdings nur, wenn bereits mindestens 18 Jahre mit Pflichtbeiträgen im Versicherungskonto stehen.
Wer diese Stellschrauben kennt und rechtzeitig nutzt, kann die entscheidenden Monate sichern und so die abschlagsfreie „besonders langjährig“-Rente erreichen.
Abschläge vermeiden, abmildern oder kompensieren
Nicht immer lassen sich die 45 Jahre genau treffen. In solchen Fällen gibt es drei Hebel. Der erste ist Zeit: Wer den Rentenbeginn verschiebt, vermeidet Abschläge und profitiert zusätzlich von Zuschlägen bei späterem Start.
Der zweite ist Arbeit: Seit 2023 dürfen Beziehende vorgezogener Altersrenten unbegrenzt hinzuverdienen, ohne dass die Rente gekürzt wird. Beschäftigung vor der Regelaltersgrenze bleibt in der Regel rentenversicherungspflichtig und erhöht die spätere Rentenhöhe.
Der dritte Hebel ist frei kaufen: Ab 50 können Versicherte per Sonderzahlungen nach § 187a SGB VI künftige Abschläge ganz oder teilweise „freikaufen“. Die Rentenversicherung erstellt auf Antrag eine individuelle Berechnung über die maximal mögliche Ausgleichszahlung; gezahlt werden kann einmalig oder in Teilbeträgen.
Teilrente strategisch nutzen – und den Krankenversicherungsschutz wahren
Die Teilrente ist ein unterschätztes Mittel für den Ruhestand. Wer den Übergang gleitend gestaltet und neben einer Teilrente weiterarbeitet, bleibt versicherungspflichtig beschäftigt und sammelt zusätzliche Rentenpunkte.
Ein weiterer Vorteil zeigt sich im Krankheitsfall: Anders als beim Bezug einer Vollrente kann der Anspruch auf Krankengeld erhalten bleiben, wenn parallel ein Beschäftigungsverhältnis besteht und die Teilrente rechtzeitig beantragt wurde. Für viele, die noch einzelne Monate überbrücken oder flexibel reduzieren möchten, ist dies ein rechtssicherer Weg mit doppeltem Nutzen.
Tabelle: Früher in Rente vor 67: Alle Möglichkeiten
Weg in die Rente vor 67 | Voraussetzungen / Alter / Abschläge (Stand 2025) |
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Regelaltersrente (Jahrgänge bis 1963) | Abschlagsfrei bei Erreichen der jeweiligen Regelaltersgrenze, die je nach Geburtsjahrgang unter 67 liegt (bis zu 66 Jahre + x Monate). Ab Geburtsjahrgang 1964 gilt 67 als Regelaltersgrenze. |
Altersrente für besonders langjährig Versicherte | Abschlagsfrei mit 45 anrechenbaren Versicherungsjahren (540 Kalendermonate). Altersgrenze liegt 2025 – je nach Jahrgang – bei etwa 64 Jahren + 4/6 Monaten; ab Geburtsjahrgang 1964 einheitlich 65. Damit bis zu 2 Jahre vor der jeweiligen Regelaltersgrenze ohne Abschläge. |
Altersrente für langjährig Versicherte | Mit mindestens 35 Versicherungsjahren vorzeitig ab 63 möglich. Dauerhafter Abschlag von 0,3 % pro Monat des Vorziehens, maximal 14,4 % bei 48 Monaten. Abschläge gelten lebenslang. |
Altersrente für schwerbehinderte Menschen | Voraussetzung: Grad der Behinderung ≥ 50 und mindestens 35 Versicherungsjahre. Abschlagsfrei – je nach Jahrgang – zwischen 64 und 65. Vorzeitiger Beginn bis zu 3 Jahre früher möglich mit 0,3 % Abschlag je Monat (maximal 10,8 %). Abschläge gelten lebenslang. |
Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute | Für Versicherte mit 25 Jahren ständiger Arbeit unter Tage. Rentenbeginn – je nach Jahrgang – bis hin zu 62 möglich (für ältere Jahrgänge teils niedriger). Bei Erfüllung der Voraussetzungen regulär ohne Abschläge. |
Quellen: Deutsche Rentenversicherung – Informationen zu Altersrentenarten, Anhebungen und Abschlägen (inkl. besonders/langjährig Versicherte, schwerbehinderte Menschen, Bergleute
Häufige Planungsfehler – und wie Sie sie vermeiden
Die größten Fallstricke liegen in falschen Annahmen über die Dauer von Abschlägen und in zu frühen Anträgen. Abschläge enden nicht mit Erreichen der Regelaltersgrenze, sie bleiben dauerhaft. Wer knapp vor 45 Jahren aufgibt, verschenkt unter Umständen eine abschlagsfreie Rente.
Ebenso kritisch sind unklare oder unvollständige Versicherungsverläufe; nicht erfasste Zeiten, etwa aus Kindererziehung, Pflege oder geringfügiger Beschäftigung, sollten vorab geprüft und nachgewiesen werden. Ein Blick in die Renteninformation und eine rechtzeitige Kontoklärung schaffen Transparenz.
Für die konkrete Zeitplanung empfiehlt sich zudem der offizielle Rentenbeginn-Rechner der Deutschen Rentenversicherung, der den frühestmöglichen und den regulären Rentenbeginn für alle Rentenarten ausweist.
Fazit: Mit Planung und den richtigen Stellschrauben früher – und ohne Abzüge – in Rente
Wer 2025 früher in Rente gehen möchte, ohne Abschläge zu riskieren, braucht vor allem zwei Dinge: eine saubere Bilanz der eigenen Versicherungszeiten und eine kluge Gestaltung der letzten zwei Jahre vor dem Rentenbeginn.
Die abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte bleibt der Königsweg – erreichbar, wenn 45 Jahre zusammenkommen und die angehobenen Altersgrenzen beachtet werden.
Wer kurz davorsteht, kann durch einen versicherungspflichtigen Minijob oder gezielte freiwillige Beiträge die entscheidenden Monate retten. Wo Abschläge unvermeidbar scheinen, lassen sich diese ab 50 Jahren durch Ausgleichszahlungen kalkulierbar machen.
Mit diesem Instrumentarium ist ein früher, finanziell abgesicherter Ruhestand realistisch – und zwar ohne, dass Sie dauerhaft auf einen Teil Ihrer Rente verzichten müssen.