Grad der Behinderung von 30 auf 50 erhöhen – Darauf kommt es wirklich an

Eine Leserin von gegen-hartz.de fragt: „Wissen Sie, wie ich meine 30 % Schwerbehinderung auf 50 % erhöhen kann? Ich habe schwere Arthrose, und es stehen viele Operationen an. Ich habe jetzt echt Angst wegen meiner Arbeit.“ Diese Frage beantworten wir gerne.

Der Zustand muss sich verschlechtert haben

Damit dass zuständige Versorgungsamt einen höheren Grad der Behinderung anerkennt, müssen sich die Einschränkungen verschlimmert haben. Sie brauchen erst einmal neue ärztliche Gutachten von den behandelnden Ärzten, die nach den Richtlinien der Versorgungsmedizin so präzise wie möglich erläutern, warum ein GdB 50 angemessen ist.

Medizinisch objektive Nachweise sind nötig

Arthrose ist ein gutes Beispiel, um dies zu erklären, denn bei einer Arthrose hängt der Grad der Behinderung davon ab, wie stark die Schmerzen sind und wie stark die Mobilität beeinträchtigt ist. Dabei ist bei einer Arthrose, je nach dem Ausmaß der Einschränkungen, ein Grad der Behinderung von Null bis 100 möglich.

Bei einer Arthrose sind objektive medizinische Nachweise zum Beispiel Röntgenbilder und die deutlich präziseren bildgebenden Verfahren der Radiologie in Verbindung mit ärztlichen Befunden eines Facharztes (dieser wäre ein Orthopäde).

Auch einige Ausführungen spielen eine erhebliche Rolle

Die objektiven medizinischen Nachweise und Befunde bilden also den Kern, um einen Grad der Behinderung zu beurteilen. Das bedeutet aber nicht, dass ihre eigenen Ausführungen ohne Bedeutung sind. Das Gegenteil ist der Fall: Ihre eigenen Beschreibungen ihrer konkreten Probleme im Alltag stellen oft das Zünglein an der Waage dar.

Jedes Detail zählt

Deshalb sollten Sie unbedingt ein Tagebuch führen, in dem Sie akribisch die Beeinträchtigungen im Alltag notieren. Bei einer Arthrose wären das zum Beispiel Punkte wie die Beschwerden, aus dem Bett aufzustehen und hinein zu gelangen, Leiden und Mühen beim Treppen steigen und im Öffentlichen Personennahverkehr – ganz besonders die Einschränkungen am Arbeitsplatz. Dabei zählt jedes Detail.

Vorsicht: Das Versorgungsamt kann den Grad der Behinderung auch senken

Über ein Risiko müssen Sie sich bewusst sein: Das Versorgungsamt kann den Grad der Behinderung auch senken und bei ihrem Neuantrag zu dem Ergebnis kommen, er sei nicht höher, sondern niedriger als zuvor.

In unserem Fall hätten Sie dann -entgegen ihrem Ziel- keinen Grad der Behinderung von 50, sondern von 20, zehn oder Null. Sie sollten sich vor dem Neuantrag also ärztlich beraten lassen, und zwar von einem Mediziner, der sich mit den Richtlinien der Versorgungsmedizin sehr gut auskennt.

Der Antrag auf Neufeststellung

Ausgerüstet mit ärztlichen Befunden, persönlichen Beschreibungen der Leiden, möglichen Zeugenaussagen von Verwandten, Freunden und Arbeitskollegen stellen Sie dann einen Antrag auf Neufeststellung des Grades der Behinderung beim zuständigen Versorgungsamt.

Prüfung und zusätzliche Gutachten

Das Amt prüft dann entweder ausschließlich auf Aktenlage oder lässt zusätzlich einen eigenen Befund eines beauftragten Arztes erstellen. Diese ärztliche Einschätzung kann der ihres behandelnden Facharztes widersprechen (das passiert nicht selten).

Widerspruch und Klage

Wenn das Versorgungsamt Ihnen keinen höheren Grad der Behinderung zugesteht, dann haben Sie nach Zugang des entsprechenden Bescheids einen Monat Zeit, Klage vor dem Sozialgericht zu erheben, um Ihren Anspruch durchzusetzen.

Diese Klage sollten Sie nicht nur gut begründen, sondern auch mit soviel Belegen dafür wie nur möglich stützen, dass sich Ihr GdB verschlimmert hat.

Schwerbehinderung bedeutet Arbeitsschutz

In unserem Fall geht es der Betroffenen um Probleme am Arbeitsplatz. Sie hat Angst, ihren Job zu verlieren, weil sich ihre Arthrose verschlimmert und sich wegen anstehender Operationen die Fehlzeiten häufen.

Unsere Leserin hat also auch deswegen das Ziel, einen Grad der Behinderung von 50 zu erreichen, weil dieser die Grenze zur Schwerbehinderung markiert.

Schwerbehinderung bedeutet dann zusätzliche Nachteilsausgleiche. Dazu gehört ein außergewöhnlicher Schutz des Arbeitsplatzes mit besonderem Kündigungsschutz, dem Verbot von Mehrarbeit und dem Recht auf eine angepasste Arbeitsstelle.

Gleichstellungsantrag statt Antrag auf Neufeststellung

Wenn es um Ihren Arbeitsplatz geht, dann ist es vielleicht sinnvoller, bei einem Grad der Behinderung von keinen Grad der Behinderung von 50 zu beantragen, sondern einen Gleichstellungsantrag zu stellen.

Diesen Antrag stellen Sie nicht beim zuständigen Versorgungsamt, sondern bei der Bundesagentur für Arbeit. Sie begründen darin, möglichst mit arbeitsmedizinischen Befunden, dass die Behinderung ihren Arbeitsplatz gefährdet.

Wenn Sie einen GdB von mindestens 30 haben und ihre Behinderung des Arbeitsplatz gefährdet oder die Jobsuche erschwert, haben Sie Anspruch auf Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen am Arbeitsplatz.

Bei erfolgreichem Antrag bekommen Sie also am Arbeitsplatz den gleichen besonderen Kündigungsschutz, den gleichen Anspruch auf angepasste Gestaltung der Arbeitsstelle, das gleiche Verbot von Mehrarbeit etcetera. Ausgenommen sind der Anspruch auf zusätzliche Urlaubstage und eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Dafür ist immer ein GdB von mindestens 50 erforderlich.

Warum ist der Gleichstellungsantrag der ungefährlichere Weg

Wenn Sie bei einem Grad der Behinderung von 30 Angst um Ihren Arbeitsplatz haben, ist ein Gleichstellungsantrag der ungefährlichere Weg. Denn selbst wenn die Bundesagentur den Antrag ablehnt, wirkt sich dies nicht auf ihren Grad der Behinderung aus. Dieser bleibt in jedem Fall bei 30.