Die Bundesagentur für Arbeit hat ihre Fachlichen Weisungen zu den Förderinstrumenten nach § 16e und § 16i SGB II überarbeitet. Das beschäftigungsbegleitende Coaching, wird als “integraler und grundsätzlich verpflichtender Bestandteil der Förderung” festgeschrieben – sowohl bei der Eingliederung von Bürgergeld-Beziehern nach § 16e als auch bei der Teilhabe am Arbeitsmarkt nach § 16i.
Die neuen Weisungen sind in der Fassung „Stand: 05.08.2025“ veröffentlicht; eine begleitende BA-Weisung vom 20. August 2025 setzt die Änderungen mit Verweis auf Ergebnisse der IAB-Evaluation in Kraft.
Inhaltsverzeichnis
Was sich ändert – und warum
Auslöser ist die mehrjährige Evaluation der Förderleistungen durch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.
Deren Fazit: Die Instrumente erreichen ihre Zielgruppen und wirken – zugleich besteht Nachsteuerungsbedarf beim Förderelement Coaching, bei der Ansprache unterrepräsentierter Gruppen und beim Übergangsmanagement aus dem geförderten in ein ungefördertes Arbeitsverhältnis. Die BA greift diese Punkte nun auf und verankert sie in den Weisungen.
Coaching als Pflicht: Ohne Teilnahme keine Förderung
Die Verschärfung lautet in beiden Instrumenten gleichlautend: Die Teilnahme an einer ganzheitlichen beschäftigungsbegleitenden Betreuung ist grundsätzlich verpflichtend. Wer die Teilnahme von vornherein ablehnt, soll nicht gefördert werden. Diese Aussage steht nun unmissverständlich in den aktualisierten Textfassungen zu § 16e und § 16i.
Zuweisung ohne Rechtsfolgenbelehrung – was das für Betroffene bedeutet
Wichtig für Leistungsberechtigte: Die Zuweisung in die Coaching-Maßnahme erfolgt weiterhin ohne Rechtsfolgenbelehrung. Die „grundsätzliche Teilnahme“ wird im Kooperationsplan festgehalten, die konkreten Coaching-Modalitäten legt das Jobcenter separat fest.
Wer die Betreuung nicht aufnimmt oder abbricht, wird nicht automatisch sanktioniert; das Jobcenter muss zunächst beraten, Rahmenbedingungen anpassen und auf Fortsetzung hinwirken. Parallel bleibt es aber dabei, dass die Weigerung, das geförderte Arbeitsverhältnis aufzunehmen oder fortzuführen, als Pflichtverletzung geprüft werden kann.
Diese Differenzierung schafft Rechtssicherheit: Das Arbeitsverhältnis ist mit RFB abzusichern, die Coaching-Zuweisung selbst nicht – gleichwohl ist Coaching faktische Fördervoraussetzung.
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Bescheid prüfenInhalt, Umfang und Qualität: Professionalisierung der Coach-Rolle
Die Weisungen beschreiben Aufgaben und Anforderungsprofil der Coaches deutlich ausführlicher. Coaching soll Probleme am Arbeitsplatz frühzeitig adressieren, arbeitsplatzbezogene Anforderungen übersetzen, bei Behördengängen unterstützen und gezielt Anschlussperspektiven in ungeförderter Beschäftigung aufbauen.
Verbindliche Erstgespräche zwischen Coach, Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu Beginn der Maßnahme sind vorgesehen. Zugleich grenzt die BA die Rolle ab: Fachliche Einarbeitung bleibt Aufgabe des Betriebs; das Coaching fokussiert auf Stabilisierung, Problemlösung, Qualifizierungsschritte und Übergänge.
Organisation: Kein AVGS-Coaching mehr, Arbeitgeber-Coaching ausgeschlossen
Neu ist auch die klare Abgrenzung bei der Durchführung. Coaching darf nicht über AVGS-Maßnahmen nach § 45 SGB III oder eingekaufte Standardmaßnahmen nach § 16 Abs. 1 SGB II i. V. m. § 45 SGB III erbracht werden. Ebenfalls ausgeschlossen ist eine Betreuung durch den eigenen Arbeitgeber, es sei denn, dieser verfügt über eine rechtlich und organisatorisch getrennte Einheit, die eine unabhängige Begleitung gewährleistet.
Möglich ist die Umsetzung durch eigenes Personal des Jobcenters oder durch beauftragte Dritte; sogar die Beauftragung eines anderen Jobcenters ist eröffnet.
Kosten und Unterstützung: Maßnahmekosten, Fahrt- und Kinderbetreuung
Mit der Pflicht zur Teilnahme verknüpft die BA klare Aussagen zur Finanzierung. Förderfähig sind die Kosten der Maßnahmeinhalte sowie teilnehmerbezogene Ausgaben wie notwendige Fahrkosten und zusätzliche Kinderbetreuungskosten, etwa wenn Termine außerhalb der Arbeitszeiten liegen.
Schärferer Fokus auf unterrepräsentierte Gruppen
Die BA verlangt, bei Planung und Besetzung geförderter Stellen spezifische Personengruppen gezielt zu berücksichtigen: Alleinerziehende, Mütter in Paar-Bedarfsgemeinschaften, Frauen nach längerer Familienphase, Leistungsberechtigte ohne Berufsabschluss, mit Migrationshintergrund oder geringen Deutschkenntnissen.
Übergänge statt Sackgasse: Absolventenmanagement und Arbeitgeberkontakt
Neu betont wird das „Absolventenmanagement“: Jobcenter sollen rechtzeitig vor Auslaufen der Förderung Anschlussperspektiven entwickeln, den Arbeitgeber früh einbinden und Wechsel in ungeförderte Beschäftigung aktiv vorbereiten. Coaching ist damit nicht nur „Problemfeuerwehr“, sondern Brücke aus geförderter in reguläre Arbeit.
Konsequenzen für Betroffene und Betriebe
Für Leistungsberechtigte gilt: Wer eine Förderung nach § 16e oder § 16i anstrebt, muss das Coaching akzeptieren und aktiv nutzen. Verabredete Termine sind verbindlich, Hürden sind früh zu benennen, damit das Jobcenter Lösungen (z. B. Kinderbetreuung, Fahrkosten) finanzieren kann. Für Arbeitgeber heißt das: Geförderte Beschäftigung kommt mit einem professionellen Begleitprozess.